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Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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im geringsten nützlich. Der Mond war ihr Leitstern, nicht die Sonne.
    Ein einziges Mal hatte Sol Angst gehabt, als Tengel unglaublich wütend auf sie gewesen war. Damals hatte sie einen widerlichen Kirchendiener getötet, der ihrer Familie schaden wollte. Sie hatte aber auch unglaublichen Respekt vor Tengel, weil sie ihn unbeschreiblich gern hatte. Genau diese Angst, seinem Zorn ausgesetzt zu sein, hatte bewirkt, daß sie sich so lange ruhig verhalten hatte. Ansonsten gab es nichts, was Sol Angst einjagen konnte. Sie war jetzt zwanzig Jahre alt. Man schrieb das Jahr 1599, und ihr wirkliches Leben konnte nun beginnen.
    Are stand wie verabredet am Rand des Waldes. Er war Tengels einziger Sohn, mit dem halbfertigen Gesicht eines Dreizehnjährigen, breiten Backenknochen und rabenschwarzem Haar. Während Tengels und Siljes übrige Kinder und Pflegekinder vollendete Geschöpfe, konnte man Are nicht gerade als bildschön bezeichnen. Dafür strahlte er aber ein starkes Gefühl von Sicherheit aus. Und auf Dauer gesehen, war das mehr wert, fand Sol.
    Er begleitete sie bis zum Hafen und sorgte dafür, daß sie zusammen mit der alten Dame, die angenehm überrascht über ihre Begleiterin war, wohlbehalten an Bord kam. Wie schön, ein so unglaublich hübsches und wohlerzogenes junges Mädchen als Eskorte zu bekommen. Sol setzte sogleich ihr »freundlich-zu-alten-Damen«-Lächeln auf. Ihre Stimme blieb weich und respektvoll, und sie war unbeschreiblich entgegenkommend.
    Lang stand sie an Deck und winkte Are, der vom Kai aus eifrig zurückwinkte. So nahm das Abenteuer seinen Anfang. Ein heftiger Wind, der das Schiff hin und her warf, machte die Überfahrt nach Dänemark zu einer anstrengenden Reise. Sol hatte jedoch ein Mittel gegen Seekrankheit, wofür die alte Dame sehr dankbar war. Sie schien sich sehr tapfer zu fühlen, so wie sie dastand und sich Sol gegenüber damit großtat, daß sie anscheinend die einzigen Passagiere seien, die nicht der Seekrankheit zum Opfer fielen.
    Doch wenn Sol bereits auf der Schiffspassage auf ein kleines Abenteuer gehofft hatte, wurde sie bitter enttäuscht. Alle männlichen Passagiere hingen entweder über der Reling oder lagen sich windend in einer Ecke, und die Besatzung bestand nur aus alten, kurzbeinigen Seebären ohne den geringsten Anflug von Anziehungskraft.
    Doch selbstverständlich war für die lebenslustige Sol die Schiffspassage an sich schon unermeßlich spannend. So oft sie dazu Gelegenheit hatte, stand sie an Deck, und wenn die Wellen ihr übers ganze Gesicht spritzten, lachte sie laut auf. Tauchte das Schiff in schwindelerregende Wellentäler hinab, so, als ob es nach dem Meeresgrund suchte, kicherte sie hingerissen, und als es sich schwer wieder aufbäumte, von Salzwasser überspült, jubilierte sie aus tiefstem Herzen. Nun begriff sie, wie eintönig das Leben auf Gut Lindenallee für sie wirklich gewesen war.
    Als sie im Hafen von Kopenhagen einliefen, stand ein Wagen für die alte Dame bereit, und damit war Sols Auftrag ausgeführt. Die Dame war derart begeistert von ihr, daß sie Sol einen kleinen Beutel übergab, in dem Geldmünzen klimperten. Sol mußte sich unglaublich zusammennehmen, um nicht sofort nachzuschauen, wieviel Geld denn nun darin war. Sie knickste und winkte dem abfahrenden Wagen nach.
    Sie war sich jedoch nicht selbst überlassen. Dag stand am Kai bereit, um sie in Empfang zu nehmen. Sol warf sich in seine Arme.
    »Aber Dag, wie elegant du geworden bist! Du bist ja erwachsen geworden, kleiner Bruder!«
    Sie hielt ihn etwas von sich ab und sah zu ihm auf. Er hatte sehr männliche Gesichtszüge bekommen. Die lange, gerade Nase und das schmale Gesicht hatte er noch, aber seine Züge waren ebenmäßiger geworden. Die Augenbrauen waren kräftig und verglichen mit dem blonden Haar hellbraun, und die Augen waren metallgrau. Er trug jetzt moderne Kleider, nicht mehr die gewöhnliche wattierte Jacke, die nach unten spitz zulief, und auch nicht mehr den Pfeifenkragen um Hals und Handgelenke. Auch von den kurzen, ballonartigen Hosen war nichts mehr zu sehen. Nein, Dag wohnte jetzt in Kopenhagen und ging mit der Zeit. Er trug einen breitkrempigen Hut, an dessen einer hochgeschlagenen Seite eine Feder befestigt war. Der Kragen war herunter geschlagen, und Jacke wie Hose lagen enger an als früher, so daß seine gute Figur mehr betont wurde, und dazu trug er elegante Stiefel, die Sol kolossal imponierten. Er war elegant, einfach elegant!
    Unmittelbar wechselte sie über zu

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