Die Sau und der Mörder
Beweggründe, den Fall so abzuschließen,
aber es gibt keine Organgangster, die dir nach dem Leben trachten .«
»Ich habe sie
mit eigenen Augen beobachtet .«
»Wie sie
Organe gestohlen haben ?« Kalt, kälter, Müller.
Ich
beschloss, mit offenen Karten zu spielen, bevor ich hier noch erfror: »Dein
Bruder ist in die Geschäfte verwickelt .«
»Ich weiß. Du
hast eine Menge herausgefunden und viel Staub aufgewirbelt, kurzum: Du bist ein
verdammt guter Schnüffler. Dieser Tatsache allein hast du zu verdanken, dass
ich dich leben lasse .«
21
G eschockt sackte ich in die Polster.
Das war einfach zu viel. Ich winkte die Kellnerin herbei und bestellte einen
dreifachen Whiskey. Während der Wartezeit verfolgten wir schweigend das
Flackern der Flamme.
Als ich den
ersten Schluck des Malzwassers in meinem Körper verstaut hatte, setzten sich
Müllers Lippen in Bewegung: »Momentan habe ich nur ein Ziel, nämlich den Mörder
meiner besten Freundin zu finden. Wie dir mittlerweile aufgegangen sein dürfte,
bin ich der Kopf einer Organisation, die diverse illegale Geschäfte tätigt.
Organhandel zählt aber nicht dazu .«
»Und die
Sache im Dülmener Hospital ?« , war ich überrascht, dass
meine Stimme relativ fest klang.
»Morphium und
Ähnliches. Es gibt einen großen Markt für diese Drogen, und unter anderem
stehlen wir die Sachen aus Krankenhäusern; Dülmen ist nicht das einzige .«
»Du bist der
Anführer dieser Truppe ?«
»Du hast es
erfasst .« Mein Gott, war der Whiskey schon wieder
leer?
»Dann hast du
auf dem Gehöft meine Exekution befohlen ?«
»Lass mich zu
meiner Entschuldigung sagen, dass du ein lästiger Schnüffler warst, der uns
gefährlich werden konnte .«
»Wie lange
habe ich noch zu leben? Tauchen gleich zwei Männer in langen Mänteln auf und
schießen mich über den Haufen ?« Hatte mich schon mal
wohler gefühlt in meiner Haut.
»Du hast
nichts zu befürchten, vorausgesetzt, du findest Cornelias Mörder. Auch wenn
meine Moralvorstellungen von der Norm abweichen und ich einen toughen Job habe,
gibt es auch wunde Punkte. Einer davon ist Cornelia. Ich würde alles dafür
geben, ihren Mörder in die Finger zu bekommen...«
»Und ihn
umzulegen«, unterbrach ich sie.
»Deine
Aufgabe ist, das Schwein zu liefern. Alles Weitere hat dich nicht zu
interessieren .«
»Warum ich?«
»Weil in
meiner Organisation nur Schwachköpfe sind, die zwar Handlangerarbeiten
erledigen können, aber sobald es ans Denken geht, hapert es. Außerdem hast du
meine Truppe um einiges reduziert .«
Zwar war es
Kinker, der Egon und Claude auf dem Gewissen hatte, aber sie musste ja nicht
alles wissen.
»Was ist für
mich drin ?« , gewann meine praktische Seite wieder die
Oberhand.
»Fünftausend
und ein langes Leben.«
Ich nahm den
Auftrag an, was blieb mir auch anderes übrig? Während eine frische Ladung Hot
Fever — meine Geschmacksnerven identifizierten Limone, Papaya, Mango und Rum,
viel Rum — gebracht wurde, erfuhr ich, dass Balthasar Kinker ein ehemaliges
Mitglied der Bande war. Schnell hatte er jedoch angefangen, sein eigenes
Süppchen zu kochen, und stand seitdem auf der Abschussliste. Als ein
Mordanschlag auf ihn fehlgeschlagen war, hatte er Rache geschworen und sich zum
Ziel gesetzt, die ganze Sippe auszurotten. Allerdings wussten weder er noch die
übrigen Gauner, dass Sarah der Kopf der Truppe war; selbst ihr Bruder nicht.
Ich war nun der Einzige, der ihr Alter Ego kannte. Allerdings machte sie mir
unmissverständlich klar, was im Falle eines übertriebenen
Kommunikationsbedürfnisses meinerseits mit mir geschehen würde. Weiterhin
versicherte sie, dass Hermanns Ermordung nicht auf ihr Konto ginge. Angeblich
wusste sie nichts von einem Buch über die Dülmener Klinik.
»Wer hat
Kinker ermordet? War es einer von deinen Leuten ?«
»Das werde
ich bald wissen, denn ich hatte eine Prämie auf seinen Kopf ausgesetzt. Ich
sage Bescheid, sobald ich Genaueres weiß .«
»Sehr
liebenswürdig. Prost .«
Wir
vernichteten die Drinks, und Müller beglich die Zeche. Die Abschiedsszene
unterschied sich deutlich vom Ende eines Rosamunde-Pilcher-Romans, und so glitt
ich wenig später verwirrt in meinen Fahrersitz. Das feine Fräulein Müller
bekleidete eine leitende Stellung im kriminellen Milieu. Kaum zu glauben. Aber
genauso wenig passten die skurrilen Mitglieder der Dichtergilde ins Merkel-Deutschland,
wo ein guter Bürger aus Angst vor Hartz IV oder dem Anstieg der Spritpreise
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