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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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dieses Kind gezeugt hatte. Und was für ein entzückendes kleines Mädchen sie war!
    Charlotte hatte einen Arm um Dag gelegt und sprach mit ihm, um ihn nach der entsetzlichen Wanderung zu beruhigen, und Silje selbst streckte ihre Hand nach Sol aus, die sich zu ihren Füßen niedergeworfen hatte, so erschöpft von der Anspannung, daß sie kein Wort zu sagen vermochte. Und damit hatte die Kleine sonst keine Mühe.
    Auch der Dienerschaft war die Erleichterung anzumerken, daß sie den gefährlichsten Teil des Weges glücklich hinter sich gebracht hatten. Sie saßen in einer Gruppe für sich im Gras.
    Alle, die zuvor in dem kleinen Wagen gesessen hatten, waren immer noch völlig zerschlagen. Silje war sehr, sehr bleich, sagte aber kein Wort von Schmerzen oder Unwohlsein.
    Wolken zogen über dem Dovregebirge auf. Die weitere Tour war nicht sehr angenehm, denn ein eisiger Sturzregen setzte ein, als sie sich dem höchsten Punkt zu nähern begannen. Dort oben ging er in Schneeregen über. Sie rasteten in der Almhütte auf Hjerkinn, und das war erholsam, obwohl die Hütte sehr primitiv war. Als draußen ein Schneesturm einsetzte, quoll der Schnee durch die Ritzen zwischen den Holzbalken hindurch, aus denen die Wände gezimmert waren, so daß sich schließlich richtige Schneeverwehungen auf dem Fußboden ansammelten.
    Doch sie wollten ohnehin nicht lange bleiben, sie wollten noch einen besseren Platz zum Übernachten erreichen.
    Und der Schnee ging wieder in Regen über, sobald sie Hjerkinn verlassen hatten.
    Aber erst als sie die Kutschenstation südlich von Dovre erreichten, begannen die wirklichen Probleme.
    Sie waren müde und zerschlagen nach der allzulangen Tagesreise und ließen sich in der Herberge nieder, wo sie dankbar eine Mahlzeit einnahmen, die aus dem Besten bestand, was das Haus zu bieten hatte. Tengel hatte ein unergründliches Schimmern in den Augen, aber Silje, die ihn genau kannte, konnte es deuten: Es war doch nicht so übel, mit adeligen Leuten zu reisen.
    Er behielt die ganze Zeit seinen Hut auf, so daß sein charakteristisches Gesicht so gut wie möglich verborgen blieb..
    Während sie aßen und tranken, machte der Wirt sie warnend auf zwei Männer aufmerksam, die in einer Ecke der Schankstube saßen und Charlottes Pracht mit gierigen Augen betrachteten.
    »Ich kann sie nicht hinauswerfen, hochwerte Herrschaften«, sagte er. »Nicht, solange sie sich anständig benehmen. Aber sie sind nichts anderes und besseres als Wegelagerer. Also wenn Ihr meinen guten Rat beherzigen wollt, so habt heute Nacht ein wachsames Auge auf Eure Wertsachen! Und verschließt die Türen sorgfältig!«
    Charlotte, die Mühe hatte, den Essensgeruch und die dumpfe, stickige Luft in der Wirtsstube auszuhalten, dankte ihm und versprach, daß sie tun würden, was er geraten hatte. Tengel sagte, er wolle gern im Gang vor ihrer Schlafkamrner Wache halten, aber sie wies sein Anerbieten mit Dank zurück. Einige der Diener könnten diese Aufgabe übernehmen. Sol beobachtete sie mit großen Augen und lauschte eifrig auf das, was gesagt wurde.
    Gewöhnlich erhielten Reisende einen Schlafplatz in dem großen Raum, der Wand an Wand zur Schankstube lag.
    Aber es gab im oberen Stockwerk auch ein paar kleinere Kammern für vornehmere Gäste. Silje erschien es eigentlich recht sonderbar, daß sie und ihre Familie jetzt zu den feineren Gästen gezählt wurden - und sie wußte sehr wohl, daß sie nur wegen Charlotte in den Genuß solcher Vorzüge kamen.
    Natürlich hatte die Baronin ihre Tochter nicht allein mit ein paar Dienern und Tengels Familie ziehen lassen. Im Gefolge befand sich auch ein Mann, der würdevoll und mit energischer Bestimmtheit alles für sie in die Wege leitete. Silje hatte es so verstanden, daß dieser Begleiter nach Trondheim zurückkehren sollte, sobald sie ihr Ziel wohlbehalten erreicht hatten.
    Die junge Adlige, die normalerweise niemals mit Leuten von Tengels und Siljes Stand zusammengesessen hätte, suchte nun ihre Gesellschaft in dieser Umgebung voller zwielichtiger Personen. Und so konnte sie ja auch in der Nähe von Dag sein. Sie liebte den kleinen Jungen von Tag zu Tag mehr, und sie ersehnte den Augenblick, wo sie ihn ganz zu sich nehmen konnte.
    »Ihr sagtet, er ist intelligent?« fragte sie Silje.
    »Sehr!«
    »Wie schade wäre es, eine solche Intelligenz verkümmern zu lassen. Ich… habe mir etwas überlegt. Könnte ich ihn nicht unterrichten? Nur ein paar Tage in der Woche?«
    Tengel und Silje sahen einander an.

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