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Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)

Titel: Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Millar
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des Gebäudes war es so dunkel wie in einem Tunnel um Mitternacht. Willie holte eine weitere Taschenlampe aus dem Beutel – diesmal eine recht große –, ließ den Lichtkegel schweifen und begriff.
    »Mein Gott«, staunte Willie. »Das ist … ein Kino.«
    Karl hatte es die Sprache verschlagen; er betrachtete staunend, was das Licht der Taschenlampe offenbarte.
    Das Kino war in verschiedenen Schattierungen von Kardinalsfarben gehalten, für die offenbar kirchliche Gewänder Pate gestanden hatten: Karminrot, Königsblau, Amethyst, Gold und Silber. Große Türen aus Mahagoni und Messing, mit Fresken und Skulpturen geschmückt, die verschiedene Schauspieler aus der Stummfilm-Ära zeigten. Gerahmte Filmplakate. Klassiker wie F.W. Murnaus
Phantom
, Joe Mays
Asphalt
, Clarence Browns
Es war
, G.W. Papsts
Die freudlose Gasse
, und dazwischen Kontroverseres: Richard Oswalds
Anders als die Andern
, Carl Theodor Dreyers
Michael
und William Dieterles
Geschlecht in Fesseln
.
    In einem separaten Alkoven prangte ein Plakat, das den berühmten Belfaster Schauspieler Stephen Boyd zeigte, wie er sich mit Charlton Heston in
Ben Hur
das berühmte Wagenrennen lieferte.
    »Boyd hat als Junge in dieser Straße gearbeitet«, sagte Karl und nahm Willie die schwere Taschenlampe ab. »Von der Tomb Street zur Easy Street. Toller Karrieresprung, was?«
    »Erinnert dich das nicht auch an die Samstagnachmittage, als wir uns die Ärsche platt gesessen und Cowboy-Filme angesehen haben?«, fragte Willie lächelnd.
    »Nicht in dem heruntergekommenen Loch in Duncairn Gardens, das liebevoll Donkey genannt wurde«, antwortete Karl, den die Wehmut überkam, die Sehnsucht nach einer Unschuld, die unwiederbringlich verloren war; eine vage Erinnerung, die sich plötzlich unterschwellig und majestätisch in den Vordergrund drängte. »Das hier ist fast wie das Moulin Rouge.«
    Die Sitzreihen erwiesen sich als gleichermaßen aufwendig und prachtvoll; über ihnen ragte ein geschwungener Balkon in den Raum. Dann lief Karl ein kalter Schauer über den Rücken: Auf den Sitzen saßen bizarre lebensechte Puppen in Kleidung, die eines Romans von F. Scott Fitzgerald würdig gewesen wären, und alle richteten die leeren Blicke auf die stumme Leinwand direkt vor ihnen.
    »Jetzt fehlt nur noch Mrs Fazackalee, die inbrünstig einen Stummfilm am Klavier begleitet«, sagte Willie lächelnd.
    »Wer?«
    »Die alte Dame, die Margaret Rutherford in dem Peter-Sellers-Klassiker
Die kleinste Schau der Welt
spielt.«
    »Komm. Gehen wir zur Treppe«, sagte Karl, dem plötzlich bewusst wurde, dass ihnen die Zeit davonlief. »Da oben scheint ein Büro zu sein.«
    Kurz darauf standen die beiden Männer vor einem Kabuff, dessen Metalltür dreifach abgeschlossen war.
    Willie gab ein irres Lachen von sich. »
Drei?
Das ist ja wohl nicht wahr!«
    »Knie dich rein.«
    »Wonach
genau
suchen wir eigentlich?«, fragte Willie, der einen kleinen Dietrich in eines der Schlösser einführte.
    »Weiß ich selbst nicht so genau. Etwas. Irgendwas. Wenn man nicht weiß, wonach man sucht, hilft einem das manchmal, etwas zu finden, womit man gar nicht gerechnet hat. Hoffentlich etwas Belastendes gegen ein fieses Palindrom namens Hannah.«
    Willie brauchte zehn Minuten, bis er das erste Schloss geknackt hatte, und sechs weitere für die nächsten beiden.
    Sie traten hastig ein; Karl schloss die Tür hinter ihnen.
    Das Büro war übersät mit Dokumenten, Büchern und einem Durcheinander von Krimskrams. Eine Sammlung von Schlüsseln an Ringen, die an einem Nagel hingen. In einer Ecke stand ein Fotokopierer unter Neonröhren an quietschenden Ketten, die aussahen, als würden sie jeden Moment brechen. Ein solider Mahagonischreibtisch beherrschte den Raum, darauf eine winzige Lampe und eine Rolodex.
    »Das sieht aus wie zurechtgefeilte Universalschlüssel«, sagte Willie, der die Schlüsselringe betrachtete. Er nahm ein Set vom Nagel, betrachtete es und nickte. »Tatsächlich.«
    »Ich dachte, das gäb’s nur in Filmen.«
    »Nein. Der hier, zum Beispiel? Ein Kingston U 90 . Den benutzen Polizisten und Militärs, um Gefangene einzuschließen und …«
    »Polizisten und Militärs?«
    »So müssen sie nicht mit einer Tonne Metall in den Hosentaschen rumlaufen. Hab ich dich auf was gebracht? Deine Augen leuchten plötzlich so.«
    »Ich weiß nicht. Ich denke nur nach.«
    Karl durchsuchte ein paar Schubladen. Briefmarken und Briefpapier. Er roch die Späne gespitzter Bleistifte und trockene Tinte. Der

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