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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Vergangenheit!«
    Daraufhin fühlten sich mehrere Mönche bemüht, ihre Meinung gleichzeitig kundzutun, so laut sie nur konnten, bis Philip sie alle zum Schweigen brachte und Jack bat, die Frage zu beantworten.
    Jack hatte etwas Ähnliches erwartet und antwortete prompt. »Ich bin zur Strafe für diese Sünde nach Santiago de Compostela gepilgert, Vater Andrew, und ich hoffe, die Weinende Madonna, die ich Euch gebracht habe, wird mir als Buße zugutegehalten«, sagte er bescheiden. »Es ist gewiss nicht meine Bestimmung, ein Mönch zu werden, aber es ist mein sehnlichster Wunsch, unserem Herrgott auf andere Weise dienen zu können – als sein Baumeister.«
    Das schien allen einzuleuchten.
    Andrew allerdings hatte seine Pfeile noch nicht verschossen. »Wie alt seid Ihr?«, begehrte er zu wissen, wiewohl er die Antwort genau kennen musste.
    »Zwanzig Jahre alt.«
    »Das ist sehr jung für einen Dombaumeister.«
    »Ich bin jedem von Euch bekannt. Ich habe seit meiner Kindheit hier gelebt.« Seit ich Eure alte Kirche in Brand gesteckt habe, dachte er schuldbewusst. »Meine Lehre habe ich bei unserem ursprünglichen Dombaumeister absolviert, und Ihr alle kennt meine Arbeiten. In meiner Novizenzeit habe ich unter Prior Philip und Tom Builder die Bauaufsicht geleitet. Ich bitte also die hier versammelten Brüder demütigst, mich nach meinen Leistungen beurteilen zu wollen, nicht nach meinem Alter.«
    Auch diese Antwort hatte er sich im Vorhinein überlegt. Als er nun einen der Mönche bei dem Wort demütigst breit grinsen sah, kamen ihm erstmals Bedenken ob der Klugheit seiner Strategie: Welche Vorzüge er auch sonst haben mochte, Demut gehörte gewiss nicht dazu – und das wusste hier jeder.
    Bruder Andrew hatte nichts Eiligeres zu tun, als sich diesen Lapsus zunutze zu machen. »Demütigst?«, fragte er mit gespielter Empörung und brachte es doch tatsächlich fertig, sein Gesicht zornesrot anlaufen zu lassen. »War es etwa Demut, die Euch veranlasste, den Steinmetzen von Paris schon vor drei Monaten zu verkünden, Ihr wäret längst zum hiesigen Dombaumeister ernannt? «
    Erneutes Stimmengewirr mit höchst missbilligendem Unterton – Jack unterdrückte ein Stöhnen. Wie mochte Andrew zu seinem Wissen gekommen sein? Reynold oder Edward, beschloss er, konnten den Mund nicht halten. Er versuchte, es mit einem Achselzucken abzutun. »Ich ging davon aus, dass ich damit einige ausgezeichnete Handwerker nach Kingsbridge locken könnte«, sagte er, nachdem sich das Durcheinander gelegt hatte. »Sie werden der neuen Kathedrale auf jeden Fall zugutekommen, ganz gleich, wer hier zum Baumeister ernannt wird. Ich glaube nicht, dass meine Voreiligkeit irgendwem geschadet hat.« Und mit einem gewinnenden Grinsen setzte er hinzu: »Es tut mir leid, dass ich nicht mehr Demut aufbringe.« Bisher lief die Sache nicht zu seiner Zufriedenheit.
    Es war Milius Bursar, der ihn aus seiner Klemme befreite, indem er eine weitere abgesprochene Frage stellte: »Ihr wisst, dass der Altarraum teilweise eingestürzt ist. Was, meint Ihr, soll damit geschehen?«
    »Ich habe ihn mir sehr genau angesehen«, erwiderte Jack. »Er kann durchaus wieder hergerichtet werden. Wenn Ihr mich heute zum Baumeister ernennt, wird er Euch in Jahresfrist wieder zur Verfügung stehen. Darüber hinaus könnt Ihr ihn benutzen, solange am Quer- und Hauptschiff nach meinen neuen Plänen gebaut wird. Erst danach, wenn das Langhaus vollendet ist, schlage ich vor, den alten Chorraum abzureißen und einen neuen zu errichten, der zum Stil der neuen Kirche passt.«
    »Aber wie können wir sicher sein«, wandte Andrew ein, »dass der alte Chor nicht noch einmal einstürzt?«
    »Dass große Teile der Kirche einstürzten, lag daran, dass Alfred ein steinernes Deckengewölbe einzog, das in den ursprünglichen Plänen nicht vorgesehen war. Die Mauern konnten es nicht tragen – sie waren nicht stark genug. Ich schlage vor, zu Toms alten Plänen zurückzukehren und eine Holzdecke einzuziehen.«
    Murmelnd äußerten die Mönche ihre Überraschung. Die Frage, warum Alfreds Dach eingestürzt war, war lange umstritten gewesen. »Aber Alfred hat doch die Stützpfeiler verstärkt«, meinte Andrew, »damit sie das höhere Gewicht tragen sollten.«
    Das hatte auch Jack zu denken gegeben, aber nun glaubte er, die Nuss geknackt zu haben. »Sie waren immer noch nicht stark genug, vor allem ganz oben. Wenn Ihr Euch die Ruine genauer anseht, werdet Ihr erkennen, dass der Teil, der zuerst

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