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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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nur eine Möglichkeit, uns zu retten. Und in der Stunde der Not muß man alle Bedenken zurückstellen, nicht wahr?«
    »Silje, du hast doch wohl nicht vor… ?«
    Sie lächelte. »Nein, ich habe nicht vor, meinen Körper zu verkaufen, falls es das ist, woran du denkst. Aber vielleicht meine Seele.«
    Er warf einen Blick zur Ecke hinüber. Dort stand das Mosaikfenster.
    »Nein, das auch nicht«, sagte Silje. »Vertrau mir, Tengel, ich weiß, was ich tue. Ich denke an euch und an Benedikt und Grete und Marie, und mir wird übel bei dem Gedanken, daß die Kinder vielleicht noch so einen Winter wie den vergangenen durchstehen müssen. Unser Essen ist beinahe aufgebraucht, wir haben keine Gerätschaften zum Fischen, und du kannst nicht laufen.
    Ich sehe nur einen Ausweg, obwohl selbst der sehr ungewiß ist. Aber er ist einen Versuch wert. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, vielleicht bin ich erst gegen Abend wieder hier, und falls ich sogar erst morgen zurückkomme, dürft ihr euch nicht sorgen!«
    Tengel wollte sie nicht gehen lassen, aber sie bot all ihre Dickköpfigkeit und Willensstärke auf, und dagegen konnte er nicht viel ausrichten.
    »Silje, setze dich keiner Gefahr aus!«
    »Nein, das tue ich nicht. Niemand wird sich um mich kümmern, denn niemand weiß, daß ich zum Eisvolk gehöre.«
    »Aber in welche Richtung gehst du? Falls du lange fortbleiben solltest?«
    Sie zögerte. »Nach Trondheim. Wenn nötig, suche dort nach mir. Aber auf jeden Fall erst, nachdem einige Tage verstrichen sind!«
    Dann verabschiedete sie sich und ging.
    Auf müden, wunden Füßen wanderte sie die Landstraße entlang Richtung Norden. Ein Bauer ließ sie ein Stück auf seinem Fuhrwerk mitfahren, und das erleichterte ihr die Reise ungemein, besonders wegen der Zeit, die sie sparte.
    In ihrem Bauch grummelte es vor Hunger und Nervosität.
    Zeitig am Nachmittag war sie in Trondheim.
    Wie sonderbar es war, wieder hier zu sein! Fünf Jahre waren seit dem letzten Mal vergangen - Menschengewimmel, Unmengen von Waren auf dem Markt und in den Läden, Handwerker an ihren Feuerstellen, Vieh… Sie ging umher wie im Traum, konnte kaum begreifen, daß sie wirklich hier war. Aber sie hatte keine guten Erinnerungen an Trondheim.
    Da war die Tordurchfahrt, in der sie damals gewöhnlich übernachtet hatte. Wie kalt das gewesen war! Und dort war sie von einem Mann angefallen worden, der aus einer Mauernische hervorgestürzt kam. Sie hatte gekämpft wie ein Tier. Damals hatte sie gelernt, wie man sich gegen Angriffe von aufdringlichen Männern zur Wehr setzt. Die Kniffe hatten ihr viele Male später noch gute Dienste geleistet.
    Diesmal lagen keine Leichen in den Gassen. In diesem Sommer raste keine Pest durch Trondheim. Jedenfalls nicht, soweit sie erkennen konnte.
    Sie fragte sich durch - und mit hämmerndem Herzen stand sie eine Weile später vor dem Palast von Baron von Meiden.
    Sollte sie es wagen?
    Einen Moment lang hatte sie das Bedürfnis, wegzulaufen, aber dann sah sie die ausgezehrten Gesichter der Kinder vor sich, die sie bekommen würden, wenn sie jetzt nichts unternahm. Und sie sah Tengels müde, sorgenvolle Augen, seinen Kummer darüber, daß er seinen Lieben nicht helfen konnte. So hatte er an diesem Morgen ausgesehen, genauso wie im Winter während der furchtbaren Hungersnot. Als das Eis auf dem See zu dick gewesen war, um ein Loch hineinzuschlagen und Fische zu angeln, als es kein Wild gab, keine Schafe und sie kein einziges Körnchen Getreide mehr hatten.
    Sie atmete tief durch, strich unbewußt über den Korb, den sie bei sich trug, und klopfte an.
    Ein Dienstmädchen öffnete.
    Silje nannte ihren Namen und fragte nach Fräulein Charlotte von Meiden.
    Das Dienstmädchen maß sie von oben bis unten mit ihren Blicken und wollte ihr Begehren wissen.
    »Ich möchte mit dem Gnädigen Fräulein sprechen.«
    »Worüber?«
    »Das ist eine Privatsache.«
    Das Dienstmädchen sah sie eine Weile voller Verachtung an und sagte dann: »Wartet hier!« Dann schlug es die Tür wieder zu.
    Nach einer langen, demütigenden Wartezeit wurde die Tür erneut geöffnet.
    »So kommt herein!«
    In ihrer Stimme lag keine Spur von Freundlichkeit.
    Silje trat ein und fand sich in einer schönen Halle wieder.
    Weiße Steinwände, wenige, aber kostbare Möbelstücke, schwarze Eisenhalter für Pechfackeln - mehr konnte sie in der kurzen Zeit nicht in sich aufnehmen.
    Ein Dame in den Dreißigern mit einem unschönen langen Gesicht und perlenbestickten Kleidern

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