Die Satanswelt
Ihr seid nicht gekommen von einem Kolonistenschiff, habe ich recht?«
Das Blut wich aus ihren Wangen. »Gute Nacht!« keuchte sie und lief in ihre Kabine. Er hätte sie anschreien können, und sie wäre geblieben; er wußte jetzt, daß sie den Reflex des bedingungslosen Gehorsams nicht abgelegt hatte. Aber er hielt sich zurück. Ein Verhör würde sie nur zur Hysterie treiben.
Später suchte er Adzel in seiner Kabine auf. »Ich habe ihr entlockt ein paar Dinge – nichts Konkretes, aber vielleicht hilft es uns trotzdem weiter.« Sein Schnurrbart sträubte sich. »Ein grauenhaftes Volk …«
»Was haben Sie erfahren?« fragte der Wodenit ruhig.
»Offensichtlich machten die Shenna Sklaven aus Menschen, die sie als kleine Kinder zu sich nahmen.«
»Und woher hatten sie diese Kinder?«
»Ist nur eine Vermutung von mir, könnte aber nahekommen der Wahrheit. Sieh mal – irgendwo in der Gegend unserer Zielkoordinaten muß liegen der Wirkungsbereich der Shenna. Okay? Nun, zufällig weiß ich, daß vor etwa fünfzig Jahren der Versuch unternommen wurde, zu gründen eine Kolonie da draußen. War eine dieser verrückten Gruppen, die nachliefen dem Paradies. Nun, da gab es eine Sonne vom G-Typ, mit einem ordentlichen Planeten namens Leandra. Sie ließen sich dort nieder und besuchten einmal im Jahr Ifri oder Llynathawr, um einzukaufen das Nötigste. Dann kam lange Zeit niemand mehr, und man sah nach auf Leandra. Der Planet war verlassen und das einzige Dorf verbrannt – aber das Raumschiff fehlte. Gab damals ein großes Rätselraten. Ich weiß das, weil ich mich zufällig befand auf Ifri.«
»Dachte man an einen Überfall?«
»Sicher. Aber warum sollten Piraten berauben ein so winziges Dorf? Die meisten glaubten, die Leandrer hätten verloren ihre Habe bei dem Brand und seien aufgebrochen, um Hilfe zu holen. Ist inzwischen längst vergessen, die Sache, und ich glaube nicht, daß Leandra wieder wurde besiedelt. Gibt nähere Welten.« Van Rijn starrte sein Glas an, als sei es der Erzfeind. »Heute denke ich, daß die Shenna damit zu tun hatten. Landeten vielleicht als ganz harmlose Forscher, die eben die Raumfahrt erfunden hatten. Dann, als sie Einzelheiten erfuhren über unsere Zivilisation, sie beschlossen zu entführen die ganze Gruppe.«
»Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen«, meinte Adzel leise. »Sie ermordeten die älteren Gefangenen und ließen nur die kleinen Kinder am Leben, die noch keine Erinnerung an ihre Familien hatten.«
Van Rijn nickte. »Ich kann Thea Beidaniel nicht nach ihren Eltern fragen. Sie ahnt etwas, wagt es aber nicht, darüber nachzudenken. Denn sie ist aufgewachsen in dem festen Glauben, ein Geschöpf der Shenna zu sein. Eine Kreatur, besser gesagt; sie scheint zu sein der persönliche Besitz von diesen Leuten.« Seine Hand umschloß das Glas und schleuderte es quer über das Deck.
20
Der Ort der Zusammenkunft war in den Sternkatalogen verzeichnet. Als van Rijn die Koordinaten in den Schiffskomputer speiste, erhielt er die Auskunft, daß man das System vor etwa hundert Jahren bereits flüchtig untersucht hatte. Es enthielt sieben Planeten – sieben Welten mit ihren Monden, auf dreien davon Leben und eine Rasse, die eben anfing, Steine als Werkzeug zu benutzen. Man kannte unzählige Systeme dieser Art.
»Diese Auskünfte hätten Sie auch von mir bekommen können«, sagte Thea.
»Wie?« Van Rijn merkte jetzt erst, daß sie die Brücke betreten hatte.
Ihr Lächeln war schüchtern und ungeübt. »Wir mußten natürlich einen Platz wählen, der Ihnen keine Aufschlüsse über die Heimat der Shenna geben würde.«
»Hm-hm.« Van Rijn zupfte an seinem Spitzbart. »Ich bin zwar kein Un-Gentleman, aber haben Sie niemals befürchtet, daß ich Ihnen könnte gewaltsam entreißen die Koordinaten von Dathyna?«
»Nein, denn ich kenne sie nicht. Nur die Männer, Latimer und Kim, erfuhren sie, und sie würden eher sterben, als diese Information preisgeben.« Ihr Blick ruhte auf den Sternen. »Eines kann ich Ihnen verraten – Sie werden es ohnehin seit einiger Zeit vermuten: Die Konstellationen kommen mir allmählich vertraut vor.« Sie streckte in einer unbewußten Geste der Sehnsucht die Arme aus. »Die Shenna werden mich heimholen. Vielleicht erwartet mich Moath selbst. Eyar wathiya grazzan tolya … «
Van Rijn sagte langsam in ihre Verzückung hinein: »Und wenn sie nicht kommen? Was machen Sie dann?«
Sie holte tief Atem. Einen Moment lang stand sie einsam und verloren da. Dann
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