Die Sau und der Mörder
nach der Begrüßungszeremonie
los.
»Frag doch
deine Bettina. Außerdem möchte ich erst mal wissen, wie es Henry geht, und
danach, warum du so mir nichts dir nichts abgehauen bist, nachdem du uns
losgebunden hattest .«
»Ich werde
alles erzählen, aber nicht am Telefon. Henry ging es nie besser. Du wirst arge
Schwierigkeiten haben, ihn auf deinen Hof zurückzuholen. Komm vorbei und
überzeug dich selbst. Außerdem hat sich Bettina gestern mit ihrem Lover aus dem
Staub gemacht .« War es Einbildung, oder vernahm meine
Ohrmuschel ein erleichtertes Seufzen?
»Als ob mich
interessiert, was deine Ex macht. Jetzt noch mal von vorne: Was hast du da von
einem Buch gefaselt? Ist doch bestimmt nur ein Vorwand, mich zu dir zu locken
und zu verführen ?«
»Würdest du
kommen, wenn ich diese Frage bejahen würde ?« , ging ich
auf den Flirtversuch ein.
»Nein.«
»Hatte ich
befürchtet. Pass auf: Wie du selbst live und in Farbe mitbekommen hast, muss
ich den Tod eines berühmten Dichters aufklären. Jetzt ist mir das brandaktuelle
Manuskript zugespielt worden, wo wichtige Anhaltspunkte versteckt sein könnten.
Somit hast du die einmalige Chance, als Erste sein neuestes Werk zu lesen und
zugleich bei der Aufklärung mitzuhelfen .«
Ich legte
eine Kunstpause ein, da Schumann jedoch ebenfalls schwieg, fuhr ich fort: »Ich
hatte an einen beschaulichen Abend mit Glühwein, Kerzen, schöner Musik und
hoher Literatur gedacht. Wenn du jedoch keine Lust auf deinen Nachbarn und
vielgeplagten Schnüffler hast, muss ich mich anderweitig umsehen .« Kunstpause zweiter Teil.
»Du hast
Glück«, beließ sie es dieses Mal nicht bei einem Schweigen, »zum einen möchte
ich mich persönlich überzeugen, wie es Henry geht, zum anderen stehe ich auf
Gedichte. Sagen wir, um acht bei dir .« Hatte
irgendeiner was von Gedichten gesagt?
Ich schlinzte
auf die Uhr: noch zwei Stunden. Zeit genug, ein bisschen aufzuräumen, den
Tieren und da vor allem der Ziege genügend Futter in den Trog zu werfen und
mich frisch zu machen.
»Dann bis
gleich«, drückte ich das Gespräch weg und marschierte in den Keller, wo ich
eine Kiste Glühwein und Kerzen aus dem selbstgezimmerten Regal befreite.
Jawoll, selbstgezimmert! Bevor jetzt aber meine Leser in Ehrfurcht erstarren,
muss ich ehrlicherweise gestehen, dass meine handwerklichen Fähigkeiten in
diesem Fall zur Folge hatten, dass ich acht Konservendosen und eine
10er-Packung Toilettenpapier nicht herausziehen durfte, sonst wäre das
komplette Konstrukt in sich zusammengefallen. Das hatte aber wiederum zur
Folge, dass ich in vierzig Jahren meine Rente erheblich aufbessern konnte,
indem ich bei eBay Unox-Suppen für vierstellige Beträge vertickte. Bekloppte
Sammler gab es schließlich zur Genüge.
Genug
abgeschweift. Im Vorratsschrank steckten zwei Tüten Erdnüsse und ein Paket
Spekulatius, Überbleibsel vom letztjährigen Weihnachtsfest. Ich schaffte alles
nach oben und verbrachte die nächste Dreiviertelstunde mit Aufräumarbeiten.
Anschließend ging es in den Stall. Die Schufterei heute Morgen hatte sich
gelohnt. So sauber waren die Boxen höchstens beim Bau des Stalles im 19.
Jahrhundert gewesen, und Henry bekundete dies durch freudiges Meckern. Dafür
bekam er die doppelte Futterration, und auch bei den Kaninchen und Pedder ließ
ich mich nicht lumpen. Um halb acht stand ich unter der Dusche, und zwanzig
Minuten später präsentierte das Spiegelbild einen wohlduftenden und blendend
aussehenden Privatdetektiv. Als Kleidung wählte ich eine schwarze Jeans und ein
modisches Hemd im Knitterlook, dazu Sneakers von Doc Martens.
Nachdem ich
die aktuelle Katatonia -CD und zwei weitere Holzscheite aufgelegt hatte,
war ich bereit für den hohen Besuch. Prompt klingelte es.
Beim Offnen
der Tür glaubte ich zunächst meinen Augen nicht zu trauen. Karin sah umwerfend
aus. Sie trug ein enganliegendes dunkelblaues Kostüm und hochhackige Pumps.
Stilvoll, was man über ihren früheren Geschmack nicht gerade hätte sagen
können. Damals hatten die wildesten Kombinationen meine zarten Augen geblendet.
Für die größte Veränderung hatte jedoch ihr Friseur gesorgt. Das Gros der
vormals halblangen Haare war der Schere zum Opfer gefallen, wodurch ihre
wunderschönen Augen noch stärker zur Geltung kamen. Ich musste mich stark
zurückhalten, um ihr nicht sofort um den Hals zu fallen und einen Heiratsantrag
zu machen.
»Du siehst
toll aus. Womit hat ein durchschnittlicher Schnüffler einen solchen Anblick
verdient
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