Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
kam angelaufen und schlug Jack auf die Schulter. »Die Mauer hat uns gerettet, Jack«, sagte er. »Deine Mauer!«
    Stadtbewohner und Mönche drängten sich um die beiden. Jeder wollte jeden beglückwünschen – vor allem aber Jack.
    »Haben wir sie endgültig zurückgeschlagen?«, fragte er.
    »O ja«, erwiderte Richard. »Die kommen nicht wieder. Die wissen jetzt, dass wir uns mit Zähnen und Klauen verteidigen. Vor allem aber weiß William, dass er eine Stadt mit Befestigungsanlagen nicht ohne ein gewaltiges Heer und monatelange Belagerung einnehmen kann.«
    »Dann ist es also vorbei«, sagte Jack, noch immer nicht ganz bei sich.
    Aliena kam mit Tommy auf ihn zu, und er schloss sie erleichtert in die Arme. Sie lebten, sie waren zusammen, und er empfand tiefe Dankbarkeit.
    Urplötzlich machten sich die zwei schlaflosen Tage und Nächte bemerkbar, und am liebsten hätte er sich an Ort und Stelle hingelegt. Doch es sollte nicht sein. Zwei der jungen Männer ergriffen ihn und hoben ihn auf ihre Schultern. Jubel ertönte. Sie trugen ihn im Triumphzug durch die Stadt, die Menge an ihren Fersen.
    Sie brauchen einen Helden, dachte Jack. Jahrelang haben sie in Furcht vor William gelebt, heute haben sie ihre Freiheit errungen … Und während er ihnen zu Gefallen winkte und lächelte, hatte er nur noch einen Gedanken im Kopf: sich hinlegen und schlafen zu dürfen.
    +++
    Die Wollmesse zu Shiring war größer und reicher bestückt denn je. William, der mit Bischof Waleran einen Rundgang über den Marktplatz machte, rechnete sich so hohe Einnahmen aus wie noch nie. Doch Freude darüber wollte nicht so recht aufkommen.
    Die demütigende Niederlage in Kingsbridge fraß noch immer an ihm. Nichts hatte er erreicht – im Gegenteil, er hatte Verluste an Männern und Pferden hinnehmen müssen. Am schlimmsten aber quälte ihn das Wissen, dass die Stadtmauer ausgerechnet von Jack Jackson gebaut worden war, dem Liebhaber Alienas, den er, William, hatte umbringen wollen.
    Fester denn je war er entschlossen, Vergeltung zu üben.
    Walerans Gedanken schienen in ähnlichen Bahnen zu verlaufen, denn er sagte: »Es ist mir noch immer ein Rätsel, wie sie so schnell eine Mauer bauen konnten.«
    »Eine wirklich gute Mauer war’s wohl nicht«, meinte William.
    Waleran nickte. »Aber Prior Philip ist mit Sicherheit schon wieder am Werk und lässt sie verstärken. Ich an seiner Stelle würde sie sogar noch höher ziehen, einen Wachtturm bauen und eine Wache aufstellen. Ich fürchte, Eure Überfälle auf die Stadt sind gezählt.«
    Das war auch Williams Meinung, doch das hätte er nie zugegeben. »Ich kann sie immer noch belagern.«
    »Das könnte der König wohl kaum noch übersehen. Die Stadtbewohner hätten genug Zeit, einen Boten zu ihm zu schicken und ihn um Schutz zu bitten. Das könnte übel für Euch ausgehen.«
    »Stephan braucht mich. Er wird sich nicht gegen mich stellen.« William war selbst nicht davon überzeugt, aber der Bischof sollte den Eindruck gewinnen, er, William, ließe sich von ihm zur Vernunft bringen. Das verpflichtete – und dann konnte ihm William die Bitte unterbreiten, die ihm so sehr am Herzen lag.
    Waleran schien in Gedanken verloren zu sein. Er nahm kaum wahr, wohin er ging, aber die Leute machten ihm so bereitwillig Platz, als schreckten sie vor seinen schwarzen Gewändern zurück. Schließlich sagte er: »Habt Ihr schon gehört, dass der König Faring­don erobert hat?«
    »Ich war dabei.« Das war der bisher einschneidendste Sieg Stephans im Laufe des langen Krieges. Er hatte Hunderte von Rittern gefangen genommen und Robert von Gloucester zur Flucht in den Westen gezwungen. Noch entscheidender war, dass Ranulf von Chester, Stephans alter Feind aus dem Norden, die Waffen gestreckt und dem König Treue geschworen hatte.
    »Stephan sitzt jetzt fest im Sattel«, meinte Waleran. »Er wird künftig nicht mehr so nachsichtig mit den Privatfehden seiner Barone umgehen.«
    »Vielleicht«, entgegnete William. Sollte er jetzt nachgeben und seine Bitte vortragen? Er zögerte. Ausgerechnet vor Waleran wollte er nicht seine Seele bloßlegen.
    »Ihr solltet Kingsbridge in Ruhe lassen, wenigstens vorerst«, fuhr der Bischof fort. »Ihr habt die Wollmesse und den Wochenmarkt. Ihr habt den Wollhandel. Und Ihr habt das fruchtbarste Land der Grafschaft. Meine Lage hat sich ebenfalls verbessert. Ich konnte sogar meine Burg bauen. Der Kampf mit Philip sollte in den Hintergrund treten – jetzt, da es uns politisch gefährlich

Weitere Kostenlose Bücher