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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Bachbett überall Mullkompressen, und Joe Castillo stöhnte: »Von Erster Hilfe verstehste ''n Dreck! Gib her! Nimm das Verbandspäckchen …«
    Aber plötzlich standen seine Finger im rechten Winkel von der Hand ab, ganz von selbst! Dann ballten sie sich zur Faust zusammen, ganz von selbst! Und er dachte, daß er jeden Moment losschreien müßte, und dann brüllte er wirklich los: »Es tut weh! Oooooh, es tut weh!«
    Der älteste Barfer hatte sich noch nicht gerührt. Weil es gar nicht möglich war. Der Körper des Gangsters lag quer über Fred Gils Beinen, und Freds Unterkörper war wie paralysiert. Fred Gil wollte überhaupt nicht sehen, wie schwer er getroffen worden war, aber er mußte zwangsläufig dauernd den Körper angucken, der quer auf ihm lag. Der Gangster war buchstäblich zerfetzt worden. Die Finger waren ihm weggerissen worden, und Fred Gil sah die glänzenden Knochenstümpfe. Knochenscherben, die im Mondlicht schimmerten. Abgesehen davon hatte der Gangster Schußverletzungen an der rechten Schulter, unten an der linken Brustseite, links seitlich am Rücken, oben an der Wirbelsäule, am linken Ellbogen und zwei in der rechten Schlüsselbeingegend. Er gab keinen Mucks von sich und starrte Fred Gil mit umwölkten Augen an.
    Im Gegensatz zu Joe Castillo hatte Fred Gil kaum Schmerzen. Er war wie betäubt. Er glaubte, daß sein Oberschenkel getroffen war, wollte aber gar nicht hingucken. Tatsächlich war er erheblich höher getroffen worden, an der Hüfte, wie sich herausstellte. Er fühlte sich nur ungewöhnlich schwach und redete redete redete. Er hatte keinerlei Vorstellung, über was er redete.
    Dann passierte eine Sache, die Fred Gil zutiefst verblüffte. Zuerst glaubte er, daß er langsam ins Koma gleiten würde und Halluzinationen hätte. Er sah, wie sich Carlos Chacon näherte. Nachdem er sich vergewissert hatte, daß Fred Gil nicht lebensgefährlich verletzt worden war, beugte er sich über den Gangster.
    Fred Gil sah im Mondschein den Gesichtsausdruck von Carlos Chacon, sah diesen gerade erst zweiundzwanzigjährigen Mann. Sah ihm in seine erstaunlich ausdrucksvollen Augen. Sah in die Augen eines Jungen mit einer Kindheit voller Gewalt und Träumen voller Gewalt.
    Carlos beugte sich über den blutigen, zerfetzten und zerschossenen Körper des Gangsters und fing an zu grinsen. Fred Gil konnte seine Augen nicht von Carlos abwenden. Dessen sehr weiße Schneidezähne schimmerten im Mondlicht. Carlos Chacon bewegte die Hand sehr langsam nach unten und piekste mit dem Finger in das blinde Auge des Gangsters. Mit immer noch wölfischem Grinsen stieß er den Augapfel ein zweitesmal mit der Spitze seines Zeigefingers an. Dann schaute er wie eine Figur von Bram Stoker zu Fred Gil auf und sagte: »Er ist tooooot!«
    Als Carlos sich aufrichtete und wegging, kam ein Gurgeln aus der Kehle des Gangsters, und ein bißchen Schaum rann aus seinem Mund. Da drehte Carlos sich nochmals um, anscheinend in der Annahme, es sei ein letztes Röcheln im Todeskampf, und sagte angewidert: »So ein Arschficker! Kann nicht mal sterben wie ''n Gangster!«
    Dann wurde es definitiv Zeit, schleunigst abzuhauen, weil immer mehr Menschen aus den Baracken von Colonia Libertad zusammenströmten und irgendwer wieder mal die alten Autoreifen auf den Berghängen in Brand steckte und ihnen auf die Köpfe rollen ließ.
    Manny Lopez kam an und schrie: »Barf Barf Barf!«, um nicht erschossen zu werden, als er ungestüm auf den Schauplatz der Tragödie rannte. Der Hubschrauber des Sheriffs schwebte ein, und die Rotoren machten WOP WOP WOP und wirbelten ihnen Staub und Dreck um die Ohren.
    Inzwischen hatte man den zweiten Gangster mit Handschellen gefesselt, und er lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Erdboden. Er hatte links am Hals einen Durchschuß, der aber keine schwere Verletzung verursacht hatte. Er hatte eine Beinverletzung, die die Barfer für recht interessant hielten. Ein Geschoß hatte ihn beim Davonrennen an der Schuhsohle getroffen und war dann das Bein hinaufgewandert und am Schienbein wieder ausgetreten.
    Er war außerdem ins andere Bein getroffen worden. Die Verletzung am Hals war durch eine Schrotkugel verursacht worden, und Manny Lopez, der so tollwütig dreinschaute wie einer der Hunde, die durch die Canyons strichen, leuchtete den Mann an und erkannte, daß die Schrotkugel noch im Fleisch des Halses steckte. Deshalb trat er ihm auf den Hals und sagte: »Du hast meine Jungs umgelegt, du Drecksack!«
    Während Manny auf

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