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Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer

Titel: Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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heute viel zu wenig geschafft, um den Teppich rechtzeitig zur Sonnenwendfeier fertig zu bekommen.
    In letzter Zeit hinderten ihre furchtbaren Erinnerungen sie immer wieder daran, wie gewohnt zu arbeiten. Unbemerkt schlichen sich die entsetzlichen Bilder in ihre Gedanken und übernahmen für eine kurze Zeitspanne die Kontrolle über ihr Bewusstsein. Dabei hatten sich ihre Pflegemutter Tha-Ury und die Heilerin Tassea so viele Jahreszeiten geduldig darum bemüht, Ilahja die schrecklichen Erlebnisse vergessen zu lassen.
    Seufzend nahm Ilahja das Schiffchen mit der Wolle wieder zur Hand, um noch einige Längen des fein gesponnenen Fadens in dem Teppich zu verarbeiten, solange das Licht noch hell genug war. Aber ihre Finger waren durch das lange untätige Sitzen vor dem Fenster steif und klamm geworden und protestierten schmerzend gegen jede Bewegung. So legte sie bereits nach kurzer Zeit das Schiffchen wieder fort und beobachtete erneut die wilde Jagd auf dem Platz vor der kleinen Webstube.
    Tief in ihre Gedanken versunken bemerkte sie nicht, dass die Tür der Webstube vorsichtig geöffnet wurde. Eine mittelgroße, etwas rundliche Frau betrat leise den Raum. Ihre leicht gebückte Haltung und das nebelgraue Haar unter dem schlichten Kopftuch ließen keinen Zweifel daran, dass sie den Herbst ihres Lebens bereits erreicht hatte. Behutsam schloss sie die Tür hinter sich und betrachtete Ilahja voller Zuneigung. Schließlich schüttelte sie mitfühlend den Kopf. »Kind, Kind«, sagte sie sanft, um ihre Pflegetochter nicht zu erschrecken. »Hattest du wieder einen dieser Wachträume?«
    Ilahja blickte ihre Pflegemutter schuldbewusst an, antwortete ihr jedoch nicht.
    Diese schüttelte traurig den Kopf. »Du musst dagegen ankämpfen, Ilahja. Du darfst nicht zulassen, dass deine Erinnerungen dich quälen, mein Liebes.« Sie machte eine Pause und zog sich den niedrigen Schemel, der neben dem Webstuhl stand, heran. Dann setzte sie sich neben Ilahja und nahm sie so liebevoll in die Arme, wie sie es schon getan hatte, als Ilahja noch ein kleines Mädchen war. »Du weißt, dass wir die schrecklichen Dinge, die damals geschehen sind, nicht mehr ändern können«, sagte sie leise. »Deshalb musst du lernen, dich gegen deine Erinnerungen zu wehren. Nur dann wird es dir gelingen, in Frieden zu leben und glücklich zu sein. Versuche nach vorn zu schauen und denke an etwas Schönes.«
    Bei den Worten ihrer Pflegemutter schloss Ilahja die Augen. Wie immer, wenn Tha-Ury sie auf diese Weise umarmte, fühlte sie sich geliebt und geborgen. Die Weberin hatte sie damals ohne zu fragen bei sich aufgenommen und sie wie eine eigene Tochter aufgezogen. Dafür war Ilahja ihr unendlich dankbar. Dennoch sehnte sie sich gerade in solchen Augenblicken schmerzhaft nach ihrer richtigen Mutter.
    »Oder hast du vielleicht andere Sorgen?«, fragte Tha-Ury, während sie über Ilahjas Haar strich. »Wenn das so ist, solltest du es mir sagen. Häufig ist ein Kummer nur noch halb so groß, wenn man ihn mit jemandem teilt.«
    Ilahja öffnete die Augen und sah ihre Pflegemutter zärtlich an. Tha-Urys Angebot rührte sie und zeigte ihr, wie gut ihre Pflegemutter sie kannte. Aber Ilahja wusste, wie gefährlich es für sie war, ihren Kummer jemandem anzuvertrauen, selbst wenn es sich dabei um ihre Pflegemutter handelte.
    Verbissen kaute sie auf ihrer Unterlippe, während sie nach einer Antwort suchte. Tha-Ury schien es jedoch nicht eilig zu haben. Geduldig wartete sie auf eine Antwort Ilahjas.
    Die setzte sich auf, blickte ihrer Pflegemutter gerade in die Augen und erklärte kopfschüttelnd: »Ich denke, du wirst es bald erfahren, Mutter. Aber ich kann wirklich nicht darüber sprechen, nicht heute.« Ilahja hoffte, dass Tha-Ury sich mit dieser ausweichenden Erklärung zufrieden gab.
    Doch so schnell wollte diese nicht aufgeben. »Ist etwas mit dir und Kjelt?«, forschte sie weiter.
    Ach du meine Güte, dachte Ilahja erstaunt. Ausgerechnet mit Kjelt? Wie kam Tha-Ury bloß auf solch einen Gedanken. Kjelt war doch ihre große Liebe. Nachdrücklich schüttelte sie den Kopf und zwang sich zu einem Lächeln. »Nein, Mutter, das ist es wirklich nicht. Mit Kjelt und mir ist alles in Ordnung. Mach dir bitte keine Sorgen. Ich bin sicher, dass es mir bald wieder besser gehen wird.«
    Ilahja wollte jetzt nicht mehr reden und wünschte, Tha-Ury würde sie in Ruhe lassen. Ihre Pflegemutter schien das zu spüren und drang nicht weiter in sie. So saßen die beiden Frauen noch eine Weile

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