Die Saga vom Dunkelelf 6 - Der Hueter des Waldes
Tunnel heraus. Aber Drizzt freute sich darüber, daß hier die Beschreibung des Mönchs bestätigt wurde. Das Biest war tatsächlich faul und ein wenig dumm. Laut den Aufzeichnungen war Hephästus außerordentlich stolz, wie Drachen es gewöhnlich waren, und er war der normalen Sprache mächtig, aber es > mangelte ihm an der tiefen Skepsis, die die Drachen und vor allem die Roten normalerweise hatten<.
»Bruder Herschel bemüht sich, das Schloß zu öffnen«, sagte Matthäus und lief zu Drizzt. »Eure Finger sind beweglicher. Würdet Ihr es einmal probieren?«
»Weder Herschel noch ich werden das Schloß öffnen können«, sagte Drizzt abwesend. Er schaute nicht einmal von dem Buch auf.
»Aber Herschel versucht es wenigstens«, murrte Matthäus, »und ist nicht in sich selbst versunken. Er verschwendet keine Kerzen, um ein paar wertlose Zeilen zu lesen.«
»Für jeden von uns, der hier lebend herauskommen will, ist das ganz und gar nicht sinnlos«, sagte Drizzt, der immer noch nicht aufblickte. Der beleibte Mönch wurde allmählich neugierig.
»Was ist das?« fragte Matthäus und beugte sich über Drizzts Schulter, obwohl er gar nicht lesen konnte.
»Es handelt von Eitelkeit«, erwiderte Drizzt.
»Eitelkeit? Was hat Eitelkeit mit...«
»Dracheneitelkeit«, unterbrach Drizzt ihn. »Vielleicht ein ziemlich wichtiger Punkt. Alle Drachen haben davon mehr als genug, und böse mehr als gute.«
»Da sie mit ihren Klauen, die so lang wie Schwerter sind, alles schmelzen können, und sie einen Atem haben, mit dem sie Stein in Pulver auflösen können, haben sie dazu wohl auch allen Grund!« murmelte Matthäus.
»Vielleicht«, räumte Drizzt ein, »aber Eitelkeit ist eine Schwäche - daran dürft Ihr keinen Zweifel haben -, selbst bei einem Drachen. Einige Helden haben diese Charaktereigenschaft ausgenutzt und so einen Drachen getötet.«
»Ihr denkt daran, dieses Ding zu töten?« krächzte Matthäus.
»Wenn es sein muß«, sagte Drizzt wieder abwesend. Matthäus warf ungläubig die Arme in die Luft und lief weg. Die fragenden Blicke der anderen Brüder beantwortete er mit einem Kopf schütteln.
Drizzt lächelte still und las weiter. Seine Pläne nahmen langsam Gestalt an. Er las den Eintrag immer und immer wieder und lernte jedes einzelne Wort auswendig.
Drei Kerzen später las Drizzt immer noch. Die Mönche wurden immer ungeduldiger und hungriger. Dann stachelten sie Matthäus an, zu Drizzt zu gehen.
»Noch mehr Eitelkeit?« fragte er höhnisch nach.
»Damit bin ich fertig«, antwortete Drizzt. Er hielt das Buch hoch und zeigte Matthäus die Skizze eines riesigen schwarzen Drachen, der sich in einem unwirtlichen Sumpf um mehrere umgeknickte Bäume schlängelte. »Ich lese jetzt gerade über den Drachen nach, der uns bei unserer Sache helfen könnte.«
»Hephästus ist ein Roter«, bemerkte Matthäus verächtlich, »und kein Schwarzer.«
»Das hier ist ein anderer Drache«, klärte Drizzt ihn auf. »Mergandevinasander von Kult, möglicherweise ein Besucher, der mit Hephästus plaudern möchte.«
Nun begriff Bruder Matthäus überhaupt nicht mehr, worum es ging. »Rote und Schwarze kommen nicht gut miteinander aus«, warf er ein. Sein Zweifel war offensichtlich. »Das weiß doch jeder Narr.«
»Ich höre nur sehr selten auf Narren«, erwiderte Drizzt, und der Mönch drehte sich wieder um und lief kopfschüttelnd davon.
»Da gibt es noch etwas, das Ihr wahrscheinlich nicht wißt, aber Hephästus wird es sicherlich wissen«, sagte Drizzt mit so leiser Stimme, daß niemand seine Worte verstehen konnte. »Mergandevinasander hat rotleuchtende Augen!« Drizzt schlug das Buch zu. Er war zufrieden, daß er jetzt gut genug Bescheid wußte, um den Versuch zu wagen. Wenn er jemals der grauenerregenden Pracht eines ehrwürdigen Roten gewahr worden wäre, dann hätte er in diesem Augenblick nicht gelächelt. Aber sowohl die Ignoranz als auch die Erinnerung an Montolio machten den jungen Dunkelelfkrieger, der so wenig zu verlieren hatte, mutig, und Drizzt hatte nicht vor, aus Angst vor einer unbekannten Gefahr den Hungertod zu erleiden. Aber er würde auch nicht weitergehen, noch nicht.
Zuerst mußte er noch lernen, wie die Drachen sich unterhielten.
Von all den großartigen und prächtigen Dingen, die Drizzt in seinem abenteuerreichen Leben gesehen hatte, kam nichts nicht die großen Häuser in Menzoberranzan, nicht die Höhle der Illithiden und der Säuresee auch nicht- dem ehrfurchterregenden Spektakel nahe, das
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