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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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mit.
    Ihrer Sorgen zum Trotz verspürte sie ein wehmütiges Glück, diese schöne Landschaft sehen zu können. Und als endlich Brösarp Backar vor ihr lag, dachte sie, daß das einer der schönsten Flecken auf der Erde sein mußte. Erst das malerische Haväng draußen an der Küste, und dann sanfte Hügel bedeckt von Schlüsselblumen und Kuhschellen, mit den kleinen südschwedischen »Rückenbergkammhäusern« hier und dort an den Hängen bis hinaus zum Linderödsbergkamm. Oh, wie schön war es hier! Es tat richtig weh!
    Sie ritt weiter und fand den Weg zum Haus der Alten. Dor passierte sie ein Steingrab. Könnte es vielleicht hier gewesen sein Warum waren sie fort? klagte sie. Ihre Sehnsucht nach einem Gespräch mit Gleichgesinnten verdoppelte sich jetzt plötzlich, als habe sie ihre einzige Hoffnung verloren. Endlich erreichte sie das Häuschen, das der Fischer ihr beschrieben hatte. Sie stieg vom Pferd und band es an einem blühenden Apfelbaum fest.
    Sie wurde von zwei alten gebeugten Menschen freundlich aufgenommen. Auch zu essen bekam sie, und das tat gut, denn in ihrem Eifer, ihr Ziel zu erreichen, hatte sie vollkommen vergessen, etwas zu sich zu nehmen. Hier konnte sie nicht so tun, als habe sie Angst vor Hexen, weil sie notgedrungen eingehende Fragen stellen mußte. Sie war gezwungen, sich etwas Neues auszudenken. Sie sagte, ihre Großmutter habe ihr erzählt, daß sie sich jede Donnerstagnacht bei Vollmond hier versammelten - und nun wollte sie gerne wissen, ob die Geschichte wahr sei.
    Die alte Frau drüben am Ofen rührte geschäftig in einem Kessel.
    »Oh ja«, sagte der alte Mann. Er senkte seine Stimme. »Das stimmt durchaus. Ich habe sie selbst gesehen! Einmal als Kind, bevor sie fortgejagt wurden.«
    Sol spürte, wie ihr Herz einen Sprung tat. »Fortgejagt wurden? Dann sind sie also nicht von selbst ausgestorben?« »Nein, der Hauptmann von Glimmingehus kam mit mehreren Männern, um sie mitzunehmen. Doch da waren sie schon gewarnt worden, und hatten die Flucht ergriffen. Ja, es war übrigens meine Mutter, die sie gewarnt hat.« Sol empfand starke Sympathie für seine Mutter.
    Der Mann bekam einen träumerischen Gesichtsausdruck, während er sprach.
    »Ach, ich erinnere mich gut daran, als ich sie gesehen habe, es ist, als wäre es gestern gewesen. Ich bin mitten in der Nacht von einem seltsamen Gesang aufgewacht, und weil es Sommer und warm war, schlich ich mich hinaus. Und da habe ich sie gesehen.«
    Sol wußte, daß ältere Menschen manchmal ein etwas unzuverlässiges Gedächtnis haben. Doch das traf in der Regel auf die Ereignisse zu, die sie auf ihre alten Tage erlebt hatten, die Erinnerung an ihre Kindheit war oft kristallklar. Sie sah, wie der Alte bei ihren Fragen auflebte, als ob er fühlte, daß seine Erzählung von Bedeutung war. Er ging vor Sol hinaus. Die Frau folgte ihnen.
    »Dort drüben. Dort bei dem Steingrab habe ich sie gesehen. Es waren viele, sie sind von weither gekommen, um sich hier zu versammeln. Weil sie sich ja nur im Sommer versammeln konnten, wie Ihr sicher versteht.«
    Ganz leicht war das allerdings nicht, Sol sprach Norwegisch und die beiden die hiesige Sprache, aber die Verständigung funktionierte einigermaßen.
    Eine Weile stand sie da und starrte in die Luft.
    »Und dann hatten sie auf einem Stein etwas liegen, um das sie sich versammelt haben«, fuhr er fort. »Nie im Leben habe ich solche Angst gehabt wie damals!« »Ihr sagt, sie sind geflohen. Wohin?« Das alte Paar wechselte Blicke.
    »Das war vor hundert Jahren«, sagte Sol. »Dann können sie doch unmöglich jetzt noch leben? Ich will bloß ihre Spuren verfolgen, nicht jemandem etwas Böses antun. Die Behörden sind nicht gerade meine Freunde.«
    »Na, hundert Jahre«, lachte der Alte. »So alt bin ich denn nun auch wieder nicht.«
    »Nein, natürlich nicht«, lächelte Sol, »verzeiht mir. Wie viele Jahren kann es denn her sein, daß Ihr sie gesehen habt?« Er zwinkerte beim Nachdenken mit den Augen. »Ja, das kann wohl so ungefähr an die sechzig Jahre her sein. Ich bin jetzt ein paar Jahre über siebzig, und damals muß ich wohl so um die zehn, zwölf Jahre alt gewesen sein. Ja, das kann schon hinkommen.«
    »Sechzig Jahre her?« Sols Hoffnung stieg. Die Hoffnung stieg um vierzig Jahre!
    »Aber Ihr wißt nicht zufällig, welche Richtung sie eingeschlagen haben?« versuchte Sol sich.
    »Eine hat meiner Mutter etwas erzählt,« sagte er zögernd. »Aber ich weiß nicht… «
    »Ach was, so lange danach kann es

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