Die San-Diego-Mission
aussehenden schwarzen Poncho, der noch bedrohlicher aussah als der von Clint Eastwood. Und er suchte sich einen Gangsterkumpel, konsumierte mit ihm gemeinsam ein bißchen Dope, und dann entschlossen sie sich, mal den E-2-Canyon zu durchstreifen und zu gucken, wieviel Geld sie wohl machen konnten. Aber wieviel sie auch machten, es reichte nicht annähernd aus.
Das Ensemble und die Zweitbesetzung hatten an diesem Nachmittag noch keine Gelegenheit gehabt, sich aufzuteilen, als sie fast über eine ganze Meute illegaler Grenzgänger stolperten, die sich im Gebüsch des E-2-Canyons versteckt hatte, ungefähr hundert Meter nördlich der Grenzlinie. Sie waren insgesamt zu sechst: Manny Lopez, Eddie Cervantes und Tony Puente vom Ensemble sowie Ernie Salgado, Carlos Chacon und Renee Camacho von der Zweitbesetzung. Nur Joe Vasquez war nicht dabei, weil sowohl Robbie Hurt als auch Ken Kelly dienstfrei hatten und er in Reserve bleiben mußte.
Manny fragte die verschreckte Grenzgängerherde, worauf sie warteten, und sah statt einer Antwort, daß ein Mann weit entfernt auf der anderen Canyonseite aufstand und mit den Armen winkte. Es war eben noch so hell, daß man ihn erkennen konnte, und die sechzehn Grenzgänger sprangen hastig auf und rannten den Pfad runter auf den Grenzführer zu, der ihnen das Signal gegeben hatte.
Der Grenzführer, ein geschäftstüchtiger junger Bursche, war hoch erfreut, als er sah, daß sich sechs neue Pollos seiner Sechzehnergruppe angeschlossen hatten, und er verschwendete keine Zeit und fing sofort an, übers Geschäft zu reden. Er sagte, es tue ihm leid, daß er sie nicht bis Los Angeles mitnehmen könne, aber für vierzig Dollar pro Nase würde er sie bis zur Main Street in Chula Vista bringen.
Dann flüsterte Manny Lopez den übrigen Barfern zu, daß sie den Typ eigentlich zumindest als Betrüger festnageln könnten. Sie warteten, bis die Grenzgänger in die angegebene Richtung marschiert waren, und dann zeigten sie ihm ihre Dienstmarken und erklärten ihm, daß er an diesem Abend wohl doch nicht bis Chula Vista kommen würde.
Er zuckte die Achseln, weil es im Grunde keine große Sache war, einen oder zwei Tage in einem amerikanischen Gefängnis zu verbringen, das in dieser Gegend sowieso als der bequemste Ort weit und breit gelten konnte. Ein Grenzgängerpaar allerdings war bei seinem Führer geblieben, und weil sie, wie Manny Lopez sich sagen mußte, mitgekriegt haben konnten, daß es sich bei den Barfern um Cops handelte, mußte irgend etwas mit den beiden geschehen.
Sie gingen zurück zu Joe Vasquez, der in dem vierradangetriebenen Chevy Suburban saß und mächtig sauer war, weil er hier nur als Deckung fungieren, in totaler Frustration herumlungern und sich den gelegentlich ziemlich unheimlichen Lärm oder sogar Schüsse in den Canyons anhören mußte, ohne zu wissen, was los war. Nachdem er den betrügerischen Grenzführer übernommen hatte, zogen die anderen mit ihrem Grenzgängerpaar in Richtung Zollstation, um die beiden der Border Patrol zu übergeben.
Sobald die Barfer sie an die Kette genommen hatten und abgezockelt waren, fing Manny Lopez eine Unterhaltung mit ihnen an. Sie hatten vier Kinder, die in Mittelmexiko zurückgeblieben waren. Der Mann hatte ein hübsches, ehrliches Gesicht und schaute verstohlen von einem Cop zum anderen, um dahinterzukommen, warum die amerikanischen Bullen als Pollos verkleidet waren und worauf sie hinauswollten. Seine Frau wirkte schüchtern, dachte wahrscheinlich dauernd an ihre zurückgebliebenen Kinder und fragte sich, wie lange sie wohl brauchen würden, um genügend Geld zu verdienen und mit ausreichenden Ersparnissen zurückkehren zu können.
Während des Marsches erzählte der Mann Manny Lopez, daß er jeden Tag von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeiten müsse, wirklich sieben Tage pro Woche. Er war campesino, und so sahen auch seine Hände aus. Letztlich konnte er seine Neugier nicht mehr zügeln und fragte Manny Lopez: »Bitte, können Sie mir sagen, wie oft ein amerikanischer Polizeibeamter Lebensmittel einkauft?«
»Das erledigt meine Frau«, sagte Manny achselzuckend. »Sie macht alle zwei Wochen einen Großeinkauf, wenn ich mein Geld gekriegt habe.«
»Wieviel kosten denn diese Lebensmittel?« erkundigte sich der Mann.
Manny zuckte abermals die Achseln und sagte: »Das weiß ich nicht. Vielleicht zweihundert? Kann auch mehr sein. Ich weiß es echt nicht.«
»Dollar?« stieß der Mann hervor. »US-Dollar?«
»Ja, sicher,
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