Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde
bleiben, bis die Kutsche kommt?« »Ihr habt Euch geweigert, einem Befehl zu gehorchen. Euch geweigert die Kinder Seiner Majestät nach Dalum zu begleiten. Dafür gibt es keine Gnade. Hinaus müßt Ihr!«
Endlich hatte die Haushofmeisterin eine Gelegenheit gefunden, sich an der störrischen Norwegerin zu rächen, die bei den Hofleuten so beliebt war - und die obendrein durch Heirat unverdientermaßen zu einem hohen Titel gekommen war! Eine gewöhnliche norwegische Göre von niederstem Adel war plötzlich eine von Paladin geworden. Das war ein unerträglicher Gedanke. Cecilie seufzte. Sie konnte reiten, aber Florestan…? Doch ihr blieb keine andere Wahl, wenn sie nach Hause wollte.
Ängstlich sammelte sie ihre Habseligkeiten zusammen und verabschiedete sich von den jungen Dienstmädchen, die alle ihre Freundinnen waren. Der König war in Deutschland, und Kirsten Munk hatte sie alle damit überrascht, daß sie ihn auf dem Kriegszug begleitete. Die Haushofmeisterin hatte freie Hand über ihren Stab. Man sprach bei Hofe davon, daß das eheliche Glück zwischen Christian IV. und Frau Kirsten eine Blütezeit zu erleben schien, weil sie darauf bestand, seine Strapazen während des Krieges zu teilen. Dem König, der einen Sinn fürs Familienleben hatte, war das willkommen gewesen.
Oft unterschätzte man Kirsten Munk und bezeichnete sie als einfaches Mädchen. Das war vollkommen falsch. Im Grunde stammte sie aus einer sehr vornehmen Familie. Ihr Vater war der mächtige Ludvig Munk zu Nörtund, einst Statthalter in Norwegen, wo er sich große Reichtümer einverleibt hatte, bis er im Jahr 1596 von dem sehr jungen König Christian abgesetzt wurde. Ihre Mutter war Ellen Marsvin, eine von Dänemarks reichsten und einflußreichsten Frauen - und eine der schlausten. Mutter und; Tochter waren intrigant und geldgierig - aber Frau Kirsten war im Gegensatz zu ihrer Mutter sowohl dumm als auch oberflächlich.
Deshalb sahen die meisten in ihrem plötzlichen Entschluß, ihrem Mann nach Deutschland zu folgen, keinen Akt ausgesprochener Liebe. Eher der Abenteuerlust. Aber auf Fredriksborg vermißte sie niemand.
Auch der Stalljunge war besorgt, als Cecilie herunter kam, um Florestan zu holen.
»Haltet die Zügel stramm, Markgräfin! Aber nicht zu stramm. Er ist nicht leicht zu halten.« »Gibt es hier kein anderes Pferd?
»Der gesamte Hof ist doch zur Jagd ausgeritten, Euer Gnaden.«
»Dann wünscht mir Glück«, sagte Cecilie und stieg auf »Holt jemand später das Pferd?«
»Dafür werde ich schon sorgen. Viel Glück, Euer Gnaden!«
Das konnte sie brauchen! Florestan tänzelte unter ihr Doch es gelang ihr, mit ihm fertigzuwerden, und eine unstete Heimreise nahm ihren Anfang. Viele Male mußte sie das Pferd zwingen, damit es die richtige Richtung beibehielt. Doch alles verlief einigermaßen glimpflich, bis sie den Vorplatz von Gabrielshus erreicht hatte. Dort empfingen sie die bellenden Hunde, und das Pferd bäumte sich wie wild auf. Cecilie hatte keine Möglichkeit, sich im Sattel zu halten.
Mit Entsetzen spürte sie, wie sie herunterglitt und Hals über Kopf zu Boden stürzte. Das Pferd jagte durch das Tor davon. Die Hunde leckten ihr das Gesicht. Mit erschöpfter Stimme rief sie um Hilfe.
Alexanders Diener kam heraus, gefolgt von etlichen anderen.
»Hilf mir«, flüsterte Cecilie. »Ich bin vom Pferd gefallen.« »Wir haben es gesehen«, sagte der Diener aufgeregt. »Das Pferd war nur schwer zu bändigen. Warum…?« »Ich bin gezwungen worden, es zu nehmen«, stöhnte Cecilie. »Weil ich nicht…mit nach Dalum wollte …Ich wäre wohl besser nicht geritten, Wilhelmsen?« »Natürlich nicht, Euer Gnaden. So - nehmt meine Hand…«
Cecilie schrie vor Schmerzen. »Oh, das Kind! Hilf mir! Geschwind und ängstlich trugen sie sie ins Haus und legten sie in ihr großes Bett.
»Schick nach der heilkundigen Frau, wie auch immer sie heißt«, sagte der Diener. »Schnell!«
Cecilie spürte, wie die Schmerzen ihren Körper in Wogen durchliefen. Sie war beim Fallen auch mit dem Kopf aufgeschlagen, und ihr schwanden die Sinne.
Als sie von schweren Qualen erwachte, saß die Schwägerin Ursula an ihrem Bett.
»Das Kind«, flüsterte Cecilie mit angsterfüllten Augen. »Alexanders Kind. Ich habe es verloren!«
»Na, na«, sagte Ursula kurz. »Lieg ruhig! Die Heilzauberin kommt gleich. Alles wird wieder gut.«
»Nein«, wisperte Cecilie umnebelt. »Nichts wird wieder gut. Ich spüre es.«
Sie begann zu weinen, ein heftiges,
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