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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Dann erhob er sich leicht taumelnd. Charlotte sah, daß er sich ihrem Bett mit dem Messer in der Hand näherte. Sie war gelähmt vor Entsetzen. Wegen des Knebels konnte sie nicht schreien, und sie konnte sich auch nicht bewegen, weil sie so stramm gefesselt war. Nur ein paar jämmerliche, halberstickte Laute konnte sie hervorbringen, aber die würde man nicht einmal unmittelbar vor ihrer Tür hören.
    Der Mann blieb mitten im Raum stehen. Er schwankte eigenartig, und dann kippte er vornüber und blieb liegen, einen Arm auf ihrem Bett. Charlotte schubste ihn mit den Knien an, und da fiel der Arm mit einem dumpfen Laut auf den Fußboden.
    Bis zum Morgengrauen lagen sie so da, steif vor Angst, daß er aufwachen und ihnen die Kehle durchschneiden könnte. Aber er wachte nicht auf.
    Weil Charlotte die Tür verriegelt hatte, mußten der Wirt und Tengel, der würdevolle Diener und noch einige andere den Weg durch das Fenster nehmen. Das heißt, nur der Diener kletterte mit Hilfe einer Leiter durch das Fenster, und anschließend ließ er die anderen durch die Tür herein. Dort standen sie nun, bestürzt und verwundert über den Anblick, der sich ihnen bot.
    »Der Mann ist tot«, stellte der Wirt fest. »Da habt Ihr wahrlich Glück gehabt, gnädiges Fräulein! Aber wo ist sein Kumpan? Sie sind nämlich nicht aus dieser Gegend, sie tauchen nur gelegentlich hier auf.«
    »Der ist nicht weit gekommen«, sagte Sol ruhig. Sie stand in ihrem Nachthemd da und betrachtete den Toten interessiert.
    Tengel sah sie mit einem schnellen und nervösen Blick an.
    Er scheuchte alle außer Silje aus dem Raum. Dann setzte er sich auf das Bett der Kammerzofe und packte Sol bei den Schultern. Charlotte und ihre Zofe saßen in ihren Betten und rieben sich die Handgelenke.
    »Sol«, sagte Tengel unheilverkündend ruhig. »Was hast du getan?«
    Sie sah ihn treuherzig an. »Ich wollte nicht, daß sie dem lieben Fräulein Charlotte etwas Schlimmes tun. Ich habe gehört, wie sie in der Schankstube unten über sie gesprochen haben.«
    Alle hörten stumm und mit wachsender Unruhe zu.
    »Ja, und deshalb habe ich etwas in ihre Bierkrüge getan, als ich mit ihnen geredet habe. Ich habe nur ein bißchen genommen. Aus dem winzig kleinen Lederbeutel, den ich von Hanna bekommen habe, weißt du? Aus dem kleinen schwarzen.«
    »Oh du Allmächtiger!« murmelte Tengel.
    Der Wirt steckte den Kopf zur Tür herein. »Sie haben den anderen gefunden«, meldete er. »Er lag nicht sehr weit von hier. Wir haben alle Eure Wertsachen, gnädiges Fräulein. Sie lagen um ihn herum verstreut. Er ist ebenfalls tot. Was für ein merkwürdiger Zufall!«
    »Ich danke Euch«, murmelte Charlotte mit steifen Lippen. »Sagt auch den ehrlichen Findern meinen Gruß und Dank!«
    »Sol«, sagte Tengel mit zusammengebissenen Zähnen. Er war aschgrau im Gesicht. »Am besten überläßt du jetzt mir das ganze Bündel - und zwar alles.«
    »Aber es gehört mir!« schrie sie.
    »Ja, es gehört dir. Aber bis du groß genug bist, um die Heilkunst zu beherrschen, werde ich es aufbewahren.
    Hast du mich verstanden?«
    Er sagte »Heilkunst«. Aber alle im Raum, auch Charlotte, wußten, daß er etwas ganz anderes meinte.
    Charlotte schauderte es. Aber bei allem Unbehagen, das sie spürte, war ihr Leben doch so arm an Ereignissen gewesen - arm an Liebe und reich an Kälte - daß sie es trotzdem spannend fand, so eigentümliche Menschen wie Tengel und Sol zu kennen. Tengel war durch und durch gut - aber was Sol betraf, war sie sich nicht so sicher.
    Auf jeden Fall tat sie dieses eine Mal genau das Richtige.
    Sie streckte ihre Hand nach dem Mädchen aus, das Tränen in den Augen hatte. Aber nicht aus Reue, eher aus Trotz und Kummer.
    »Ich möchte dir danken, kleine Sol. Du hast mein Leben und das meiner Zofe gerettet. Und du hattest die besten Absichten. Aber dein Vater hat recht, du hast die Dosis nicht richtig einschätzen können. Ich bin sicher, daß er dir dein Bündel zurückgeben wird, wenn du etwas älter geworden bist.«
    »Das werde ich tun«, sagte Tengel. »Und jetzt wollen wir die beiden jungen Damen allein lassen. Verzeiht, daß wir uns Euch aufgedrängt haben, Euer Gnaden!«
    »Verzeihung gewährt«, sagte sie mit einen gnädigen Kopfnicken. »Wollt Ihr allen Bescheid geben, daß wir sofort nach dem Essen Weiterreisen?«
    »Ja«, sagte Tengel. Er war immer noch zutiefst in der Seele erschüttert. Er wußte, daß Sol sehr wohl berechnet hatte, wie groß die Dosis sein mußte. »Wir tun gut

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