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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbie Taylor
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furchtbar? Hast du es schon im Radio gehört?«
    Noch bevor Dawn etwas sagen konnte, stand Will hinter ihr. Sie beide sahen den dunklen, gewundenen Gartenpfad und die kleine, gebrechliche Frau, die allein vor dem Haus stand.
    Dawn musste blitzschnell entscheiden.
    »Ich habe jetzt keine Zeit, Eileen.«
    »Aber …«
    »Auf Wiedersehen.«
    So unhöflich war sie noch nie zu der alten Nachbarin gewesen. Sie wollte gerade die Tür schließen, als sie feststellte, dass irgendetwas sie blockierte. Dawn senkte den Blick; Will hatte seinen Fuß in den Türrahmen gestellt.
    »Hallo, Eileen«, sagte er freundlich, »ich bin Will. Ein guter Freund von Dawn.«
    »Oh.« Der Anblick eines so großen Mannes schüchterte Eileen ein. »Eileen Warren. Ich wohne gegenüber.«
    »Was haben Sie da eben im Radio gehört?«, fragte Will.
    »Du liebe Güte. An der Clapham Junction hat es ein Zugunglück gegeben. Vor einer Stunde. Die Brücke ist auf die Straße gestürzt. Direkt vor der Klinik, Dawn!«
    »Das ist ja schrecklich.« Dawn spürte Wills Blick.
    »Zum Glück bist du heute Abend nicht im Dienst. Du hättest keine ruhige Minute gehabt.«
    »Eileen.« Dawns Stimme wurde vor Panik ganz schrill. »Ich habe jetzt wirklich keine Zeit.« Sie versuchte, die Tür zu schließen, aber Wills Fuß befand sich immer noch im Weg. Eileen sah verwundert zwischen ihnen hin und her. Dawn
versuchte, ihr ein Zeichen zu machen, zog die Augenbrauen zusammen und schielte schnell in Wills Richtung. Er ist verrückt. Hol Hilfe.
    Auf einmal runzelte auch Eileen die Stirn. Sie hatte verstanden, Gott sei Dank.
    Und dann sagte sie: »Was machst du da mit deinen Augen?«
    »Nichts. Gar nichts.« O Gott. Wenn Eileen etwas spitzkriegte, würde Will sie packen und ins Haus ziehen. Dawn konnte ihn förmlich denken hören; er war kurz davor, die Hand nach der alten Frau auszustrecken.
    Aus der Küche wehte ein vertrauter Duft herüber.
    »Der Kaffee!« Panisch drehte Dawn sich zu Will um. »Er ist fertig. Du solltest dir eine Tasse einschenken, bevor er kalt wird.«
    »Ich weiß nicht, wo die Tassen stehen.«
    »Und ich weiß nicht, ob du Zucker und Milch nimmst«, sagte Dawn in ihrer Verzweiflung.
    Sie wollte ihn zwingen, sie anzusehen, sie wollte ihn mit Blicken festhalten. Er schaute immer wieder zu Eileen. Allem Anschein nach hatte er noch keine Entscheidung getroffen.
    Dawn tat es für ihn.
    »Eileen, tut mir leid, aber es geht jetzt wirklich nicht. Bis bald.«
    Sie versuchte ein letztes Mal, die Tür zu schließen, aber es klappte nicht. Sie musste sie wohl oder übel offen stehen lassen und in die Küche laufen in der Hoffnung, dass Will ihr folgte und Eileen laufen ließ. Sicher würde er nicht riskieren, dass sie durch die Hintertür verschwand. Schon hörte sie seine Schritte im Flur. Gott sei Dank! Nun war wenigstens Eileen nicht mehr in Gefahr. Was hatte er als Nächstes vor? Würde er sich auf sie stürzen? Würde Eileen sich auf dem Heimweg über die seltsame Begegnung wundern und
Hilfe organisieren? Würde sie mit einem der Nachbarn zurückkommen? Ihr musste doch aufgefallen sein, wie seltsam Dawn sich benommen hatte. Weil Dawn nichts Besseres einfiel, goss sie den Kaffee in einen Becher.
    Will war ihr durch den Flur gefolgt, aber nun blieb er stehen.
    »Kommen Sie herein«, hörte Dawn ihn sagen. »Trinken Sie einen Kaffee mit uns.«
    Eileen war noch immer da.
    Nein, komm nicht rein , dachte Dawn. Komm nicht rein . Sie hätte sich nicht von der Haustür entfernen dürfen, bevor Eileen gegangen war. Der Kaffee schwappte über den Becherrand in die geöffnete Schublade, auf das Seidenpapier mit Millys Halsband. Auf das Wiederbelebungsset mit den Masken und Spritzen.
    Und über noch etwas.
    Alles schien sich zu verlangsamen. Es war wie damals im Café, als der Mann ihr den Jungen in die Arme gedrückt hatte; wie bei allen Notfällen im Krankenhaus, bei denen sie zugegen gewesen war. Alle unwichtigen Details verblassten, und sie musste nichts weiter tun, als sich auf das Wesentliche konzentrieren.
    Doras Schlaftabletten.
    Sie lagen ganz hinten in der Schublade. Dawn hatte sie nach dem Aufräumen des Wohnzimmers dort deponiert. Die Kapseln waren mit Pulver gefüllt und ließen sich auseinanderziehen. Und das war noch nicht alles. Dawn nahm das Wiederbelebungsset in Augenschein. Es beinhaltete sämtliche Medikamente, die man in Extremsituationen benötigte.
    Sogar eine Spritze mit Kaliumchlorid.
    Dawn drehte sich rasch zu Will um. Er stand immer noch im

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