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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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zurückriß - so als ob sie sich verbrannt hätte. Der Raum begann sich um sie zu drehen, und sie fühlte die Arme der fremden Frau um sich, die sie stützten und zum Bett führten.
    Dann wurde alles schwarz.

4. KAPITEL
    Charlotte von Meiden kam wieder zu sich. Sie sah hinauf in die blauen, beunruhigten Augen.
    »Ihr… Ihr…« stieß sie hervor.
    Dann setzte sie sich mit einem Ruck auf. »Nein, ich kenne diese Sachen nicht. Geht weg, nehmt sie mit Euch fort, bevor ich nach meinem Mädchen läute!«
    »Fräulein Charlotte, ich meine es ernst. Ihr müßt mich anhören. Ich weiß, daß Ihr die Sachen erkannt habt.«
    Die Lippen der Baronesse kräuselten sich verächtlich. In den kleinen, engstehenden Augen lag eine tiefe Furcht.
    »Also seid Ihr doch nur eine elende Erpresserin! Ihr wollt Schweigegeld. Wieviel?«
    »Nein, nein!« sagte Silje entsetzt. Sie war es nicht gewohnt, daß jemand ihrer Ehrbarkeit mißtraute. »Ich habe doch gesagt, daß ich Euch nichts Böses will!«
    »Ihr wollt Nutzen ziehen aus dem Unglück einer Mitschwester, ist das nicht schlimm genug? Wie habt Ihr mich gefunden?«
    Sie hatte sich erhoben und sah Silje voller Abscheu an, aber ihr Gesicht war aschgrau vor Angst und Erschrockenheit.
    »Euer Monogramm ist in das Leinentuch eingestickt. Ich weiß seit vielen Jahren schon, wer Ihr seid, aber ich habe Euch nicht belästigen wollen. Bis heute, wo ich mir keinen anderen Ausweg mehr weiß. Ein böser Mann hat einmal versucht, uns diese Sachen zu stehlen, weil er gehört hatte, daß Buchstaben darauf zu sehen seien. Er hätte Geld von Euch erpreßt. Aber meinem Mann und mir ist es gelungen, das zu verhindern, also hat er Euren Namen nie herausgefunden. Ich habe viel an Euch gedacht, Fräulein Charlotte, und daran, wie schwer Ihr es gehabt haben müßt. Und als ich Euch jetzt sah, wußte ich mit Sicherheit, daß es Euer Kind ist. Ich habe Euch wiedererkannt.«
    Die Baronesse sah sie fragend an und setzte sich auf einen der Stühle am Tisch, denn ihre Beine versagten ihr den Dienst.
    »Wir haben uns schon einmal gesehen«, sagte Silje.
    »Erinnert Ihr Euch nicht?«
    Der kleine, verkniffene Mund in dem birnenförmigen Gesicht bewegte sich, aber es kam kein Laut heraus. Sie versuchte sich zu erinnern.
    Doch, die blauen, unschuldigen Augen… ?
    Nach langem Schweigen sagte Charlotte zögernd: »Ja…
    unmittelbar vor dem Stadttor… in jener Nacht. Ihr habt ein kleines Mädchen auf dem Arm getragen. Ihr wart schrecklich jung und durchgefroren. Ihr habt etwas zu mir gesagt… » »Das stimmt. Glaubt mir, Fräulein Charlotte, ich habe niemals schlecht von Euch gedacht. Ich wußte, daß Ihr verzweifelt wart. Und eigentlich gar nicht… tun wolltet, was Ihr getan habt. Versteht Ihr, ich habe den kleinen Milchkrug gefunden …«
    Die Erinnerungen stürzten auf Charlotte ein. Das Unwiderrufliche. Die Kälte, die Einsamkeit und der Hunger, den das Kleine gespürt haben mußte. Und sie…
    zu spät, zu wankelmütig - zu spät, zu spät!
    Sie hatte die Hände in den Schoß sinken lassen, während die Tränen strömten und ein tiefes Weinen ihre Kehle zerriß.
    »Ihr hättet nicht herkommen dürfen«, preßte sie zwischen dem Schluchzen hervor. »Ihr hättet die Wunden nicht aufreißen dürfen, ich ertrage es nicht, noch einmal durch dieses Höllenfeuer zu gehen! Mein eigen Fleisch und Blut getötet zu haben… Warum seid Ihr eigentlich gekommen? Es kann doch nur Schlimmes dabei herauskommen!«
    »Ich mußte«, sagte Silje leise. »Wir… mein Mann und ich, wir haben alles dafür getan, daß es den Kindern gutgehen sollte. Aber jetzt leiden sie, und sie werden so lange leiden, bis sie es nicht mehr aushalten und vor Hunger und Erschöpfung sterben. Auch Euer kleiner Sohn.«
    Es war, als ob die Zeit, die Luft, als ob alles stillstand und lauschte. Charlotte starrte blicklos an die Wand.
    Eine lange, lange Zeit war es absolut still im Zimmer.
    Langsam drehte sie ihr Gesicht zu Silje, die entsetzt sah, wie grauweiß sie geworden war.
    »Wollt Ihr damit sagen, daß… das Kind… lebt!«
    »Aber ja! Ich fand ihn, kurz nachdem ich Euch begegnet war, und nahm ihn mit. Ich konnte ihn doch nicht dort liegenlassen«, sagte sie entschuldigend. »Es war so kalt…
    und er weinte so bitterlich. Wäre das Kind tot gewesen, wäre ich jetzt nicht zu Euch gekommen, versteht doch.
    So grausam bin ich nicht.«
    Schmale Finger umklammerten verzweifelt Siljes Arm.
    »Ein Junge?«
    »Ein prächtiger kleiner Junge«, lächelte

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