Die Satanischen Verse
Leonardo-Zeichnung? War Mozart wirklich der Beelzebub mit gepuderter Perücke?) Allerdings, und das war sein eigentliches Argument, musste man einräumen, dass die Zeitläufte keine diabolischen Erklärungen erforderten.
Ich sage nichts. Bitten Sie mich nicht, die Dinge auf die eine oder andere Weise zu erklären; die Zeit der Offenbarungen ist lang vorbei. Die Regeln der Schöpfung sind ziemlich klar: man richtet die Dinge ein, man macht sie so und so, und dann lässt man sie laufen. Wo bleibt der Spaß, wenn man immerzu eingreift und Fingerzeige gibt, die Regeln ändert, die Kämpfe ansetzt? Bis jetzt hatte ich mich ganz gut im Griff, und ich habe nicht vor, nun alles zu verderben. Glauben Sie nicht, ich hätte mich nicht einmischen wollen; ich wollte, oft. Und einmal, zugegeben, habe ich es auch getan. Ich saß auf Alleluja Cones Bett und sprach mit Gibril, dem Superstar. Ooparvala oder Neechayvala, wollte er wissen, und ich habe ihn nicht aufgeklärt; ebenso wenig habe ich die Absicht, diesem verwirrten Chamcha etwas einzuflüstern. Ich gehe jetzt. Der Mann legt sich gleich schlafen.
Sein wiedererstandener, kaum flügger, noch immer fehlbarer Optimismus war am schwersten nachts aufrechtzuhalten; denn nachts war jene Anderwelt der Hörner und Hufe nicht so leicht zu negieren. Dann waren da auch noch die zwei Frauen, die seit einiger Zeit in seinen Träumen spukten. Die erste - es war schwer, dies einzugestehen, sogar sich selbst gegenüber - war keine andere als die Kindfrau aus dem Shaandaar, seine loyale Verbündete in jener alptraumhaften Zeit, die er jetzt mit aller Macht hinter Banalitäten und Nebeln zu verbergen suchte, die Aficionada des Kampfsports, Hanif Johnsons Geliebte, Mishal Sufyan.
Die zweite - die er in Bombay, das Messer seiner Abreise in ihrem Herzen, verlassen hatte und die ihn noch immer für tot halten musste - war Zeeny Vakil.
Die Schreckhaftigkeit, mit der Jumpy reagierte, als er erfuhr, dass Saladin Chamcha in Menschengestalt zurückgekehrt war, um die oberen Stockwerke des Hauses in Notting Hill wieder zu bewohnen, war kaum mitanz usehen und erboste Pamela mehr, als sie sagen konnte. In der ersten Nacht - sie hatte beschlossen, es ihm erst zu sagen, wenn sie im Bett lagen - sprang er auf die Nachricht hin mit einem Satz gut einen Meter aus dem Bett und stand da auf dem hellblauen Teppich, splitternackt und zitternd, den Daumen im Mund.
»Sei nicht albern und komm sofort wieder her«, befahl sie, er aber schüttelte wild den Kopf und zog den Daumen gerade so weit heraus, dass er stammeln konnte: »Aber wenn er hier ist! In diesem Haus! Wie kann ich dann…?« Woraufhin er seine Sachen zu einem Bündel zusammenraffte und aus dem Zimmer floh; sie hörte ein Poltern und Krachen, was vermuten ließ, dass seine Schuhe, möglicherweise zusammen mit ihm, die Treppe hinuntergefallen waren. »Sehr gut«, kreischte sie ihm nach.
»Brich dir nur den Hals, du Angsthase.«
Wenige Augenblicke später allerdings bekam Saladin Besuch von der rotgesichtigen Gestalt seiner entfremdeten und nackt-häuptigen Frau, die durch zusammengebissene Zähne hervorpress te : »J.J. steht unten auf der Straße. Der blöde Idiot sagt, er kann erst wieder hereinkommen, wenn du sagst, dass du nichts dagegen hast.« Wie gewöhnlich hatte sie getrunken.
Chamcha, der äußerst verblüfft war, platzte mehr oder weniger heraus: »Und du, willst du, dass er wieder hereinkommt?« Was Pamela als seine Art, Salz in die Wunde zu reiben, interpretierte. Sie nickte, um eine weitere Schattierung röter, in gedemütigter Wildheit. Ja.
So kam es, dass Saladin Chamcha in seiner ersten Nacht zu Hause nach draußen ging - »He, Hombre! Siehst wirklich gut aus!« Jumpy begrüßte ihn in blankem Entsetzen, tat, als wolle er ihm die Hand geben, um seine Furcht zu verbergen - und den Liebhaber seiner Frau überredete, das Bett mit ihr zu teilen. Dann zog er sich wieder nach oben zurück, weil Jumpys Verlegenheit es diesem nicht gestattete, das Haus zu betreten, solange Chamcha noch zu sehen war.
»Welch ein Mann!« heulte Jumpy Pamela vor. »Er ist ein Fürst, ein Heiliger!«
»Wenn du nicht damit aufhörst«, warnte Pamela Chamcha ihn, einem Schlaganfall nahe, »hetze ich den verdammten Hund auf dich.«
Jumpy fand Chamchas Anwesenheit weiterhin irritierend. Er stellte ihn sich (darauf jedenfalls ließ sein Verhalten schließen) als einen bedrohlichen Schatten vor, der ständig beschwichtigt werden musste . Bereitete er
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