Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth
uns das Recht verliehen, Steine für die Kathedrale zu brechen; den Steinbruch selbst gabt Ihr Percy Hamleigh. Percys Sohn William hat meine Steinbrecher überfallen, fünf Menschen umgebracht, darunter eine Frau und ein Kind, und nun verweigert er uns den Zugang.«
»So was sollte er lieber unterlassen«, sagte der König nachdenklich, »vor allem, wenn er von mir zum Grafen von Shiring ernannt werden will.« Philip wollte schon Hoffnung schöpfen, da fügte der König hinzu: »Verflucht noch mal, ich sehe beim besten Willen keine Möglichkeit, wie man in diese Burg eindringen könnte.«
»Ich bitte Euch, befehlt William, den Steinbruch wieder zu öffnen«, sagte Philip. »Er missachtet Euch und bestiehlt unseren Herrgott.«
Stephan schien ihn nicht gehört zu haben. »Ich glaube, sie haben nicht sehr viele Männer da drin«, sagte er im selben sinnenden Tonfall. »Vermutlich sind sie fast alle auf den Wallanlagen, um einen starken Eindruck zu machen. Wie war das mit dem Markt?«
Philip kam zu dem Schluss, dass es wohl zu seiner Prüfung gehören musste, ihn hier festzuhalten, den Rücken einer Schar von Bogenschützen ausgesetzt. Er wischte sich mit der Pelzmanschette des königlichen Umhangs die Stirn. »Mein Herr und König, jeden Sonntag kommen Menschen aus der ganzen Grafschaft nach Kingsbridge zum Gottesdienst und zur unentgeltlichen Arbeit am Dombau. Anfangs verkauften nur wenige einfallsreiche Männer und Frauen Fleischpasteten, Wein, Hüte und Messer an die freiwilligen Hilfskräfte, doch mit der Zeit wurde daraus ein richtiger Markt. Und nun bitte ich Euch, diesen Markt offiziell zu genehmigen.«
»Werdet Ihr für die Urkunde bezahlen?«
Philip wusste, dass eine Bezahlung durchaus üblich war, einer religiösen Körperschaft aber auch erlassen werden konnte. »Ja, Herr, ich werde zahlen – falls Ihr nicht wünscht, uns die Genehmigung zum höheren Ruhm des Herrn kostenlos zu gewähren.«
Zum ersten Mal sah Stephan Philip direkt in die Augen. »Ihr seid ein tapferer Mann, wie Ihr vor mir steht, mit dem Rücken zum Feind, und dennoch mit mir handelt.«
Philip erwiderte seinen Blick offen. »Wenn es Gottes Wille ist, dass mein Leben zu Ende geht, dann kann nichts mich retten«, sagte er und klang dabei mutiger, als er sich fühlte. »Aber wenn Gott will, dass ich weiterlebe und den Dom in Kingsbridge baue, dann können zehntausend Bogenschützen nichts gegen mich ausrichten.«
»Gut gesagt!«, bemerkte Stephan, schlug Philip auf die Schulter und wandte sich der Kathedrale zu. Philip ging mit vor Erleichterung weichen Knien neben ihm her und fühlte sich bei jedem Schritt, den er zwischen sich und die Burg legte, ein wenig besser. Anscheinend hatte er die Prüfung bestanden. Aber er musste den König zu einer unzweideutigen Verpflichtung bewegen. Nur noch wenige Momente, und er würde wieder von Höflingen umringt sein. Als sie die Reihe der Wachposten passierten, nahm Philip all seinen Mut zusammen und sagte: »Mein Herr und König, wenn Ihr einen Brief an den Vogt von Shiring schreiben würdet –«
Er wurde unterbrochen. Einer der Grafen eilte ihnen aufgeregt entgegen und sagte: »Robert von Gloucester ist auf dem Weg hierher, mein Herr und König.«
»Was? Wie weit von hier?«
»Nicht weit. Höchstens einen Tagesmarsch –«
»Wieso bin ich nicht gewarnt worden? Ich habe überall Posten aufstellen lassen.«
»Sie haben den Fosse Way genommen und dann die Straße verlassen, um sich querfeldein zu schlagen.«
»Mit wem hat er sich verbündet?«
»Mit sämtlichen Grafen und Rittern, die in den vergangenen zwei Jahren ihre Ländereien verloren haben. Und Ranulf von Chester ist ebenfalls –«
»Natürlich. Dieser gemeine Verräter.«
»Er hat alle seine Ritter aus Chester bei sich, dazu noch eine wilde Horde von raubgierigen Walisern.«
»Wie viel Mann insgesamt?«
»Um die tausend.«
»Verflucht – das sind hundert mehr als wir!«
Mittlerweile hatten sich mehrere Barone um sie geschart, und einer von ihnen ergriff das Wort. »Herr, wenn er übers flache Land kommt, muss er durch die Furt ziehen –«
»Gute Idee, Edward!«, sagte Stephan. »Bezieht mit Euren Mannen Posten am Fluss, und seht zu, dass Ihr die Furt halten könnt. Ihr werdet dazu Bogenschützen brauchen.«
»Wie weit sind sie schon vorgerückt, weiß das jemand?«, fragte Edward.
Der Graf, der zuerst gesprochen hatte, sagte: »Der Späher meinte, sie seien schon sehr nah. Womöglich sind sie noch vor Euch bei der
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