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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Beamtenfamilien sind, die Augäpfel der wohlhabenden Akademiker  – sie können sich nicht einmal mit meinem kleinen Zeh messen. Mein einziger Makel sind die großen Füße. Damit büße ich für den frühen Tod meiner Mutter, denn es gab niemanden, der sich darum kümmerte, sie mir durch Abbinden zu verkleinern. Das Thema raubt mir den Verstand! Doch mein Patenonkel sagt, er mag Frauen, deren Füße nicht gebunden sind, er sagt, ungebundene Füße hätten den Reiz der Natürlichkeit. Wenn er auf mir liegt, will er immer, daß ich ihm mit meinen Fersen auf den Hintern trommele. Und wenn ich es dann tue, ruft er mit lauter Stimme: »Große Füße sind keine Strafe, kleine Füße nur was für Schafe ...«
    Zu dieser Zeit hatte mein Vater in Dongbei einen Altar für Geister und Dämonen errichtet, damit sie ihm im Kampf gegen die Deutschen beistünden. Meinen Patenonkel machten die Taten meines Vaters die größten Sorgen. Es hatte siebenundzwanzig Tote gegeben, doch in Gaomi war noch alles ruhig. Das Blutbad von Dongbei schien die Leute in der kleinen Kreisstadt nichts anzugehen.
    Mein Patenonkel, Seine Exzellenz Qian, hatte auf dem Truppenexerzierplatz vor dem Südtor eine riesige Schaukel errichten lassen, die von fünf mächtigen Zypressenstämmen gehalten wurde. Um die Schaukel herum ließ er die jungen Frauen und Männer der ganzen Stadt zusammenkommen. Die jungen Frauen waren alle prächtig herausgeputzt, die jungen Männer trugen sorgfältig gekämmte Zöpfe. Die Luft war voll von Gelächter und Geplapper. Und inmitten des fröhlichen Treibens vernahm man die Rufe der Straßenhändler und Imbißverkäufer:
    »Bonbons  – Karamellen!
    Kürbiskerne  – Erdnüsse!«
    Ich faltete den Schirm aus Ölpapier zusammen und bahnte mir den Weg durch die Menge. Da erblickte ich das Fräulein Qi, von dem es hieß, es könne Gedichte und Romane schreiben, begleitet von zwei Dienerinnen. Sie war prachtvoll gekleidet, mit Perlen und Jadeschmuck im Haar, doch leider war sie mit einem langen, weißen Gesicht geboren worden, das an ein ausgedorrtes Salzfeld erinnerte; über den Augen hatte sie zwei strohige Haarbüschel, die ihre Augenbrauen vorstellten. Weiterhin erkannte ich das werte Töchterchen der Akademikerfamilie Ji, abgeschirmt von vier Dienerinnen. Angeblich war sie eine Expertin in ornamentaler Stickerei und verstand sich darauf, nicht nur die Zither und die Pipa, sondern überhaupt alle Instrumente vorzutragen. Doch leider hatte sie eine viel zu kleine Nase, kleine Augen und winzige Ohren, die an eine froschäugige kleine Hündin erinnerten. Dagegen erinnerten mich die Huren, die aus dem Rotlichtviertel zu einem Frühlingsausflug herausgekommen waren, an eine Affenhorde, wie sie kichernd und fröhlich miteinander herumalberten. Mit stolzgeschwellter Brust und erhobenen Hauptes ging ich weiter. Ein paar ungezogene junge Flegel starrten mich unverschämt an und musterten mich von oben bis unten und zurück. Sie glotzten mit offenen Mündern, die aussahen wie schwarze Höhlen, und der Speichel rann ihnen über das Kinn. Ich lächelte nur, während ich innerlich ziemlich aufgewühlt war. Reißt nur die Augen auf, Kinder, geht nach Hause und träumt eure lüsternen Träume! Heute habe ich einen guten Tag und lasse euch starren, soviel ihr wollt. Die Kinder blieben eine Weile mit tumben Gesichtern stehen, doch plötzlich kam Leben in sie, und sie begannen ohrenbetäubend und frech zu grölen: »Die Hundefleisch-Xishi, Königin von Gaomi! Seht her, welch ein Rosenteint, welch ein Schwanenhals, welch Gazellenbeine! Die obere Hälfte weckt Verlangen, aber wehe, wenn man die untere sieht! Nur ein perverser Lüstling wie Qian Ding hat etwas übrig für Göttinnen mit großen Füßen!«
    Hört bloß auf mit dem Unsinn, sonst pfeifen es gleich die Spatzen von den Dächern. Und wenn es der Verwaltung zu Ohren kommt, sperren sie euch ein und bringen euch ins Yamen, wo sie euch mit vierzig Stockschlägen den Hintern zu Hackfleisch machen.
    Egal, was ihr heute von euch gebt, ich werde mich nicht darüber aufregen. Was gebe ich auf euer Geschwätz, solange ich meinem Patenonkel gefalle? Ich bin hier, um zu schaukeln, und nicht, um mir euren Unsinn anzuhören. Ihr beleidigt mich, doch in euren Herzen verzehrt ihr euch danach, meinen Urin zu trinken!
    Das Schaukelbrett wurde losgemacht, und die großen, vom Nieselregen feuchten und glänzenden Hanfseile hingen herab, als warteten sie nur darauf, daß ich sie ergriff. Ich warf den

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