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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Münze heraus, und reiche Frauen enthielten ihrem beschränkten Gesinde, das kaum bis drei zählen konnte, einen Teil des Lohnes vor. Solche Verstöße hatte es noch vor fünf Jahren, als kaum jemand in Kingsbridge über Bargeld verfügte, nicht gegeben.
    Philip belegte fast alle Verbrechen mit einer Geldstrafe. Er hätte ebenso gut die Prügelstrafe oder den Schraubstock verhängen oder jemanden in der Zelle unter dem Schlafsaal der Mönche einkerkern lassen können, aber solche Urteile fällte er eigentlich nur bei Gewaltverbrechen. Er hatte das Recht, Diebe hängen zu lassen, und die Priorei verfügte über einen soliden, aus Holz gefertigten Galgen; von diesem Recht hatte er allerdings – bislang – noch nie Gebrauch gemacht, und er hegte die stille Hoffnung, es auch nie zu müssen. Schwerere Verbrechen – wie Mord, Wilddieberei im königlichen Forst und Straßenraub – unterstanden der königlichen Gerichtsbarkeit in Shiring, vertreten durch Vogt Eustace, und der brachte schon mehr als genug Menschen an den Galgen.
    An diesem Tag musste Philip sich mit sieben Fällen unerlaubten Getreidemahlens befassen. Er stellte sie an den Schluss, um sie in einem Schwung abzuhandeln. Da Kingsbridge mittlerweile zwei Mühlen benötigte, hatte die Priorei erst kürzlich eine neue Wassermühle errichten lassen, die nun Seite an Seite mit der alten ihre Arbeit verrichtete. Aber die neue Mühle musste sich erst bezahlt machen, und das hieß, dass jedermann sein Getreide zur Priorei bringen musste, um es dort mahlen zu lassen. Genaugenommen war das schon immer so gewesen und wurde auf jedem Gut landauf, landab so gehandhabt: Den Bauern war es verboten, ihr Getreide zu Hause zu mahlen, und sie mussten ihren Herrn dafür bezahlen. In den vergangenen Jahren hatte Philip der steigenden Bevölkerungszahl und der häufigen Schäden an der alten Mühle wegen manches Mal beide Augen zugedrückt, doch nun war es an der Zeit, dem unerlaubten Mahlen ein Ende zu bereiten.
    Die Namen der Schuldigen standen auf einer Schiefertafel, und er las sie einen nach dem anderen, beginnend mit dem reichsten, vor. »Richard Longacre, Bruder Franziskus berichtet, dass Ihr einen von zwei Männern betriebenen großen Mahlstein hattet.« Franziskus war der Müller der Priorei.
    Ein wohlhabend wirkender Freisasse trat vor. »Ja, mein Herr Prior, aber ich habe ihn zerstört.«
    »Zahlt sechzig Pence Strafe. Enid Brewster, Ihr hattet eine Handmühle in Eurer Brauerei. Eric Enidson wurde beobachtet, wie er sie benutzte, und er ist ebenfalls angeklagt.«
    »Ja, Herr«, sagte Enid, eine rotgesichtige Frau mit mächtigen Schultern.
    »Und wo befindet sich die Handmühle jetzt?«
    »Ich habe sie in den Fluss geworfen, Herr.«
    Philip glaubte ihr kein Wort, aber was war schon dagegen zu tun? »Mit vierundzwanzig Pence Strafe belegt, dazu zwölf Pence für Euren Sohn. Walter Tanner?«
    So hakte Philip allmählich die gesamte Liste ab und belegte die Täter, je nach der Schwere ihres Vergehens, mit Geldstrafen, bis er beim letzten und ärmsten ankam. »Witwe Goda?«
    Eine alte, verkniffen aussehende Frau mit verblichenen schwarzen Gewändern trat vor.
    »Bruder Franziskus hat Euch dabei ertappt, wie Ihr mit einem Stein Getreide gemahlen habt.«
    »Ich hatte keinen Penny für die Mühle, Herr«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Aber einen Penny für das Getreide hattet Ihr wohl«, meinte Philip. »Ihr sollt Eure Strafe erhalten wie jeder andere auch.«
    »Wollt Ihr mich etwa verhungern lassen?«, gab sie herausfordernd zurück.
    Philip seufzte. Er wünschte sich, Bruder Franziskus hätte in diesem Fall einfach weggeguckt. »Wann ist das letzte Mal jemand in Kingsbridge verhungert?«, fragte er. Er sah sich unter den versammelten Bürgern der Stadt um. »Erinnert sich einer der Anwesenden, wann zum letzten Mal jemand in dieser Stadt vor Hunger umgekommen ist?« Er hielt einen Moment lang inne, als warte er auf Antwort, dann sagte er: »Ich glaube, das muss vor meiner Zeit gewesen sein.«
    Goda warf ein: »Dick Shorthouse ist aber letzten Winter gestorben.«
    Philip konnte sich an den Mann erinnern, einen Bettler, der in Schweinekoben und sonstigen Ställen zu schlafen pflegte. »Dick fiel um Mitternacht betrunken auf die Straße und erfror, da es zu schneien begann«, sagte er. »Aber verhungert ist er nicht, und wäre er nüchtern genug gewesen, um zur Priorei zu gehen, dann hätte er auch nicht zu frieren brauchen. Versucht nicht, mich zu hintergehen, wenn Ihr hungrig

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