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Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Titel: Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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vorwurfsvoll anzustarren.«
    »Hast du diese … McGlone getötet und ihre Leiche in den Lagan geworfen?« Naomis tonlose Stimme hörte sich an wie Eis, das eine Glasplatte herabrutscht.
    »Was? Ich fasse es nicht, dass du mich das allen Ernstes fragst. Wie kannst du nur glauben, dass ich zu so etwas fähig wäre?«
    »Wie? In den letzten Monaten hast du immer wieder im Schlaf gesprochen, während du dich im Bett herumgewälzt hast …«
    »Gesprochen? Was … was denn gesprochen?«
    Naomis Gesicht wurde rot.
    »Du … du redest immerzu von den beiden Polizisten, die vor ein paar Monaten ermordet wurden. Von diesem Bulldog …«
    Karls Herz schlug einen Takt schneller.
    »Was … was habe ich gesagt?«
    »Du murmelst immer vor dich hin.«
    »Verarsch mich nicht. Was zum Teufel habe ich gesagt?« Die Frage kam schroffer heraus, als er beabsichtigt hatte.
    Plötzlich sah Naomi verängstigt aus. »Du … du hast gesagt, du bist froh, dass du sie getötet hast – alle beide.«
    Karl fühlte sich, als hätte ihm gerade jemand mit einem Brecheisen den Schädel eingeschlagen. Das Zimmer geriet in Bewegung. »Ich … ich …« Er wandte sich von Naomi ab, da er ihren Blick nicht mehr ertrug.
    »Karl«, sagte Naomi leise flüsternd.
    »Was?«
    »Manchmal …« Ihre Stimme versagte.
    »Was, Naomi, was?«
    »Manchmal müssen gute Menschen etwas Böses tun«, sagte Naomi, dann drehte sie sich schweigend um und verließ das Zimmer.

Kapitel Neunundzwanzig
    »Meredith, wir sind drin!«
    Fred Kitchen, The Bailiff
    »Und du hat sie einfach so
verloren
?«, fragte Willie misstrauisch und sah Karl an, der verzweifelt nach einem unverdächtigen Parkplatz suchte. »Wie kann man denn einfach so eine Waffe verlieren?«
    »Eben einfach so. Ich habe sie einfach so verloren. Ich bin ein einfacher Mensch«, entgegnete Karl und hielt unvermittelt vor einem geschlossenen Café.
Oh, ich habe sie in einer alten Kirche verloren, wo ich mit Jesus plauderte, und wahrscheinlich wurde eine Frau damit ermordet.
    »Also, ich besorg dir keine neue, wenn du so achtlos mit deinen Sachen umgehst.«
    »Du hast ja recht, Willie. Ich hätte besser aufpassen sollen. Irgendwie mache ich es wieder gut.«
    »Hoffentlich war es nicht wegen einer Pferdewette«, antwortete Willie brummig.
    »Ich lasse mir was Nettes für Isabel einfallen, okay? Und jetzt mach schon. Wir müssen zu Potte kommen, bevor es hell wird.«
    Ein wachsfarbener Mond, der mit dem Kinn auf den schartigen Dächern ruhte, ließ unheimliche, schwarze Schemen über die Fassaden wandern, als Karl und Willie das Gelände betraten. Vereinzelte Straßenlaternen warfen lange Schatten. Die leere Straße, Handzettel, die vorbeigeweht wurden, und die völlige Einsamkeit – nicht einmal das geisterhafte Spiegelbild eines Besuchers in dem schummerigen Nachtklub am Ende der Straße – sorgten in ihrem Zusammenspiel für ein merkwürdiges Gefühl von Verlassenheit und Verlust. Nur im großen Vertriebszentrum der Royal Mail herrschte so etwas wie Betriebsamkeit.
    »Nicht gerade viel los, was?«, sagte Willie mehr zu sich selbst als zu Karl.
    »Es ist fast drei Uhr morgens. Was hast du erwartet?«, konterte Karl und zeigte plötzlich auf ein heruntergekommenes Gebäude. »Das ist es.«
    »Sieht aus, als würde es jeden Moment einstürzen.«
    »Mal den Teufel nicht an die Wand.«
    »Und du weißt nicht, wofür dieses Gebäude genutzt wird?«
    »Nee. Keine Ahnung. Nur dass Mister Bob Hannah öfter gesehen wurde, wie er herauskam. Könnte eine Lagerhalle sein, vielleicht sogar sein Zuhause.«
    Karls erster Eindruck von dem Gebäude verstärkte das Unbehagen noch, das er auf dieser schmalen Kopfsteinpflasterstraße zwischen den Skeletten halb verfallener Geschäfte und Büros empfand. Unter dem Mantel der Nacht erweckte das hässliche Bauwerk den beängstigenden Eindruck eines riesigen Phönix aus Beton, der aus dem Boden hervorbrach, mit vergitterten Fenstern und einschüchternden Metalltüren verstärkt. Nur das Mansardendach verlieh ihm einen Anstrich von Form. Am Ablaufrohr hatte sich eine geronnene Wucherung von Rost gebildet und verlief streifenförmig daran herab.
    »Komm. Gehen wir zur Rückseite, mal sehen, ob wir da reinkommen«, sagte Karl. »Hier vorne stehen wir auf dem Präsentierteller.«
    Der Mangel an angemessener Beleuchtung machte die graue Nacht noch gefährlicher; Karl und Willie kamen nur mühsam voran und stolperten immer wieder über den Schutt und die Holzabfälle einer nahe

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