Die Sau und der Mörder
Räucherstäbchen, die unangenehmen Sandelholzduft verströmten. Nein,
auch nicht, dass Tine vor dem Kamin saß und verzückt an einer Tasse Tee nippte.
Die Überraschung saß ihr gegenüber und hörte auf den bürgerlichen Namen Franz
Spoden.
»Hallo,
Dieter«, begrüßte sie mich beseelt.
»Meine Liebe
sei mit dir«, lächelte Spoden mich an, als wäre ich der auferstandene Christus.
»Was
verschafft mir die Ehre ?« , überwog mich eine Welle des
Misstrauens.
»Jedes Volk
der Welt glaubt, dass die Drei eine besondere Zahl ist. Sie repräsentiert das
Göttliche, bildet die wahre Einheit. Mich haben jedoch nur zwei Gründe in
deinen Tempel geführt«, schnappte Franz aka Bhagwan sich ein Räucherstäbchen
und wedelte damit durch die Gegend.
»Ich muss
eine Sünde gestehen und dein Heim von dem Schmutz reinigen, mit dem ich dich
befleckt habe«, schwadronierte der konvertierte Dichter.
»Ich steh
nicht auf diesen Mist, also spuck’s schon aus«, knurrte ich langsam genervt.
Schließlich stand die Aussprache mit Tine bevor.
»Ich habe
dich angerufen«, stellte er das nach Toilettenstein duftende Hölzchen zurück in
den Halter.
»Und? Viele
Leute rufen mich an«, hatte sich mein Gesicht zu einem Fragezeichen verformt.
»Mmh«, wirkte
Bhagwan zum ersten Mal ein wenig verlegen, »aber nicht anonym .«
Langsam fiel
der Groschen, ’tschuldigung, die 5-Cent-Münze.
»Du hast
Gisbert Bruhns denunziert ?«
»Ich bin
einige Male mit ihm angeeckt«, wirkte er erleichtert, dass ich es ausgesprochen
hatte. »Er mag meine Lebensweise nicht, meine Poesie noch weniger. Als Vaganz
dich beauftragt hat, war das eine Gelegenheit, es ihm heimzuzahlen. Besonders
erleuchtet war das allerdings nicht, und deshalb musste ich es dir beichten .«
Pater Dieter,
warum nicht?
Die Frage war
nun natürlich, ob er Grutz auf dem Gewissen hatte. Aber warum sollte er mir
dann den Anruf gestehen? Andererseits war jeder der Serapionsbrüder bekloppter
als Bauer Steinmanns schizophrenes Pferd Freddy. Das hatte sich beim
Erwachsenwerden an der Obersau Hanne statt an anderen Gäulen orientiert. Freddy
wälzte sich mit größtem Vergnügen im Dreck und gab grunzähnliche Laute von
sich. Sowohl anatomisch als auch psychologisch ein Wunder.
»Und der
zweite Grund deines Besuchs ?« , outete ich mich als
guter Zuhörer.
Bettina
räusperte sich und brach dann in wildes Ge-schluchze aus. Ziemlich
theatralisch.
»Dieter, wir
müssen reden .«
»Da kannst du
einen drauf lassen, insbesondere nach deinem grandiosen Radioauftritt. Um es
ein für alle Mal klarzustellen: Der Keks ist gegessen, der Drops ist gelutscht,
die Messe ist gelesen. Capito?«
»Ich hoffe,
du bist nicht verletzt«, schniefte sie.
»Häh ?« , verstand ich die Welt nun gar nicht mehr.
»Erst die
Liebeserklärung, nun die Trennung. Ich versteh mich ja selbst nicht .«
»Erklär’s
mir, aber ganz langsam«, ließ ich mich auf die Couch fallen und rang um
Fassung. »Ich bin nur ein einfacher Junge aus dem Pott und komm da nicht mehr
mit .«
»Ich war
heute Morgen schon hier«, brachte Spoden sich ein.
»Das ist ja
superinteressant«, wandelte sich Fassungslosigkeit in Verärgerung.
»Du warst
nicht da, dafür aber Bettina. Wir haben sofort die gegenseitige Anziehung
gespürt. Geradezu alchimistisch. Sie wird bei mir einziehen, noch heute Nacht.
Verzeih, aber unsere Libido war einfach übermächtig .«
»Ja«, fiel
Tine vor mir auf die Knie, »verzeih mir. Du musst dir vollkommen ausgenutzt
Vorkommen. Mein armer Freund. Aber Franz repräsentiert genau das, wonach ich
immer gesucht habe .«
Janis Joplin
und Bhagwan, das war mal ein nettes Gespann. Aber hatte ich nicht eine
Vorahnung gehabt? Vielleicht sollte ich mich mal als Guru versuchen? Da gab es
bestimmt die eine oder andere Mücke zu verdienen.
»Und die
Liebesschwüre im Radio? Nur erstunken und erlogen ?« ,
war meine Eitelkeit doch ein wenig gekränkt.
»Nein, die
kamen von Herzen. Aber da war ich Bhagwan noch nicht begegnet«, tupfte sie mit
einem Tempo die Wangen trocken. »Komm mal bitte mit, ich hab noch was für dich.
Franz, entschuldigst du uns kurz ?«
Bettina
schwebte voran in Richtung Schlafgemächer, ich hinterher, des lieben Friedens
willen. Auf ihrem Bett stand ein Postpaket, und auf ihr Geheiß hin klappte ich
den Deckel auf. Wahnsinn! Unter einem prall gefüllten Briefumschlag lümmelten
zig CDs vor sich hin; ich identifizierte sofort die Cover des ersten Violent
Force- Demos und des Witching
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