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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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nächsten Tag hielt der Knappe zur Belohnung für den rubintragenden Rebstock beim König um die Hand der Prinzessin an.« Aliena kam zu dem Schluss, dass Jack sie geküsst hatte, ohne sich etwas dabei zu denken. Es gehörte wohl zu seiner Geschichte, dachte sie. Wahrscheinlich hat er es selber gar nicht gemerkt. Am besten denke ich nicht mehr daran. »Der König lehnte dieses Ansinnen ab, und dem Knappen wollte schier das Herz brechen. Die Höflinge wollten sich ausschütten vor Lachen. Noch denselbigen Tag ritt er auf seinem gescheckten Pony fort und verließ das Land; doch er schwor, eines Tages zurückzukehren und die schöne Prinzessin noch am gleichen Tag zu ehelichen.« Jack hielt inne und ließ Alienas Hand los.
    »Wie ging es weiter?«, wollte sie wissen.
    »Ich weiß noch nicht«, erwiderte Jack. »Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.«
    Jeder, der in Kingsbridge auf sich hielt, trat der Kirchengilde bei. Den meisten war der Gedanke neu, doch die Vorstellung, dass aus dem Dorf Kingsbridge nun eine Stadt geworden war, fand allgemein Gefallen, und ihre angesehensten Bürger fühlten sich durch das Ansinnen, für eine Kirche aus Stein zu sorgen, in ihrer Eitelkeit bestärkt.
    Aliena und Alfred warben um Mitglieder und trafen die Vorkehrungen für das erste, für Mitte September anberaumte Innungsessen. Durch Abwesenheit glänzten vor allem Prior Philip, der sich zwar mit dem Vorhaben nicht anfreunden konnte, jedoch nicht antagonistisch genug gestimmt war, um dagegen einzuschreiten; Tom Builder, der aus Rücksicht auf Philips Gefühle absagte; und Ma­lachi, den seine Religionszugehörigkeit von vornherein ausschloss.
    Ellen hatte mittlerweile aus Alienas unverkaufter Wolle einen Ballen Stoff gewebt. Er war rau und ungefärbt, doch gut genug für Mönchskutten, und Cuthbert Whitehead, der Cellerar der Priorei, hatte ihn erworben. Trotz des sehr günstigen Preises erzielte Aliena das Doppelte des ursprünglichen Einkaufspreises der Wolle, und selbst, nachdem sie Ellen mit einem Penny pro Tag entlohnt hatte, blieb ihr noch ein Gewinn von einem halben Pfund. Cuthbert war darauf bedacht, noch mehr Stoff zum gleichen Preis kaufen zu können, sodass Aliena auch Philips unverkaufte Wolle erwarb und ein Dutzend Leute, meist Frauen, sich ans Weben machten. Ellen war bereit, einen weiteren Ballen herzustellen, weigerte sich jedoch entschieden, ihn zu walken; die Arbeit sei zu hart, sagte sie, und die meisten anderen pflichteten ihr bei.
    Aliena hatte Verständnis dafür. Walken war Schwerarbeit. Sie konnte sich noch gut erinnern, wie sie und Richard in Winchester zu einem Walkmeister gegangen waren und ihn um Arbeit gebeten hatten. Zwei Männer hatten dort den Stoff in einem Trog mit Holzkeulen gewalkt, während eine Frau beständig Wasser nachgoss. Die Frau hatte Aliena ihre rissigen, roten Hände gezeigt, und Richard war, als man ihm den Ballen nassen Stoffs auf die Schultern gehievt hatte, in die Knie gesunken. Es gab viele Leute, die eine kleine Menge Tuch für ihren Eigenbedarf walkten, gewiss; um aber eine solche Arbeit den ganzen Tag lang auszuführen, musste man schon aus besonderem Holz geschnitzt sein. Aliena beauftragte ihre Weber also mit der Herstellung lose gewebten Tuches und nahm sich vor, entweder selbst Walker einzustellen oder das Tuch an einen Walkmeister in Winchester zu verkaufen.
    Das Gildenessen fand in der Holzkirche statt. Aliena kümmerte sich um die Zubereitung und verteilte sie auf die Gildenmitglieder, die zum Großteil mindestens einen Dienstboten hatten. Alfred und seine Leute errichteten einen langen Tisch aus Böcken und Brettern, besorgten Starkbier und ein Fass Wein.
    Man nahm an beiden Seiten des Tisches Platz, und da es innerhalb der Gilde keine Rangunterschiede geben sollte, blieben die Plätze am Kopf- und Fußende frei. Aliena trug ein tiefrotes Seidengewand, an das sie eine rubinbesetzte Goldbrosche gesteckt hatte, und eine dunkelgraue Pelisse mit modisch weiten Ärmeln. Der Gemeindepriester sprach das Tischgebet; er war über das Zustandekommen der Gilde natürlich hocherfreut, würde eine neue Kirche doch nicht nur seinem Ansehen, sondern auch seinem Einkommen zugutekommen.
    Alfred trug vor, wie die Pläne für den Geld- und Zeitaufwand zum Bau der neuen Kirche aussahen. Er tat, als wären sie auf seinem Mist gewachsen, doch Aliena war klar, dass den Großteil der Arbeit Tom geleistet hatte. Die Bauarbeiten sollten zwei Jahre dauern und neunzig Pfund kosten, und

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