Die Satanswelt
Schnarchton noch hörte. Er setzte sich auf. In der Kabine war es dunkel. Nur die Belüftungsanlage wisperte. Dann wiederholte die mechanische Stimme: »Eingangssignal empfangen.«
»Verflucht und zugenäht, ich hab’s ja gehört!« Er schwang die Beine aus dem Bett. Das Deck war eiskalt. Die Leuchtziffern seiner Uhr verrieten ihm, daß er noch keine sechs Stunden geschlafen hatte. Das hieß, daß seit Abbruch der Konferenz insgesamt zwanzig Stunden vergangen waren. Wenn man die Schimpfkanonaden überhaupt so bezeichnen konnte. – Was stimmte eigentlich mit diesen Bullen nicht? Eine hochentwickelte Technik, die Raumschiffe und ausgezeichnete Roboter hervorbrachte, setzte doch gewisse Fähigkeiten voraus – ein Minimum an Diplomatie und Selbstbeherrschung. Van Rijn eilte mit wehendem Nachthemd durch den Korridor.
Er hatte kaum die Brücke erreicht, als der Komputer mit seinem Bericht begann: »Vor etwa zwei Stunden kam aus der Circinus-Gegend ein weiteres Raumschiff. Es schlägt jetzt eine Umlaufbahn ein, steht aber schon seit längerer Zeit in Funkkontakt mit den Shenna.«
»Sei still und verbinde mich!« polterte van Rijn.
Der Bildschirm erwachte zu Leben. Thea Beidaniel stand allein in dem riesigen, grell erleuchteten Konferenzraum. Er hatte sie noch nie so außer sich gesehen. Dunkle Ränder zeichneten sich unter ihren Augen ab, und ihr Mund wirkte verzerrt.
»Sie müssen fort!« Auch ihre Stimme erkannte er kaum wieder. »Fliehen Sie! Die anderen sprechen mit Gahood und haben nicht daran gedacht, Ihr Schiff durch Roboter bewachen zu lassen. Vielleicht gewinnen Sie genug Vorsprung, um ihnen zu entwischen – aber wenn Sie hierbleiben, ist es Ihr Tod.«
Er stand unbewegt da. »Bitte, erklären Sie mir das genauer!«
»Gahood. Er kam – allein. Hugh Latimer ist tot oder … Ich schlafe vor der Kabine meines Gebieters Moath. Plötzlich bat ihn Thellan, auf die Brücke zu kommen. Er sagte, Gahood sei zurückgekehrt, Gahood, der den Riesenstern aufsuchte, in dessen Nachbarschaft sich die Eiswelt befindet. Irgend etwas muß sich ereignet haben.« Ihre Finger verkrampften sich. »Mehr weiß ich nicht, Nicholas. Moath verpflichtete mich nicht zum Schweigen. Ich – ich würde ihn nie betrügen – nie! Aber was kann es schaden, wenn Sie am Leben bleiben? Ich spürte, wie sich seine Wut steigerte, ich hörte ihn toben. Was auch vorgefallen sein mag, er wird versuchen, sich an Ihnen zu rächen. Fliehen Sie!«
Immer noch rührte sich van Rijn nicht von der Stelle. Er schwieg, bis sie ihre Beherrschung einigermaßen wiedergefunden hatte. Sie zitterte, und ihr Atem ging stoßweise, aber sie betrachtete ihn gefaßt. Schließlich fragte er: »Werden sie ganz sicher töten Adzel und mich? Okay, sie sind wütend und wollen kein Palaver mehr. Aber wäre doch viel schlauer, uns mitzunehmen nach Dathyna! Wir haben Informationen – sind wertvolle Geiseln.«
»Sie begreifen nicht. Man würde Sie nie mehr freilassen! Man würde Sie mit Drogen behandeln, um Ihnen Ihr Wissen zu entreißen, vielleicht sogar foltern. Und ich wäre gezwungen, meinen Gebietern zu helfen. Am Ende, wenn Sie keinen Wert mehr besitzen …«
»Sie ziehen mir eins über. Ja, ist klar. Aber Old Nick hat verdammt harte Birne.« Van Rijn beugte sich vor und stützte sich leicht auf eine Stuhllehne. Er sah ihr in die Augen. »Thea, vielleicht entkommen wir, wenn wir fliehen, vielleicht nicht. Groß sind die Chancen nicht. Zumindest ihre Zerstörer sind sehr schnell. Aber wenn sie uns bringen nach Dathyna, ist vielleicht ein Gespräch möglich. Irgendwann verraucht jede Wut. Thea, könnten Sie dafür sorgen, daß man uns nicht tötet, sondern nimmt gefangen?«
»Ich, also ich …«
»War lieb von Ihnen, mich zu warnen, Thea. Ich weiß, was das hat bedeutet für Sie. Sie haben sich gebracht in große Gefahr. Warum sprechen Sie nicht mit Moath? Sagen Sie ihm, daß wir sind unbewacht und er uns soll festhalten, damit wir nicht fliehen. Glauben Sie, daß er hört auf Sie?«
Sie nickte schwach.
»Okay, dann ab mit Ihnen!« Er verabschiedete sich mit einer Kußhand. Der Bildschirm verdunkelte sich. Er machte sich auf die Suche nach einer Flasche und Adzel – in dieser Reihenfolge. Aber zuvor verbrachte er noch ein paar Minuten mit St. Dismas.
21
Von dem namenlosen Planeten benötigten sie bis nach Dathyna eine knappe Woche. Das Gefangenenschiff hatte Mühe, das Tempo der Flotte einzuhalten.
Unterwegs wurden sie in unregelmäßigen Abständen
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