Die satten Toten: Ein Fall für Karl Kane (Band 2) (German Edition)
wirkte schrecklich hilflos und verloren, und plötzlich überkamen ihn Schuldgefühle und der Gedanke
Hätte ich doch nur
…
Wilson drückte eine Taste auf der Fernbedienung und fror das Standbild ein. »Hier verlieren wir sie, in der Academy Street, weil einige Kameras in der Gegend mutwillig zerstört wurden und nicht mehr funktionieren. Die Überwachungskameras der University of Ulster haben sie dann wieder aufgezeichnet, diesmal in Richtung Fredrick Street, dann verschwindet sie endgültig.«
»O Gott«, flüsterte Lynne. »Du … du musst etwas unternehmen, Mark. Bitte.«
»Wir arbeiten sieben Tage die Woche rund um die Uhr an Katies Verschwinden …«
»Entführung«, unterbrach ihn Karl. »Sie ist nicht verschwunden, weil ein Magier sie weggezaubert hat. Sie wurde
entführt
.«
»Ich setze alle Hebel in Bewegung«, fuhr Wilson fort, als hätte er Karl gar nicht gehört. »Vier Detectives arbeiten an dem Fall, drei davon aus anderen Revieren.«
»Ich hoffe, Grinsegesicht Chambers gehört nicht dazu«, sagte Karl.
»Gut! Das reicht!«, sagte Wilson, dessen Gesicht rot anlief. »Ich lasse mich hier doch nicht lächerlich machen von einem …«
»Mark, wage es ja nicht!«, rief Lynne und wandte sich an Karl. »Was ist nur los mit dir, Karl? Kannst du nicht ein Mal die Klappe halten und zuhören?«
»Er redet Blödsinn!«, fauchte Karl. »Frag ihn, warum sie nicht das Anwesen des Hauptverdächtigen Bob Hannah durchsucht haben, obwohl ihnen ein Hinweis aus der Bevölkerung vorliegt.«
Plötzlich herrschte Schweigen im Raum. Alle Blicke richteten sich auf Wilson, dem unwohl zu sein schien.
»Und, Mark?«, fragte Lynne, die als Erste wieder Worte fand. »Stimmt es, was Karl gerade gesagt hat?«
Wilson biss sich auf die Unterlippe, ehe er antwortete. »Bob Hannah ist Geschäftsmann und Multimillionär. Er spendet für zahlreiche wohltätige Organisationen …«
»Und wie viele davon sind wohltätige
Polizei
organisationen?«, fragte Karl.
»Er spendet für zahlreiche wohltätige Organisationen«, fuhr Wilson fort, »und gehört nicht zu den Leuten, deren Häuser man durchsucht, nur weil ein
anonymer
Hinweis von jemand aus der Bevölkerung eingeht, der vermutlich irgendeine Rechnung mit ihm offen hat, ohne handfeste Beweise. Einer meiner Männer kam damit zu mir. Ich habe ihm gesagt, dass er den Anruf vergessen kann.«
»Du Dreckskerl«, sagte Karl.
»Du warst der Anrufer, oder nicht?«, warf Wilson ihm vor. »Hast wohl kein großes Vertrauen in deine Informationen, wenn du sie anonym durchgeben musstest.«
»Hört auf, alle beide!«, rief Lynne. »Herrgott noch mal, hört einfach auf!«
»Du bist verdammt gut darin, ihn in Schutz zu nehmen«, beharrte Karl. »Wie die Wissenschaft uns lehrt, sind Serienkiller meist intelligent, haben in ihrer Kindheit ein schweres emotionales Trauma erlitten, überwiegend sexuellen Missbrauch, und sind als Einzelgänger aufwachsen. Das passt auf Hannah wie die Faust aufs Auge.«
»Schweres emotionales Trauma? Du meinst, dass seine Mutter getötet wurde, als er noch ein Kind war?«, konterte Wilson hämisch. »Was ist dann mit dir, Kane?«
»Mark! Wie kannst du es
wagen
, so mit Karl zu reden?«, sagte Lynne jetzt kalt und gefasst und beugte sich zu ihrem Bruder. »Du entschuldigst dich
sofort
bei Karl.«
»Schon gut, Lynne«, sagte Karl, der sich zwang, ruhig zu bleiben. »Davon lasse ich mich nicht ablenken. Es ist allerdings höchste Zeit, dass Mark endlich den Arsch hochkriegt.«
»Gib mir Beweise, statt mich zu beleidigen, Karl. Das ist doch das Einzige, was du zustande bringst.«
»Beweise? Du willst Beweise?«, fragte Karl mit anschwellender Stimme. »Er hat Ivana ermordet, weil er Angst hatte, sie könnte seine Vergangenheit ans Licht bringen.«
»Das ist Bockmist. Wir haben den Mörder in Gewahrsam. Und die Beweislast gegen ihn wird von Tag zu Tag erdrückender.«
»Vincent Harrison?
Das
ist Bockmist! Er ist doch nur der Sündenbock für die Unfähigkeit der Polizei.«
»Hast du gegenteilige Beweise?«, fragte Wilson höhnisch. »Dann raus damit.«
»Wusstest du, dass Hannah seine Mutter ermordet hat?«
»Das ist doch jetzt der allergrößte Bockmist! Es war ein Unfall während eines Jagdausflugs, als er noch ein Kind war.«
»Ivana war dabei.«
»Du hast ja wirklich eine blühende Fantasie. Wie gut, dass Ivana tot ist, da kannst du ja erzählen, was du willst.«
»Der Polizei passt es gut in den Kram, dass Ivana ermordet wurde,
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