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Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd

Titel: Die Saga vom Eisvolk 02 - Hexenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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gehabt hatte. Sie wußte so viel, die kleine Sol. Alle Geheimnisse der Welt lagen in ihren unergründlichen Augen verborgen.
    Ohne ein Wort betrat sie den Raum und nahm ihm das Kästchen aus der Hand. Ruhig steckte sie es in ihre Tasche.
    Tengel bekam kein Wort heraus. Er fühlte, daß er auf frischer Tat ertappt worden war.
    Er konnte Sols Augen fast nicht ertragen. Sie sah ihn mit tiefem Ernst an. Er ahnte mehr als daß er hörte, was sie ihm sagte: »Jetzt sind wir quitt. Ein Leben ist ein Leben.
    Und willst du Silje wirklich so weh tun?«
    Er seufzte langsam und still. Dann legte er eine Hand auf ihren Kopf, müde und kummervoll.
    Sie wechselten kein einziges Wort. Tengel ging hinüber zu seinem Bett, und aus einem Regal darüber nahm er Sols Bündel und reichte es ihr. Das Mädchen nahm es an sich, ohne ihren Blick von ihm abzuwenden, und reichte ihm das Kästchen.
    »Nein«, sagte er. »Behalte es, bis das Kind geboren ist!«
    Sie nickte. Dann ging sie hinaus. • Tengel sah ihr mit verschwommenem Blick hinterher.
    Nun gab es keinen Weg zurück.
    Nach dem Abendessen kam ein Bescheid vom gnädigen Fräulein, daß sie mit Tengel zu sprechen wünschte. Er machte sich sofort auf den Weg und ging einen kleinen Pfad entlang über die Äcker. Er fühlte sich bereichert durch die schöne Landschaft um ihn herum. Hinter den Häusern lag der Wald, vor ihnen und unter ihnen gelegen die verstreute Ansiedlung mit der Kirche. In der Ferne sah er Wasser, aber er wußte nicht, ob es ein See war oder der Ausläufer eines Fjords. Das waren Dinge, die er noch erkunden mußte. Ein spannendes Leben lag vor ihnen.
    Charlotte von Meiden und Tengel sprachen lange über die Bewirtschaftung des Gutes. Sie befanden sich in einem großen Raum, das wohl eigentlich nur ein gewöhnliches kleines Alltagszimmer war. Alles war so unendlich groß in diesem »Schloß«, wie er es insgeheim nannte. Auch hier gab es keine anderen Möbel als die, die an der Wand befestigt oder eingebaut waren, also war Platz genug für die ganze Einrichtung, die Charlotte mit dem Schiff geschickt hatte. »Nun, Herr Tengel«, sagte sie formell, »dann wollen wir jetzt die Papiere unterschreiben.«
    Er wurde innerlich ganz kalt. Ja, da war es, was er die ganze Zeit schon befürchtet hatte, daß dies alles zu schön war, um wahr zu sein. Nun kam der Haken an der ganzen Sache. Aber woraus bestand der? Er runzelte die Stirn.
    »Welche Papiere?«
    »Den Kaufvertrag für das Haus natürlich. Hier steht, daß Ihr den kleinen Hof für eine bestimmte Summe gekauft habt, aber das ist natürlich nur der Form halber. Geld braucht Ihr selbstverständlich nicht dafür zu bezahlen.«
    Tengel hatte aufgehört zu atmen. Er ließ sich nun doch auf den Stuhl fallen, den sie ihm vor einer ganzen Weile schon angeboten hatte, aber er hatte es abgelehnt, Platz zu nehmen.
    »Wollt Ihr damit sagen… daß der Hof unser werden soll?
    So richtig unser Eigentum?« »Aber ja, ich dachte, daß wäre klar.« Er blieb eine Weile stumm. Charlotte wartete.
    Trotz ihrer formellen Miene blitzte ein Funken Spendierfreude und Erwartung in ihren Augen.
    »Euer Gnaden, das können wir nicht annehmen! Ihr habt wahrhaftig schon genug für uns getan.«
    Sie wurde ernst. »Wißt Ihr, Herr Tengel, was es für ein Gefühl ist, ein Kind zu töten, es bitter zu bereuen - und es dann zurückzubekommen, glücklich und gesund? Wißt Ihr das?«
    »Ja«, sagte Tengel leise. »Das weiß ich. Aus Liebe zu Silje habe ich versucht, beide Male das Ungeborene abzutreiben. Zuerst Liv. Und jetzt liebe ich dieses kleine Mädchen mehr als mich selbst. Und dann… » »Das neue Kind?«
    »Ja. Aber Sol hat mich daran gehindert. Ihr habt also mein tiefstes Verständnis, was die Ereignisse vor fünf Jahren betrifft.«
    Charlotte betrachtete diesen merkwürdigen Mann mit den vielen überraschenden Nuancen. »Ihr habt auch mich auf eine sehr rücksichtsvolle Weise behandelt. Allein schon, daß Ihr mich nicht angezeigt habt, weil ich ein lebendes Kind ausgesetzt habe …«
    »Dieser Gedanke ist weder Silje noch mir jemals gekommen, das kann ich Euch versichern.«
    »Danke! Ich danke Euch dafür!«
    Dann fuhr sie nachdenklich fort: »Sol. Ein seltsames Kind. Wißt Ihr, ich fürchte mich tatsächlich ein wenig vor ihr!«
    »Das braucht Ihr nicht, Fräulein Charlotte. Sie würde für ihre Freunde durchs Feuer gehen.«
    »Ja, das habe ich gemerkt.«
    Er betrachtete die junge Adlige heimlich, während sie einen frisch gepflückten

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