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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Frau hatte nie eine Kirche von innen gesehen! Wir hatten nicht mal in 'ner verflixten Kirche geheiratet! Und angezogen war sie wie ne verflixte Mary Poppins!«
    Sie kriegte Unterstützung für die Kinder zugesprochen. Sie kriegte den Wagen. Und das Haus. Alles, was Fred kriegte, war das Moped. Und zudem einen Schock, als er merkte, daß Jans Tochter, wirklich sein Lieblingskind, die Partei ihrer Mutter ergriff. Sicher ganz natürlich, aber Fred konnte fortan bloß noch daran denken, daß es mit seiner Adoptivtochter nie wieder so sein würde wie bisher, und das war für ihn der allerschlimmste Schlag.
    Die Nächte draußen auf dem Moped waren ganz schön eisig und ungemütlich, und deshalb lieh sich Fred von seiner Schwester einen ausrangierten Campingwagen etwa in der Größe einer Badewanne. Fred schleppte das Ding auf den Polizeiparkplatz und lebte dort einen Monat lang. Es war kalt in diesem Campingwagen, aber er konnte wenigstens alles, was er besaß, in ihm unterbringen. Das, allerdings, hätte er auch in einem halbwegs großen Rucksack gekonnt. Schließlich hatte Fred Gil genug Geld zusammengekratzt, um sich ein Apartment zu mieten. Es war ein Junggesellenapartment. Es bestand aus einem Schlafzimmer, der Küche und dem Bad. An den Wänden hing nicht ein einziges Bild. Es gab nicht eine einzige verhärmte Pflanze. Selbst in seinem Campingwagen hatte er eine einzige verhärmte Pflanze gehabt. Inzwischen stopfte Fred Gil große rote Tranquilizer in sich rein, die ihm ein befreundeter Arzt gegeben hatte, um die Angstanfälle in den Griff zu kriegen. Er mußte oft weinen, einsam, wie er war.
    Fred Gil schaute sich in seinem miesen kleinen Apartment um und gab, wie er sich erinnert, lediglich ein einziges Wort von sich: »Verflixt!«
    Dann nahm er seinen Dienstrevolver raus. Er dachte so intensiv darüber nach, daß seine Hände zu zittern begannen. Er dachte darüber nach, sich zu erschießen. Dann zitterte er am ganzen Körper. Fred Gil mußte aus dem Apartment rennen. Er mußte um sein Leben rennen.
    Für die anderen Cops war es ein Riesenspaß, als der arme alte Fred Gil in dem kleinen Campingwagen auf dem Polizeiparkplatz wohnte. Sie erfanden Unmengen von Scherzen, mit denen sie den alten Fred reinlegen konnten, und sie versäumten nie, auf die Hupe zu drücken oder auch mal die Sirene anzustellen, wenn er schlief und von den großen roten Pillen, die ihm der freundliche Quacksalber gegeben hatte, total behämmert war. Das Sirenengeheul ließ ihn immer gleich aufspringen, und er knallte dann auch immer mit dem Schädel gegen die Decke, die so niedrig war wie ein Sargdeckel. Die anderen Cops mußten schreien vor Lachen, wenn der alte Fred Gil in seinem zerlumpten Baumwollbademantel und auf Gummisandalen plitsch-platsch über den Parkplatz latschte, um in der Polizeiwache auf den Lokus zu gehen oder zu duschen.
    Aber alle meinten, es sei eben doch der allerschönste Anblick gewesen, wenn der alte Fred Gil auf seinem idiotischen Moped saß. Die anderen Cops fuhren diese heißen Maschinen und Sportwagen, die sie sich eigentlich gar nicht leisten konnten, oder Pickups mit frisierten Motoren, mit denen ein Jumbo-Jet fliegen konnte, und nun plötzlich tuckerte der stämmige alte Fred Gil put-put-put-put auf seinem Teenager-Moped die Straße runter. Sie krümmten sich förmlich vor Lachen, als ein Cop ihnen nahezu schreiend die Beobachtung mitteilte, der alte Fred Gil habe ausgesehen wie ein Affe, der's mit einem Football treibt!
    Vor lauter Gackern, Johlen, Grunzen und Schreien kippten die Cops fast aus den Stiefeln, denn dieser Vergleich stimmte genau! Der arme alte Fred Gil sah haargenau aus wie ein Affe, der einen Football bumst.
    Der April war ein sensationeller Monat für die Erinnerungsalben. Sie schafften es, daß im April sage und schreibe vierzehn Storys über sie geschrieben wurden. Die Verhältnisse an der Grenze wurden sogar lang und breit im U.S. News and World Report abgehandelt.
    Der April war kein sensationeller Monat für einen Gangster aus Colonia Libertad namens Esquivel, der sich offenbar einen Italowestern zuviel angeguckt hatte. Vor allem hatte er einen mit Clint Eastwood gesehen, in dem das heiße Blei und so manche kalte Leiche ungefähr fünf Minuten lang in Zeitlupe durch die Gegend fliegen. Esquivel hatte im Moment zwar keine richtige Kanone zur Verfügung, aber er kriegte ein Luftgewehr in die Finger, das genau wie ein M-1-Karabiner aussah, und darüber hinaus fand er einen bedrohlich

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