Die Saga vom Dunkelelf 5 - In Acht und Bann
Tephanis«, schnurrte Ulgulu. »Nathak, armer Nathak-« Der Goblin wusste ganz genau, was dieser Hinweis zu bedeuten hatte -, »er hat mich darüber informiert, dass meine Gnolle eine Katastrophe erlebt haben.«
»Und – du – willst – dass – ich – dorthin – gehe – und – nach-sehe – was – mit – ihnen – passiert – ist, mein – Meister«, erwiderte Tephanis. Ulgulu brauchte eine Minute, um die nahezu unverständliche Wortkette zu entziffern, nickte dann aber eifrig.
»Sofort – mein – Meister. Bin – gleich – wieder – da.«
Ulgulu spürte ein leichtes Zittern auf seinen Schultern, aber bis er und die anderen begriffen hatten, was Tephanis gesagt hatte, bewegte sich der schwere Stoff, der den Empfangsraum vom Eingang abtrennte, schon kaum mehr. Einer der Goblins steckte kurz seinen Kopf hinein, um nachzusehen, ob Ulgulu oder Kempfana ihn gerufen hatte, ging dann auf seinen Platz zurück und dachte, dass der Wind wohl den Vorhang bewegt haben musste.
Ulgulu lachte wieder schallend, und Kempfana warf ihm einen angewiderten Blick zu. Kempfana haßte den Feengeist und hätte ihn schon vor langer Zeit getötet, aber er konnte die möglichen Vorteile nicht leugnen, die der Feengeist brachte, zumal er annahm, dass Tephanis für ihn arbeiten würde, wenn Ulgulu erst mal nach Dschehenna zurückgekehrt war.
Nathak setzte einen Fuß hinter den anderen und wollte sich still und leise aus dem Raum schleichen, doch Ulgulu zwang den Goblin mit einem Blick stehenzubleiben.
»Deine Meldung hat mir geholfen«, setzte der .Bargest an.
Nathak beruhigte sich ein wenig. Aber es dauerte nur einen Moment, bis Ulgulus riesige Hand hervorschoß, sich dem Goblin um den Hals legte und Nathak hochhob.
»Aber es hätte mir noch mehr geholfen, wenn du dir die Zeit genommen und herausgefunden hättest, was meinen Gnollen zugestoßen ist!«
Nathak hätte fast das Bewußtsein verloren, und als sein Körper schon halb in Ulgulus hungrigem Mund verschwunden war, wünschte er, es wäre so gewesen.
»Reibe den Allerwertesten, das mildert die Pein. Setz dich drauf, dann geht es von vorn los. Reibe den Allerwertesten, das lindert die Pein. Setz dich drauf, dann geht es von vorn los«, wiederholte Liam Distelwolle immer und immer wieder. Mit dieser Litanei wollte er sich von dem Brennen unter dem Stoff seiner Beinkleider ablenken, eine Litanei, die der spitzbübische Liam nur allzu gut kannte. Doch diesmal war es anders, das musste sich Liam nach einer Weile eingestehen. Er hatte seine Pflichten wirklich vernachlässigt.
»Aber das mit dem Drizzit ist wahr«, knurrte er zu seiner Verteidigung.
Und wie als Antwort auf seine Bestätigung ging die Tür einen Spaltbreit auf und Shawno, der zweitjüngste Sohn, und Eleni, die einzige Schwester, schlüpften herein.
»Diesmal steckst du tief in der Patsche«, rügte Eleni und spielte sich als große Schwester auf. »Ist schon schlimm genug, dass du wegläufst, wenn sich die Arbeit türmt, und dann kommst du auch noch mit derlei Geschichten nach Hause!«
»Der Drizzit war echt«, protestierte Liam, der von Elenis Muttergetue nicht gerade angetan war. Liam reichte es schon, dass seine Eltern ihn schalten. Elenis spitzzüngige Besserwisserei brauchte er nicht auch noch. »Schwarz wie die Nacht und mit einem schwarzen Löwen!«
»Ruhe, ihr beiden«, warnte Shawno. »Wenn Dad herauskriegt, dass wir hier solches Zeug reden, dann wird er uns eine Tracht Prügel verpassen.«
»Drizzit«, bezweifelte Eleni.
»Es ist wahr!« protestierte Liam lautstark, was ihm einen bösen Schlag von Shawno einbrachte. Die drei drehten sich um und wurden kreidebleich, als die Tür aufflog.
»Komm herein!« zischte Eleni im Flüsterton und packte Flanny, der ein wenig älter als Shawno und drei Jahre jünger als Eleni war, beim Kragen und hievte ihn in den Holzschuppen. Shawno, der ewige Zauderer der Gruppe, streckte schnell den Kopf aus der Tür und vergewisserte sich, dass sie nicht beobachtet wurden. Dann schloß er leise die Tür. »Du solltest uns nicht nachspionieren!« protestierte Eleni.
»Woher sollte ich denn wissen, dass ihr hier seid?« schoß Flanny zurück. »Ich bin nur gekommen, um den Kleinen zu necken.« Er schaute Liam an, schürzte die Lippen und wedelte bedrohlich mit den Fingern. »Paß auf, paß auf«, sang Flanny. »Ich bin der Drizzit, und ich bin gekommen, um kleine Jungs aufzufressen!«
Liam drehte ihm den Rücken zu, aber das beeindruckte Shawno nicht im mindesten.
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