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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Da lachte Silje insgeheim. Rosa konnte es mit Sicherheit verkraften, Klaus ganzen Stolz zu sehen.
    »Wollen sie jetzt um diese Jahreszeit da drinnen dreschen?« fragte Yrja verwundert.
    »So könnte man es auch nennen«, lächelte Silje.
    Tengel und Silje schenkten Klaus einen kleinen Häuslerhof, der zur Zeit nicht bewirtschaftet wurde. Und Klaus schaffte es gerade noch, Rosa zu einer ehrbaren Frau zu machen, ehe es einen Skandal geben konnte. Sie bekamen zwei Kinder, bevor Rosa in die Wechseljahre kam - zwei Kinder, die zwar keine geschichtsträchtigen Erfindungen machten, was die Intelligenz betraf, sich aber durchaus mit ihren Eltern messen konnten.
    Meta ließ sich ebenfalls nicht lumpen. Sie schenkte kurz hintereinander drei Jungen das Leben. Was Are anging, war sie ganz sicher nicht gefühlskalt, o nein.
    Die kleine Yrja liebte die Menschen auf Lindenallee. Alle, wie sie da waren. Aber am meisten natürlich Frau Silje. Sie konnte ihre eigenen Eltern nicht verstehen. Sie wohnte immer noch zu Hause, aber die Mutter fragte jeden Tag: »Mußt du heute nicht nach Lindenallee?«
    Und wenn Yrja sagte, heute habe Sunniva Dienst bei Frau Silje, wurde die Mutter böse und schimpfte, warum sich dieses verwöhnte Gör immer in alles einmischen mußte. Zuhause war Yrja immer zu schmächtig gewesen, um die kleinen Geschwister zu versorgen und sie zu tragen. Jetzt, wo sie viel kräftiger und gesünder war, bot sie oft ihre Hilfe an, aber die Eltern wollten davon nichts wissen.
    »Du mußt deinen Rücken schonen, keine schweren Lasten«, sagten sie rücksichtsvoll. Aber sie ermunterten sie, auf die drei Söhne von Meta und Are aufzupassen.
    Yrja verstand das nicht. Sie verstand nicht, daß sie die wertvollste Einnahmequelle ihrer Familie war. Alles, was sie auf Lindenallee bekam - und manchmal auch auf Grästensholm -lieferte sie daheim ab, denn es bedeutete ihr nichts. Die Eltern hatten Angst, sie könnte sich verletzen, denn dann würden sie auf alle Gaben verzichten müssen, die Yrja mitbrachte: das Essen, die Kleider und vor allem die Geldstücke, die Silje ihr zusteckte.
    Aber Yrja war einfach nur glücklich darüber, a uf Lindenallee sein zu können. Und langsam verschwanden der Anschein geistiger Armut, die Unsicherheit und Unterernährung, die sie aus ihrem Elternhaus mitgebracht hatte. Yrja sog begierig alles Wissen auf, das sie von Silje und Tengel und Meta erfuhr - und sie fühlte sich geborgen in der Sicherheit ihrer Freunde.
    Sie entwickelte sich zu einer eigenständigen Persönlichkeit. Aber sie war so still und unscheinbar, daß diese Entwicklung zunächst niemandem auffiel.

2. KAPITEL
    Ein junges Mädchen kam die Allee zum Hof hinauf. Sie ging nicht besonders anmutig, denn die schlechte Ernährung in den ersten Lebensjahren hatte ihre Knochen schief und krumm wachsen lassen. Und jetzt hatte sie ein Alter erreicht, wo ihr diese betrübliche Tatsache selbst bewußt wurde. Sie hatte ausgeprägte O-Beine, was jedermann sehen konnte, obwohl sie einen langen Rock trug. Oft hatten sich Leute, die ihr Elternhaus besuchten, darüber mokiert, wie ihre Beine aussahen. Schnelle, schlagfertige Antworten hatte sie auf die höhnischen Bemerkungen nicht zu entgegnen gewußt, denn das lag ihr nicht.
    Aber ihr Gesichtsausdruck war ungewöhnlich freundlich und offen, und die Augen strahlten vor Freundlichkeit für alle. Sie war unglaublich geduldig, und sie sagte niemals nein, wenn jemand sie um etwas bat. Was zählte es da schon, daß ihr Körper unförmig und unschön und ihr Gesicht nicht sonderlich anziehend war.
    Yrja war neunzehn Jahre alt. Die Distel war erwachsen geworden.
    Sie war so glücklich an diesem Tag Ende August. Sie würden Geburtstag feiern. Tarald, Sunniva und sie selbst. Silje hatte vorgeschlagen, die drei Geburtstage zu einem riesigen Fest zusammenzulegen. Alle jungen Leute sollten kommen. Sunniva natürlich, empfindsam und anmutig. Sie war wie eine Elfe, und Yrja bewunderte sie unsagbar. Viele Male hatte sie sich in einsamer Verzweiflung gewünscht, ebenso zart und ätherisch schön zu sein wie sie. Ohne zu bedenken, daß sogar Disteln wunderschöne Blüten haben.
    Heute würde sie auch Cecilie treffen. Die temperamentvolle, fröhliche Cecilie von Meiden, die alle Sicherheit und allen Humor der Welt zu besitzen schien. Wie schlagfertig sie war! Schon bei dem Gedanken daran mußte Yrja lachen. Die verrückte, lustige Cecilie, die ein Jahr jünger war als die anderen und sich deshalb unterlegen fühlte und

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