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Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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man ja auch lernen.
    Außerdem besaß er den Arzneimittelvorrat des Eisvolks, den er von Tarjei geerbt hatte. Das verpflichtete. Nun wurde man in Norwegen nicht »Arzt«. Man wurde Bader oder Feldscher. Wollte man ein richtiger Doktor werden, mußte man ins Ausland gehen. Deshalb ging er auch nach Tübingen. Und als sie an der Universität erfuhren, daß er ein naher Verwandter des legendären Tarjei Lind vom Eisvolk war, konnte er das Studium in einem Rekordtempo absolvieren, nur aufgrund der Verwandtschaft.
    Aber genaugenommen spielte sein merkwürdiger, guter Einfluß auf andere auch eine Rolle dabei.
    Nun, wie dem auch sei. Es war jedenfalls ein ungewöhnlich junger Arzt, der im Jahr 1645 nach Grästensholm heimkehrte. Einundzwanzig Jahre war er alt, der Mattias, und er hatte sich zu einem nicht sehr groß gewachsenen, sanften und freundlichen jungen Mann herausgemacht, mit blaugrünen Augen und kupferfarbenem Haar, das sich nun nur noch in den Spitzen ein wenig wellte. Sein Lächeln konnte die Härtesten erweichen und die Kältesten dahinschmelzen lassen.
    Er war wahrhaftig ein merkwürdiger Junge. Und Mutter Yrja war furchtbar stolz auf ihn. Tarald, der mit der Zeit seine Gewissensqualen überwunden hatte, die daher rührten, daß er Kolgrim nicht ebenso sehr hatte lieben können wie seinen jüngsten Sohn, zeigte Mattias seine Zuneigung nun ganz offen. Aber der Junge hatte seinen Vater die ganze Zeit verstanden und seine Zurückhaltung respektiert. Denn Tarald war wohl in den allerersten Jahren unnötig hart zu Mattias gewesen - nur damit Kolgrim sich nicht benachteiligt oder übergangen fühlen sollte.
    Es hatte nur nichts genützt. Kolgrim war, wie er war. Viele Jahre lang ein Wolf im Schafspelz. Als er die Maske fallenließ, hatte er vielen großes Unglück gebracht. Mattias, Tarjei… und Dag. Zweifellos hatte Dags Gesundheit durch Kolgrims letzte Untaten einen schweren Schlag erlitten.
    Und der Kummer, den er ihnen allen bereitet hatte! Besonders verbittert war Tarald, der schon Sunnivas entsetzlichen Tod und das lange, rätselhafte Verschwinden von Mattias hatte aushalten müssen.
    Während Mattias in seinem Schlitten dahinfuhr, begleitet vom rhythmischen, gedämpften Klingeln der Glöckchen, dachte er an das Wiedersehen mit Kaleb. Das war ziemlich schockierend gewesen.
    Kaleb war inzwischen ein erwachsener Mann von siebenundzwanzig Jahren. Aber von dem früheren Idealisten in ihm war nicht mehr viel übrig. Statt dessen traf Mattias einen harten und verbitterten Mann.
    Nach einigen Jahren als Schreiber am Gemeindegericht hatte Kaleb beschlossen, daß er versuchen wollte, auf eigenen Füßen zu stehen und seinen Jugendtraum zu verwirklichen. Die Gemeinderichter, die ihren Schreiber kaum beachtet hatten, ließen ihn gehen.
    Seitdem hatte Kaleb wirklich alles getan, um Kinder vor einer Arbeit zu bewahren, die ihnen schadete. Aber überall traf er auf Widerstand. Niemand wollte auf ihn hören, insbesondere da diejenigen, die die Macht gehabt hätten etwas zu ändern, meist selbst Kinder für sich arbeiten ließen. Und wenn er hart gegen brutale Arbeitsgeber vorging, machte er sie sich zum Feind - und sie waren mächtig.
    Wenn nur Amtsrichter Dag von Meiden noch lebte! Und noch einen anderen alten Traum hatte er fallenlassen müssen. Als junger Bursche, in der Grube und danach, hatte er sich oft ausgemalt, wie er sich ein gutes, einfaches, bodenständiges Mädchen suchen und heiraten würde. Aber die Frauen, denen er bei seinen Hilfsbemühungen für die unglückseligen Kinder auf den Straßen und in den Elendsquartieren begegnete, waren nicht von der Art, die man heiratete. Kaleb hatte einen weiten Bogen um sie gemacht. Desillusioniert hatte er ein ziemlich schiefes Bild von jungen Mädchen erhalten - sie hatten nichts mit seinen Traumbildern zu tun. Absolut nichts!
    Sicherlich war es ihm geglückt, einige Kinder aus der Sklaverei zu befreien - denn etwas anderes war das nicht. Aber wofür? Sie trieben sich doch nur herum, oder sie bettelten und stahlen auf der Straße.
    Schließlich war das letzte aufgesparte Geld verbraucht, und er selbst war so deprimiert, daß er unbedingt wieder unter normale Menschen mußte. Er schrieb an Liv, die immer seine Freundin gewesen war, und fragte, ob er sie besuchen dürfe. Natürlich schrieb sie augenblicklich zurück, daß er willkommen sei. Auf Grästensholm angekommen, brach Kaleb vor Erschöpfung zusammen. Die ersten Tage saß er einfach nur in einem Sessel, und Liv

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