Die Saga vom Dunkelelf 6 - Der Hueter des Waldes
zusammengebrochen, und der Dunkelelf wandte sich deshalb an Matthäus. »Nehmt Ihr nicht genau aus diesem Grund die Tunnelstrecke in die Stadt?« fragte Drizzt den beleibten Mönch. Normalerweise war der Tunnel für Minenkarren reserviert, die vom Rücken der Welt heruntergerollt wurden, aber die Mönche nahmen immer diese Strecke, selbst in Situationen wie dieser hier, wenn sie einen riesigen Umweg zur Stadt in Kauf nehmen mußten, um durch den Tunnel gehen zu können. »Damit Ihr zu Opfern werden und leiden könnt?« fuhr Drizzt fort. »Die Straße ist sicherlich passierbar und auch wesentlich bequemer.« Drizzt mochte den Tunnel nach Mirabar nicht. Den Reisenden, denen man dort begegnete, konnte man nicht richtig ausweichen, und dann konnte der Drow seine Identität nicht verbergen. Auf seinen beiden vorherigen Reisen, die ihn durch den Tunnel geführt hatten, war er jedesmal angepöbelt worden.
»Die anderen bestehen darauf, daß wir durch den Tunnel gehen, obwohl er Meilen von unserem eigentlichen Weg entfernt liegt«, erwiderte Matthäus. In seiner Stimme schwang Bitterkeit mit. »Ich ziehe persönlichere Formen des Leidens vor und würde mich über Eure Begleitung bis Mirabar sehr freuen.«
Drizzt hatte gute Lust, den heuchlerischen Mönch anzuschreien. Für Matthäus war das Auslassen einer Mahlzeit schon schweres Leiden, und er nutzte seine Verkleidung aus, weil viele großzügige Menschen den Fanatikern Geld gaben, damit sie die übelriechenden Brüder wieder loswurden.
Doch Drizzt nickte nur und sah zu, wie Matthäus Jankin wegschleppte. »Aber dann werde ich gehen«, flüsterte er. Er konnte sich immer und immer wieder sagen, daß er seiner Göttin und seinem Herzen folgte, wenn er der anscheinend hilflosen Bande Schutz gewährte, aber ihr Verhalten machte ihm das Leben dennoch schwer.
»Dunkelelf! Dunkelelf!« zeterte Bruder Jankin schwerfällig, als Matthäus ihn zu den anderen zurückbrachte.
Hephästus
Tephanis verfolgte, wie sich die fünf Mönche und Drizzt mühsam in Richtung Tunnel schleppten. Der Tunnel war die westliche Route nach Mirabar. Roddy hatte den Flinkling vorausgeschickt, um die Gegend auszuspähen, und ihm aufgetragen, den Dunkelelf zur Umkehr zu bewegen, in seine Richtung, falls er ihn finden sollte. »Spalter wird sich dann seiner annehmen«, hatte Roddy gesagt und dabei seine wunderbare Axt angeschielt.
Doch dessen war Tephanis sich gar nicht so sicher. Der Feengeist hatte zusehen müssen, wie Ulgulu, ein Herr, der wesentlich stärker als Roddy McGristle gewesen war, von dem Drow getötet worden war, und ein weiterer mächtiger Herr, Caroak, war von dem schwarzen Panther des Dunkelelfs bei lebendigem Leib zerrissen worden. Wenn Roddy das bekam, was er sich wünschte, und dem Drow im Zweikampf gegenüberstand, konnte es gut sein, daß Tephanis sich bald auf die Suche nach einem anderen Herrn machen mußte.
»Dieses - Mal - nicht - Drow«, flüsterte der Feengeist plötzlich, als ihm eine Idee kam. »Diesmal - werde - ich -dich kriegen!« Tephanis kannte den Tunnel nach Mirabar -er und Roddy waren vorletzten Winter dort durchgekommen, als der Schnee die westliche Straße unpassierbar gemacht hatte -, und er hatte viele Geheimnisse in Erfahrung gebracht, darunter auch eins, das der Feengeist jetzt zu seinem Vorteil nutzen wollte.
Er machte einen weiten Bogen um die Gruppe, weil er den scharfsinnigen Dunkelelf nicht auf sich aufmerksam machen wollte, und erreichte den Tunneleingang, lange bevor die anderen dort eintrafen. Ein paar Minuten später war der Flinkling schon ziemlich weit hineingelaufen und machte sich an einem komplizierten Schloß zu schaffen, das für den geschickten Feengeist nur ein kleines Hindernis darstellte. Das Schloß fixierte eine Fallgitterkurbel.
Bruder Matthäus lief mit einem zweiten Mönch voran, während die drei anderen nach ihm in den Tunnel traten. Zu fünft bildeten sie einen schützenden Kreis um Drizzt. Darum hatte der Drow gebeten, damit er nicht so schnell gesehen werden konnte, wenn zufälligerweise jemand vorbeikam. Die Kapuze hatte er sich tief ins Gesicht gezogen. Mit eingezogenen Schultern hielt er sich in der Gruppe bedeckt.
Sie trafen auf keine anderen Reisenden und marschierten in einem vernünftigen Tempo durch den von Fackeln erleuchteten Durchgang. Als sie auf eine Kreuzung stießen, blieb Bruder Matthäus plötzlich stehen, als er sah, daß das Fallgitter, das normalerweise die rechte Abzweigung absperrte, hochgeschoben war.
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