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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Dann setzte er dem König eine eng anliegende Kappe mit langer Kettenkapuze auf, die sein helles Haar bedeckte und seinen Nacken schützte. Über die Kappe stülpte er einen eisernen Helm mit Nasenschutz. Die Lederstiefel waren mit Ketten und spitzen Sporen versehen.
    Währenddessen scharten sich die Grafen um den König. William befolgte den Rat seiner Mutter und tat, als wäre er bereits einer von ihnen, drängte sich vor und gesellte sich zu der Gruppe um den König. Nachdem er eine Weile lang zugehört hatte, begriff er, dass Stephan zum Rückzug überredet werden und Lincoln den Rebellen überlassen sollte.
    »Ihr gebietet über mehr Land als Mathilde – Ihr könnt ein größeres Heer ausheben«, sagte ein älterer Mann, in dem William Lord Hugh erkannte. »Zieht gen Süden, holt Verstärkung, und kommt dann zahlenmäßig überlegen zurück.«
    Nach dem bösen Vorzeichen mit der zerbrochenen Kerze war William selbst eher nach Rückzug zumute, aber der König bewies wenig Geduld für solches Gerede. »Wir sind stark genug, sie heute zu besiegen«, sagte er munter. »Wo habt Ihr Euren Kampfgeist gelassen?« Er schlang sich einen Gurt um, an dessen einer Seite sein Schwert, an der anderen ein Dolch hing; die dazugehörigen Scheiden waren aus Holz und Leder gefertigt.
    »Die beiden Heere gleichen sich zu sehr in Umfang und Stärke«, meinte ein großer Mann mit kurzem, grau meliertem Haar und gestutztem Bart, der Graf von Surrey. »Es ist zu riskant.«
    William wusste, dass dieses Argument bei Stephan nicht zog: Der König war viel zu ritterlich. »Gleichen sich zu sehr?«, wiederholte er verächtlich. »Mir ist ein fairer Kampf lieber.« Er streifte lederne, an der Oberseite gepanzerte Fingerhandschuhe über. Der Diener reichte ihm einen hölzernen, mit Leder bespannten Schild. Der König schlang sich den Tragegurt um den Nacken und hielt den Schild in der Linken.
    »Zum gegenwärtigen Zeitpunkt setzen wir durch einen Rückzug kaum etwas aufs Spiel«, beharrte Hugh. »Wir haben ja noch nicht einmal die Burg erobert.«
    »Damit würde ich die Möglichkeit verschenken, mich endlich mit Robert von Gloucester auf dem Schlachtfeld zu messen«, sagte Stephan. »Zwei Jahre lang ist er mir stets nur ausgewichen. Und nun, da sich die Gelegenheit bietet, mit diesem Verräter ein für alle Mal abzurechnen, werde ich nicht den Schwanz einziehen, nur weil sich unsere Heere zu sehr gleichen.«
    Ein Reitknecht führte sein gesatteltes Pferd vor. Stephan war schon im Begriff aufzusitzen, als am Westportal Unruhe entstand und ein kotbespritzter, blutender Ritter durch das Hauptschiff herbeieilte. William schwante nichts Gutes. Als der Mann sich vor dem König verneigte, erkannte William in ihm einen von Edwards Männern, die zur Verteidigung der Furt entsandt worden waren. »Wir kamen zu spät, Herr«, stieß der Mann heiser und keuchend hervor. »Der Feind hat den Fluss bereits überschritten.«
    Noch ein böses Omen! William wurde kalt. Jetzt lagen nur mehr offene Felder zwischen dem Feind und der Stadt Lincoln.
    Selbst Stephan wirkte einen Moment lang bestürzt, riss sich aber augenblicklich zusammen. »Macht nichts!«, sagte er. »Um so eher geht es in die Schlacht!« Er schwang sich auf sein Schlachtross.
    An seinem Sattel hing eine Streitaxt. Der Diener reichte ihm eine hölzerne Lanze mit blitzender Eisenspitze und vervollständigte damit die Bewaffnung des Königs. Stephan schnalzte mit der Zunge, und das Ross setzte sich gehorsam in Bewegung.
    Während er die ganze Länge des Mittelschiffs hinter sich legte, saßen auch die Grafen, Barone und Ritter auf und schlossen zu ihm auf, sodass sie den Dom wie in einer Prozession verließen. Draußen kamen noch die Fußsoldaten dazu. Dies war der Augenblick, in dem so mancher von Furcht ergriffen wurde und sich nach einer Fluchtmöglichkeit umsah. Doch das würdevolle Dahinschreiten, die beinahe feierlich anmutende Atmosphäre und die gaffende Stadtbevölkerung erschwerten den Hasenfüßen das Entkommen.
    Die Zahl der königlichen Streitmacht erhöhte sich noch um hundert oder mehr Städter – dickwanstige Bäcker, kurzsichtige Weber und rotnasige Bierbrauer –, die sich, nur notdürftig bewaffnet, auf ihren Gäulen und Kleppern dem Heer anschlossen. Ihre Kampfbereitschaft bewies, wie unbeliebt sich Ranulf in Lincoln gemacht hatte.
    Da das Heer nicht an der Burg vorbeiziehen konnte, weil ihm von dort die Bogenschützen drohten, verließ es die Stadt durch das Nordtor, den

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