Die Säulen der Schöpfung - 13
führte seine Männer in das dichteste Schlachtgetümmel. Er war ein Kaiser, der seine Hände tief in den blutigen Morast aus Leben und Tod hineintauchte und sich herausnahm, was immer ihm davon begehrlich schien.
Jennsen hatte kaum Appetit. Wählerisch zupfte sie winzige Fleischstreifen von dem saftigen Stück Schweinebraten ab, der vor ihr auf einer mächtigen Scheibe Brot lag, und nagte lustlos daran herum, während sie der Unterhaltung der beiden Männer lauschte. Ihr Gespräch war nichtssagend. Jennsen konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die beiden Männer sich in ihrer Abwesenheit sehr viel mehr zu sagen gehabt hätten. So jedoch sprachen sie über gemeinsame Bekannte und brachten sich gegenseitig über Belanglosigkeiten auf den neuesten Stand, die sich seit Sebastians Abschied aus der Armee im vergangenen Sommer zugetragen hatten.
»Wie steht es um Aydindril?«. erkundigte sich Sebastian und spießte eine Scheibe Fleisch mit seiner Messerspitze auf.
Kaiser Jagang riß einer knusprigen Gans mit einer drehenden Bewegung ein Bein aus. Seine Ellbogen auf die Tischkante gestützt, beugte er sich vor und vollführte mit seinem Beutestück eine vage Geste. »Ich habe keine Ahnung.«
Sebastian ließ sein Messer sinken. »Was wollt Ihr damit sagen? Ich bin mit den örtlichen Gegebenheiten noch immer gut vertraut. Ihr seid nur ein oder zwei Tagesmärsche entfernt.« Sein Tonfall war respektvoll, die Besorgnis darin aber nicht zu überhören. »Wie könnt Ihr einmarschieren, wenn Ihr nicht wißt, was Euch in Aydindril erwartet?«
Jagang riß mit den Zähnen ein großes Stück aus dem dicken Ende der Gänsekeule, deren Knochen über die Finger seiner beiden Hände hinausragte; Fleisch und Finger troffen vor Bratenfett.
»Nun«, meinte er nach einer Weile, mit dem Knochen vage über seine Schulter deutend, bevor er ihn auf einem Teller ablegte, »wir haben Kundschafter und Patrouillen ausgesandt, um uns einen Überblick zu verschaffen, bislang ist jedoch noch keiner zurückgekehrt.«
»Nicht ein Einziger?« Seine Besorgnis verlieh Sebastians Stimme einen scharfen Unterton.
Jagang ergriff ein Messer und schnitt auf einer seitlich stehenden Platte ein dickes Stück Lammbraten ab. »Kein Einziger«, bestätigte er und spießte das Stück mit dem Messer auf.
Sebastian stützte seine Ellbogen auf die Tischkante, legte die Hände aneinander und dachte nach.
»Die Burg der Zauberer befindet sich in Aydindril«, meinte er nach einer Weile mit ruhiger Stimme. »Ich habe sie gesehen, als ich die Stadt vergangenes Jahr auskundschaftete. Sie liegt an einem steilen Berghang, mit Blick über die gesamte Stadt.«
»Euer Bericht ist mir noch gut im Gedächtnis«, antwortete Jagang.
Jennsen hatte gern nachgefragt, was man sich unter einer »Burg der Zauberer« vorzustellen habe, allerdings nicht gern genug, um ihr Schweigen zu brechen, während die beiden Männer sich unterhielten.
Sebastian rieb sich die Hände. »Dürfte ich dann Euren Plan erfahren?«
Der Kaiser schnippte gebieterisch mit den Fingern, woraufhin sich sämtliche Diener augenblicklich entfernten; Jennsen wäre gern mit ihnen gegangen. Draußen polterte Gewitterdonner, und der gelegentlich auffrischende Wind peitschte Regenschauer gegen das Zelt. Die über den Tisch verteilten Kerzen und Lampen beleuchteten die beiden Männer und ihre unmittelbare Umgebung, beließen die weichen Teppiche und Wände jedoch in nahezu vollständiger Dunkelheit.
Kaiser Jagang streifte Jennsen kurz mit einem Blick, bevor er seine dämmrigen Augen abermals Sebastian zuwandte. »Ich habe mich zu einem Überraschungsangriff entschlossen, und zwar nicht mit der gesamten Armee, wie man es vermutlich dort erwartet, sondern mit einer Kavalleriestreitmacht, klein genug, um manövrierfähig zu bleiben, andererseits aber auch stark genug, um die Situation vollständig zu kontrollieren. Selbstverständlich wird uns ein angemessenes Kontingent aus mit der Gabe Gesegneten begleiten.«
Die Dauer dieser knappen Unterredung hatte genügt, um die Stimmung in tödlichen Ernst umschlagen zu lassen. Jennsen spürte, daß sie zur stummen Zeugin der entscheidenden Augenblicke eines Ereignisses von großer Tragweite wurde. Es war beängstigend, sich all die Menschenleben vorzustellen, die aufgrund der Worte dieser beiden Männer auf dem Spiel standen.
Sebastian wägte des Kaisers Worte eine Weile sehr genau ab, bevor er antwortete. »Habt Ihr eine Ahnung, wie Aydindril den Winter
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