Die Saga vom Dunkelelf 5 - In Acht und Bann
einziehen laßt, wenn Ihr mir nur erlaubt, in Eurer Nähe zu sein, dann werdet Ihr verdammt sein, wie es die Bauern in dem Dorf gewesen sind.«
Montolio spitzte die Ohren, als das ferne Bauerndorf erwähnt wurde. Er hatte gehört, dass eine Bauernfamilie in Maldobar auf grausame Weise getötet worden war und dass man eine Waldläuferin, Taube Falkenhand, zur Unterstützung gerufen hatte.
»Ich habe keine Angst vor der Verdammnis«, sagte Montolio und rang sich ein Lächeln ab. »Ich habe viele Kämpfe… über lebt, Drizzt Do'Urden. Ich habe in einem Dutzend blutiger Kriege mitgekämpft und einen ganzen Winter mit einem gebrochenen Bein auf einem Berghang zugebracht. Ich habe nur mit einem Dolch bewaffnet einen Riesen getötet und… mich mit jedem Tier in einem Umkreis von fünftausend Schritten angefreundet. Macht Euch um mich keine Sorgen.« Wieder huschte dieses ironische, wissende Lächeln über das alte Gesicht. »Aber vielleicht«, sagte Montolio zögernd, »habt Ihr ja gar nicht um mich Angst?«
Drizzt war verwirrt und ein wenig beleidigt.
»Ihr habt Angst um Euch«, fuhr Montolio ungehemmt fort. »Selbstmitleid? Das paßt überhaupt nicht zu Eurer Tapferkeit. Laßt davon ab und kommt mit mir.«
Wenn Montolio Drizzts wütenden Blick gesehen hätte, dann hätte er auch mit der folgenden Antwort rechnen können. Guenhwyvar registrierte ihn, und der Panther drückte sich fest an Drizzts Bein.
Aus Guenhwyvars Reaktion konnte Montolio das Vorhaben des Drows ablesen. »Die Katze möchte, dass Ihr mitkommt«, bemerkte er. »Es ist besser als eine Höhle«, versprach er, »und es gibt besseres Essen. Nicht nur halbgaren Fisch.«
Drizzt blickte zu Guenhwyvar, hinunter, und wieder drückte sich der Panther gegen ihn, doch diesmal stieß er ein lauteres und nachdrücklicheres Knurren aus.
Noch war Drizzt unentschlossen. Er erinnerte sich nachdrücklich an das Gemetzel auf dem Bauernhof. Die Bilder ließen ihn nicht in Ruhe. »Ich werde nicht mitkommen«, sagte er bestimmt.
»Dann muß ich Euch als Feind einstufen und gefangennehmen!« rief Montolio und spannte wieder den Bogen. »Eure Katze wird Euch dieses Mal nicht helfen, Drizzt Do'Urden!« Montolio beugte sich vor, lächelte und flüsterte: »Eure Katze ist meiner Meinung.«
Das war zuviel für Drizzt. Er wusste zwar, dass der alte Mann ihn nicht erschießen würde, aber Montolios berückender Charme betörte Drizzts geistigen Widerstand, so beachtlich er auch war.
Was Montolio als Schloß beschrieben hatte, erwies sich als eine Reihe Höhlen, die er in die Wurzeln riesiger und dichtstehender Tannen gegraben hatte. Anbauten aus geflochtenen Zweigen boten zusätzlichen Schutz und verbanden die Höhlen miteinander. Eine niedrige Mauer aus aufgestapelten Steinen rahmte Montolios Gelände ein. Als Drizzt sich der Behausung näherte, fielen ihm mehrere Brücken auf, die aus Holz und Seilen gefertigt waren, und die Bäume in unterschiedlicher Höhe miteinander verbanden. Dann waren da noch Strickleitern, über die man klettern konnte, und es gab Armbrüste, die in relativ regelmäßigen Abständen sicher angebracht waren.
Der Dunkelelf beschwerte sich nicht, dass das Schloß aus Holz und Dreck bestand. Drizzt hatte drei Jahrzehnte in Menzoberranzan in einem wundersamen Schloß aus Stein gewohnt, das von atemberaubend schönen Gebäuden umgeben war, aber keines der Häuser hatte so einladend wie das von Montolio gewirkt.
Vögel zirpten zur Begrüßung, als der alte Waldläufer sich näherte. Eichhörnchen, ja sogar ein Waschbär, hüpften aufgeregt unter den Zweigen herum, um ihm entgegenzugehen – doch sie hielten dann doch etwas Distanz, als sie bemerkten, dass Montolio von einem riesigen Panther begleitet wurde.
»Ich habe viele Zimmer«, erklärte Montolio Drizzt. »Viele Decken und ausreichend Nahrung.« Montolio haßte die unzureichende Goblinsprache. Es gab so viele Dinge, die er dem Dunkelelf sagen wollte, und so viele Dinge, die er von ihm erfahren wollte. Das schien unmöglich in einer Sprache, die so knapp und negativ war und nicht für komplexe Gedanken oder Gemütsregungen geschaffen war. Vielleicht war es sogar außerordentlich öde. Die Goblinsprache verfügte über mehr als einhundert Worte für Töten oder Haß, aber kein einziges für ausge-prägte Gefühle wie zum Beispiel Erbarmen. Das Goblinwort für Freundschaft konnte in der Übersetzung entweder eine zeitlich begrenzte, militärische Allianz oder Knechtschaft bezeichnen, und keine
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