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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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überdies läge er mir nicht mehr auf der Tasche«, stimmte er voller Begeisterung zu. Der Blick, mit dem er Philip bedachte, enthielt wider Willen Bewunderung. »Ihr seid unerschöpflich, wahrhaftig!«
    Philip zuckte die Schultern. »Ich wünschte, alle Probleme wären so leicht zu lösen wie dieses.«
    Jack wandte sich wieder der Mauer zu. »Nun wird Kingsbridge wohl auf ewig eine befestigte Stadt.«
    »Nicht auf ewig, aber gewiss bis zur Wiederkunft unseres Herrn Jesus.«
    »Wir werden sehen«, meinte Jack. »Es könnte eine Zeit kommen, da Barbaren wie William Hamleigh keine Macht mehr haben, da das Gesetz das Volk beschützt und nicht mehr unterdrückt, da die Könige Frieden schließen, statt Krieg zu führen. Denkt nur – eine Zeit, da die Städte in England keine Mauern mehr brauchen!«
    »Was für eine Vorstellung!«, gab Philip kopfschüttelnd zurück. »So etwas wird nicht geschehen vor dem Tag des Jüngsten Gerichts.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    »Es geht auf Mitternacht zu. Zeit, die anderen zu wecken.«
    »Ein Wort noch, Philip.«
    »Ja?«
    Jack holte tief Luft. »Wir haben immer noch Zeit, unsere Pläne zu ändern. Wir könnten die Stadt evakuieren.«
    »Habt Ihr Angst, Jack?«, fragte Philip verständnisvoll.
    »Ja. Nicht um mich, sondern um meine Familie.«
    Philip nickte. »Betrachtet es mal von dieser Seite: Wenn Ihr jetzt geht, seid Ihr in Sicherheit – morgen. Aber William könnte wiederkommen. Und wenn wir ihm morgen das Feld überlassen, werden wir immer und ewig in Furcht vor ihm leben. Ihr, ich, Aliena, der kleine Tommy. Euer Sohn wird in Furcht vor William – oder einem anderen wie ihm – aufwachsen.«
    Er hat recht, dachte Jack. Wenn Kinder wie Tommy frei und furchtlos aufwachsen sollen, dürfen ihre Eltern nicht vor William davonlaufen.
    Er seufzte. »So sei’s denn.«
    Philip ging die Glocke läuten. Ein Herrscher, dachte Jack, der den Frieden bewahrt, für Gerechtigkeit sorgt und die Armen nicht unterdrückt. Aber muss man wirklich keusch leben, um das zu können?
    In den Häusern gingen die Lichter an, und die Bauleute krochen gähnend aus den Federn. Ihre Arbeit nahmen sie gemächlich auf, übellaunige Bemerkungen flogen hin und her – doch Philip hatte schon zu backen befohlen, und bald gab es frisches Brot mit Butter. Die allgemeine Laune hob sich.
    In der Morgendämmerung machten Jack und Philip einen erneuten Rundgang. Ihre Augen suchten besorgt den Horizont nach den ersten Berittenen ab. Die Palisade am Fluss war beinahe fertig, die Zimmerleute stopften soeben die letzten Lücken. Die Erdwälle waren zu Mannshöhe gediehen, die Gräben davor sorgten für zusätzliche drei oder vier Ellen, die zu überwinden waren: Der eine oder andere mochte es mit etwas Mühe schaffen, musste aber dazu absitzen. Auch die Mauer war nun mannshoch, doch die letzten Schichten waren überaus nachgiebig, da der Mörtel sich noch nicht gesetzt hatte. Das allerdings würde der Feind erst erfahren, wenn er sie zu überwinden suchte, und in diesem Moment mochte es sogar von Vorteil sein, ihm die Steine in den Weg zu werfen.
    Philip gab neue Anordnungen: Die älteren Bürger sollten mitsamt den Kindern Zuflucht im Dormitorium des Klosters suchen. Sehr schön, dachte Jack, auf diese Weise sind Aliena und Tommy aus der Schusslinie, denn sie wird bei dem Jungen bleiben müssen. Die Handwerker bauten weiter, aber die Tagelöhner wurden Richard unterstellt, der ein Verteidigungsheer brauchte. Er teilte sie in Gruppen ein, deren jede einen bestimmten Teil der Befestigung bewachen sollte. Wer Pfeil und Bogen besaß, sollte an der Mauer bereitstehen, um den Feind zu beschießen. Wer keine Waffen hatte, sollte mit Steinen werfen, die derzeit gesammelt und aufgehäuft wurden. Kochendes Wasser war eine weitere nützliche Waffe, und ganze Kessel voll wurden davon bereitgehalten.
    Jack war nun schon seit achtundvierzig Stunden ununterbrochen auf den Beinen. Sein Kopf schmerzte, und seine Augen tränten. Er ließ sich auf dem Reetdach eines Hauses am Fluss nieder und hielt Ausschau über die Felder, während die Zimmerleute hastig die Pali­sade vollendeten. Da kam ihm der Gedanke, William könne seine Leute brennende Pfeile über die Stadtmauern schießen lassen – um die Stadt dergestalt in Brand zu setzen, brauchte er nicht einmal die Mauer zu überwinden. Eiligst machte Jack sich auf den Weg zum Kloster, wo er feststellte, dass Richard der gleiche Gedanke gekommen war: Mönche organisierten

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