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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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meisten Grundstücken bereits Holzhäuser errichtet, und es dauerte keine weitere Woche, bis fast alle fertiggestellt waren. Sobald die Leute ihre Häuser bezogen hatten, wurde die Arbeit an der Kathedrale wieder aufgenommen. Die Bauleute erhielten ihre Löhne und wollten Geld ausgeben; folglich öffneten auch die Läden wieder ihre Pforten, die Kleinbauern brachten ihre Eier und Zwiebeln in die Stadt, dann nahmen auch die Küchenmädchen und Wäscherinnen ihre Arbeit bei den Kaufleuten und Handwerkern wieder auf, und mit der Zeit verlief das Leben in Kingsbridge wieder in den gewohnten Bahnen.
    Aber es hatte so viele Tote gegeben, dass Kingsbridge einer Geisterstadt glich. Keine einzige Familie hatte nicht zumindest einen Angehörigen verloren, sei es ein Kind, die Mutter, den Ehemann oder eine Schwester. Die Menschen trugen zwar keine Trauerbinden, aber die Falten in ihren Gesichtern sprachen eine deutliche Sprache. Mit am schlimmsten hatte es den sechsjährigen Jonathan getroffen, der wie ein Häufchen Unglück über den Klosterhof schlich, bis Philip begriff, dass er Tom vermisste, der offenbar mehr Zeit mit dem Jungen zugebracht hatte als allgemein angenommen. Daraufhin reservierte Philip täglich eine Stunde allein für Jonathan, erzählte ihm Geschichten, brachte ihm Abzählreime bei und lauschte seinem unablässigen Geplapper.
    Philip schrieb auch an die Äbte der größten Benediktinerabteien in England und Frankreich und fragte nach einem Baumeister, der Toms Stelle einnehmen könnte. Normalerweise hätte sich ein Prior in Philips Lage an seinen Bischof gewandt, denn Bischöfe reisten viel herum und hörten schon einmal von guten Baumeistern; aber Bischof Waleran würde für ihn natürlich keinen Finger rühren. Die Tatsache, dass die beiden Männer unwiderruflich miteinander zerstritten waren, erschwerte Philips Arbeit mehr, als nötig gewesen wäre.
    Er hatte noch keine Antwort auf seine Briefe erhalten, da wandten sich die Handwerker auf ihrer Suche nach einem Baumeister instinktiv Alfred zu. Alfred war immerhin Toms Sohn, er war Steinmetzmeister und hatte seit einiger Zeit eine eigene, quasi eigenständige Bautruppe befehligt. Sein Verstand konnte sich zwar mit dem seines Vaters nicht messen und ließ leider viel zu wünschen übrig, aber er war des Lesens und Schreibens kundig, und mit der Zeit füllte er die Lücke aus, die durch Toms Tod entstanden war.
    Eine Zeit lang hatte es den Anschein, als häuften sich die Fragen und Schwierigkeiten mehr denn zu Toms Zeiten, und Alfred rückte immer dann mit seinem Problem heraus, wenn von Jack weit und breit nichts zu sehen war. Das war zwar verständlich, denn jeder in Kingsbridge wusste, dass die beiden Stiefbrüder miteinander verfeindet waren, führte jedoch dazu, dass sich Philip wieder einmal mit unendlich vielen Einzelheiten belästigt fühlte.
    Doch im Laufe der Wochen gewann Alfred immer mehr Selbstvertrauen und wandte sich schließlich eines Tages mit der Frage an Philip: »Hättet Ihr nicht lieber ein Gewölbe für die Kathedrale?«
    Toms Bauplan sah eine Holzdecke für das Langhaus und steinerne Gewölbe für die schmaleren Seitenschiffe vor. »Ja, schon«, erwiderte Philip. »Aber wir haben uns für die Holzdecke entschieden, um Geld zu sparen.«
    Alfred nickte. »Dabei gibt es nur ein Problem – eine Holzdecke kann abbrennen. Ein Gewölbe aus Stein ist feuerfest.«
    Philip musterte ihn einen Moment lang und fragte sich, ob er Alfred wohl unterschätzt habe. Es überraschte ihn, dass er eine Änderung am Bauplan seines Vaters vorschlug; so etwas sah eher Jack ähnlich. Aber die Vorstellung einer feuerfesten Kirche gefiel ihm um so mehr, als die Stadt gerade gänzlich in Flammen aufgegangen war.
    Alfred dachte ähnlich und sagte: »Das einzige Gebäude in der Stadt, das den Brand unbeschadet überstanden hat, ist die neue Pfarrkirche.«
    Und die neue, von Alfred erbaute Pfarrkirche hat ein Steingewölbe, dachte Philip. Aber einen Haken hatte die Sache. »Sind die Mauern denn stark genug, um das zusätzliche Gewicht zu verkraften?«
    »Wir müssten lediglich die Strebepfeiler verstärken, die dann etwas mehr hervorragen, das ist alles.«
    Er hat sich das genau überlegt, stellte Philip fest. »Und die Kosten?«
    »Auf lange Sicht kostet das natürlich mehr, und es wird drei oder vier Jahre länger dauern, bis die Kirche fertig ist. Aber auf die Höhe Eurer jährlichen Ausgaben hat das keinen Einfluss.«
    Philip fand zunehmend Gefallen an Alfreds

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