Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth
Augenblicks«, sagte er. »Er ist ununterbrochen bedroht, und zwar sowohl durch Rebellen innerhalb des eigenen Reiches als auch von den benachbarten Monarchen. Er braucht Verbündete. Graf Percy ist ein einflussreicher Mann mit vielen Rittern. Wenn der König zu dem Zeitpunkt, da wir unsere Eingabe vorbringen, gerade Percys Unterstützung benötigt, dann werden wir uns, ganz unabhängig von der Rechtmäßigkeit unseres Anliegens, eine Abfuhr holen. Der König ist auch nur ein Mensch. Es gibt nur einen wahren Richter, und das ist Gott.« Er lehnte sich zurück und ließ die Lider sinken, als interessierte es ihn nicht im Geringsten, wie die Brüder seine Rede aufnahmen. Philip unterdrückte ein Lächeln: Präziser hätte er seine eigenen Befürchtungen nicht formulieren können.
Widerstrebend sah Remigius die Aussicht auf eine lange, aufregende Reise nach Frankreich und einen Aufenthalt am königlichen Hof entschwinden. Aber er hatte den Argumenten Timothys nichts entgegenzusetzen. »Was sollen wir dann tun?«, fragte er.
Philip wusste es selber nicht. Der Vogt konnte ihnen in diesem Fall nicht helfen: Percy war zu mächtig, um sich von einem einfachen Vogt in die Schranken weisen zu lassen. Und auf den Bischof war ebenfalls kein Verlass. Es war zum Haareausraufen! Fest stand nur eines: Philip war nicht bereit, die Hände in den Schoß zu legen und sich mit der Niederlage abzufinden. Ich werde diesen Steinbruch bekommen – und wenn ich ihn selbst befreien muss …
Das war überhaupt die Idee. »Augenblick«, sagte er.
Es ginge nur, wenn alle Brüder, deren Gesundheitszustand es erlaubte, mitmachten, und musste sorgfältig geplant werden wie eine militärische Operation, allerdings ohne Waffen … Sie brauchten Wegzehrung für zwei Tage …
»Ich weiß nicht, ob etwas dabei herauskommen wird«, sagte er. »Aber es ist zumindest den Versuch wert. Hört zu.«
Er setzte ihnen seinen Plan auseinander.
Wenig später machten sie sich auf den Weg: dreißig Mönche, zehn Novizen, Otto Blackface mit seinen Steinbrechern, Tom Builder und Alfred, zwei Pferde und ein Karren. Als es dunkel wurde, zündeten sie zur besseren Orientierung ihre Laternen an. Um Mitternacht machten sie Rast und verzehrten ihre von der Küche eilig hergerichtete Verpflegung: gebratenes Huhn, Weißbrot und Rotwein. Philip hatte schon immer die Meinung vertreten, dass harte Arbeit mit gutem Essen belohnt werden sollte. Auf dem Weitermarsch stimmten sie die Messe an, die sie um diese Zeit abzuhalten pflegten.
Als die Nacht am schwärzesten schien, gab Tom Builder, der die Kolonne anführte, das Zeichen zum Anhalten und sagte zu Philip: »Noch eine Meile bis zum Steinbruch.«
»Gut«, sagte Philip und wandte sich an die Mönche. »Zieht eure Holzschuhe und Sandalen aus und die Filzstiefel an.« Er selbst war der Erste, der aus seinen Sandalen schlüpfte und ein Paar weiche Filzstiefel von der Art, wie die Bauern sie im Winter tragen, überstreifte.
Er nahm zwei Novizen beiseite. »Edward und Philemon, ihr bleibt mit den Pferden und dem Karren hier. Verhaltet euch ruhig und wartet, bis es richtig hell geworden ist. Dann kommt uns nach. Habt ihr verstanden?«
»Ja, Vater«, erwiderten sie wie aus einem Munde.
»Und nun zu den anderen«, sagte Philip. »Folgt jetzt Tom Builder, und zwar mucksmäuschenstill, wenn ich bitten darf.«
Sie setzten ihren Weg fort.
Von Westen wehte eine leichte Brise, und das Rascheln des Laubes übertönte sowohl den Atem von fünfzig Männern als auch die Schlurfgeräusche von fünfzig Paar Filzstiefeln. Philip spürte eine gewisse Beklemmung. Jetzt, da es ernst wurde, erschien ihm sein Plan auf einmal halb verrückt. Stumm betete er für den Erfolg ihrer Mission.
Die Straße beschrieb eine Linkskurve, und im flackernden Licht der Laterne zeichneten sich die undeutlichen Umrisse eines Holzschuppens, ein Haufen halb fertiger Steinblöcke, ein paar Leitern und Gerüste und im Hintergrund ein dunkler Hügelrücken mit hässlich weißen Steinbrechernarben ab.
Mann für Mann schlichen sie an der Hütte vorüber. Philip hielt den Atem an. Wenn sie Hunde haben, beginnt gleich ein Höllenspektakel, und alles war umsonst, dachte er. Aber es blieb still.
Unterhalb des Gerüstes gebot er seinen Leuten Einhalt. Er war stolz darauf, dass sie sich so ruhig verhalten hatten – das Schweigen fiel ihnen sonst schon in der Kirche schwer. Vielleicht lähmte die Angst ihre Zungen.
Tom Builder und Otto Blackface wiesen den
Weitere Kostenlose Bücher