Die Sau und der Mörder
den
Feinrippslip nässte. Ein seltsames Universum und Don Dieter mittendrin.
Wie in
Tieftrance glitten die Felder in der Dunkelheit an mir vorüber. Lost Highways
im westfälischen Nirgendwo. Die chillige Musik des Radios senkte ebenfalls die
Frequenz meiner Gehirnwellen, so dass ich halb wegdröselte.
»Und zu
später Stunde macht Rockenberg vom Radio Münsterland wieder Menschen glücklich.
Führt zusammen, was zusammengehört, spielt Amor für zwei Liebende .«
Mit einem
Schlag war ich wieder wach. Das konnte lustig werden. Welche arme Fackel
vertraute den Medien, ihr Schicksal zum Besseren zu lenken? Ob Frauentausch,
zählende Liebe oder Super-Nanny. Menschen präsentierten gerne einem
Millionenpublikum die eigene Beschränktheit.
»Mein
heutiger Gast ist eine junge Frau, sehr attraktiv, langes blondes Haar und
strahlend blaue Augen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand wie du
Nachhilfe in Sachen Liebe braucht. Da leckt sich ja jeder Mann die Finger nach.
Aber stell dich ruhig mal vor«, schleimte der Moderator durch die Botanik.
»Ich heiße
Bettina, bin zweiunddreißig und komme aus Essen .«
Mein rechter
Fuß machte sich selbständig und legte eine Vollbremsung hin. Mit äußerster Mühe
konnten meine Hände den Wagen auf den Seitenstreifen bugsieren. Kerzengerade
saß ich im Sitz, Augen und Ohren scheunenweit offen.
»Mich hat die
Liebe ins Münsterland verschlagen, denn hier wohnt mein vergöttertes Juwel .«
»Wer ist denn
der Glückliche ?«
»Dieter
Nannen. Er wohnt in Buldern und arbeitet als Privatdetektiv. Es ist alles meine
Schuld«, schluchzte Bettina plötzlich los.
Instinktiv
duckte ich mich in den Sitz, als könnte ich mich so dieser Bloßstellung
entziehen. Dann dreimal mein Haupt Richtung Mekka geneigt: »Allah, hab zwar
noch nie mit dir gesprochen, aber lass bitte keinen Kunden zuhören .«
»Es war der
größte Fehler meines Lebens«, plärrte Tine weiter. »Er hat mich hingebungsvoll
geliebt, und ich habe dieses Geschenk mit Füßen getreten .«
»Was ist denn
passiert ?« , fragte Rockenberg gespielt teilnahmsvoll.
Vor lauter
Schluchzerei war zunächst kein Wort zu verstehen, dann fasste sie sich ein
wenig: »Dieter hat sich für die Firma meiner Eltern krummgeschuftet, hat als
Prokurist alle Verantwortung auf sich geladen. Hat das Büro als Erster betreten
und abends das Licht ausgemacht. Krank war er vor Stress. Und ich, ich habe das
damals nicht gewürdigt. Dieter, wenn du mich hörst, verzeih mir. Bitte!« Dazu
Geheule, schlimmer als Celine Dion beim Untergang der Titanic.
Bettinas
Realitätswahrnehmung schien etwas verzerrt zu sein, denn wenn ich mich recht an
meine Essener Zeit erinnerte, hatte ich eher eine ruhige Kugel geschoben.
»Nun komm
wieder runter«, wurde es auch Rockenberg zu viel, »das ist lange her. Wie soll
die Zukunft aussehen? Du möchtest Dieter etwas sagen .«
»Genau,
genau. Mein Herzallerliebster: Verzeih mir meine Fehler und Unzulänglichkeiten.
Mein Schatz, bitte komm zu mir zurück .«
Was hatte ich
falsch gemacht? Nichts hatte in den letzten Tagen darauf schließen lassen, dass
ich auch nur einen Hauch von Interesse an Tine hatte. Schade, da musste ich
wohl die Strategie des subtilen Desinteresses verlassen und deutlicher werden.
Adieu, ihr 8000 Flocken.
»Dieter«,
tönte Moderator Rockenberg, »du Bulderner Womanizer: Deine Braut weint sich die
Augen aus dem Kopf, also denk drüber nach. Damit ihr wieder zusammenfindet,
spendiert euch Radio Münsterland einen Trip zum Feldhausener Movie-Park und 20
Euro für ein gemeinsames Dinner in einem Restaurant eurer Wahl. Mögen eure
Träume dort Realität werden .« 20 Kröten für ein
Dinner, Romantik pur in der Bulderner Pommesbude, oder was?
»Danke,
Rockenberg«, hauchte meine Ex.
»Und jetzt I want to know what love is für
Bettina und Dieter aus Buldern. Ich liebe euch und rockt mal richtig
das Dorf .«
Ob Lou
Gramm beim Schreiben des Songs an Tine und mich gedacht hatte, bezweifelte
ich. Klärende Worte waren jetzt unumgänglich.
Eine
Beruhigungszigarette und etliche Kilometer durch vom Neumond erhellte Felder
später rollte mein Wagen aufs heimische Gehöft. In der Stube brannte noch
Licht. Im Geiste legte ich mir die richtigen Worte zurecht: »Bettina, verzieh
dich .« Hart, aber fair.
Als ich wild
entschlossen die Haustür öffnete, gab’s eine Überraschung: Damit waren weniger
die Kerzen gemeint, die die Stube in romantisches Licht tauchten, und auch
nicht die
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