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Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde

Titel: Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Mutter, die Alexander vergötterte. Vom Vater, der ein Wüstling ohne gleichen war.
    »Die Gemälde?« sagte Cecilie. Alexander hat irgendwelche Gemälde in einem Zimmer erwähnt, das er nicht mochte.«
    »Pfui, das Zimmer! Das war Vaters Kabinett. Die Gemälde waren in der Tat abstoßend. Pralle, aufreizende Frauenkörper. Keine Kunst, bloß …wie soll man es nennen? Spekulation in der schmutzigen Phantasie eines Mannes. Mutter haßte dieses Zimmer, und als Vater tot war, hat sie alle Bilder verbrannt.«
    »Könnten sie einen Einfluß auf Alexanders Neigung gehabt haben, was glaubst du?«
    Ursula dachte nach. »Das weiß ich nicht. Das glaube ich kaum. Aber auf jeden Fall bekam er wegen der Bilder entsetzlich viel Prügel.« »Wie das, wie meinst du das?«
    »Ja, es kam mehrmals vor, daß er sich dort hineingeschlichen hatte. Das war verboten, verstehst du. Und Vater gab seinem Diener den Auftrag, daß er zehn Schläge mit dem Stock bekommen sollte, nachdem es etwas zu oft vorgekommen war.«
    »Dann ging Alexander also gern hinein, um sich das häßliche Zeug anzuschauen?«
    »Das weiß ich nicht. Aber ich glaube, dieser Umstand war dabei unwesentlich.« Das glaube ich nicht, dachte Cecilie.
    »Du hast gesagt, daß Alexanders Liebesleben immer schon verdreht war?«
    »Ja, genau. Denn er war keine zwölf Jahre alt, als sie ihn in einer sehr verdächtigen Situation überraschten.« »Mit einem Mann?«
    »Ja. Mit Vaters Diener, der nach Vaters Tod bei uns geblieben war. Er wurde natürlich am selbigen Tag entlassen. Es wurde ein schreckliches Urteil über ihn verhängt, obwohl er seine Unschuld beteuerte.« »Und dann ist nichts weiter vorgefallen?«
    »Nicht bis diese unangenehmen Gerüchte umgingen.« Cecilie schaute an die Decke. »Zwölf Jahre alt, sagst du. Und wann hat er diese Prügel bekommen? Weil er in das Frauenkabinett gelinst hat?«
    »Das müßte …Doch, es war in Vaters letzten Lebensjahren.«
    »Dann war Alexander sechs, sieben Jahre alt, so ungefähr. Hast du gesehen, daß er die Prügel bekommen hat?« »Oh, daran kann ich mich jetzt nicht erinnern, nein! Nein, jedenfalls nicht, soweit ich mich entsinnen kann.« »Und davor habt ihr nichts Außergewöhnliches an ihm festgestellt?« »Nein.«
    »Warum ist der Diener nach den Tod eures Vaters bei euch geblieben?« »Er beschwor Mutter, bleiben zu dürfen.«
    »Ach so«, sagte Cecilie mit belegter Stimme. »Weil er einen kleinen Jungen gefunden hatte, den er mißbrauchen konnte, indem er ihm bei diesem ersten Mal versprochen hatte, ihm würden die Prügel erspart bleiben - und dem er dann mit dem Stock drohte, wenn er petzte oder nicht das tun wollte, was der Diener von ihm verlangte. Ein kleiner Junge, der nackte Frauen sehen wollte, der neugierig war, wie die meisten kleinen Jungen. Der aber zu unnatürlichen Handlungen gezwungen wurde. Könnte es nicht so gewesen sein?
    Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern fuhr sogleich fort: »Du hast erwähnt, Alexander müsse sich an eine grauenvolle Situation erinnern. Hast du dabei an den Augenblick gedacht, in dem er mit dem Diener erwischt worden war? Als er zwölf Jahre alt war?«
    »Natürlich. Es war ein fürchterlicher Tag. Mutter, die Alexander immer angebetet hatte, wurde vollkommen wahnsinnig, sie schlug und schlug den Jungen und heulte. Sie schrie ihm die schrecklichsten Beschimpfungen ins Gesicht. Alexander sprach danach mehrere Wochen lang kein Wort mehr.«
    Ursula verstummte. »Ja«, sagte sie dann leise. »Er war damals wirklich seltsam. Damals mußte er einen Schock erlitten und seine Kindheit vergessen haben. Auf frischer Tat ertappt und dann bis aufs Blut geschlagen von seiner eigenen liebenden Mutter. Ja, ich habe ihn bestimmt auch geschlagen«, schloß Ursula beschämt. Cecilie sagte keine Silbe. Sie schluckte nur.
    »Glaubst du wirklich, daß er von diesem Diener verführt und dann ausgenutzt wurde?« fragte Ursula leise. »Das kann ich nicht sagen. Ich habe da nur so eine Ahnung.« »Kannst du meinen Bruder nicht fragen?«
    »Das werde ich natürlich tun. Sobald er nach Hause kommt. Wenn er denn nach Hause kommt.«
    An jenem Abend schöpfte Cecilie neuen Mut. Sie vertraute auf Tarjeis Worte, daß allein der, der mit verkehrten Tendenzen geboren wurde, unheilbar sei. Und nun sah sie eine winzigkleine Chance, daß Alexander am Anfang normal gewesen war. Und daß er es wieder werden konnte.
    Ach, du törichtes Herz! Deine Fähigkeit zu hoffen ist unerschöpflich!
    Zwei Briefe wurden

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