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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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nicht mehr, ob ich rechts oder links schreiten sollte. Frau Stengel mischte sich ein: »Wir danken Ihnen allen für die interessanten Einblicke in Ihre Schicksale. Möchten Sie noch ein Lied mit uns anstimmen ?« Das wollten weder Schulz noch wir, und so verabschiedeten wir uns.
    »Was ist mit meiner Bewährung, Meister ?« , fragte Ali, als wir vor der Tür standen.
    »Sie haben mich nicht überzeugt, dass Sie wirklich in die Gesellschaft zurück wollen. Da brauch ich noch mehr Engagement, Herr Arslan. Ich werde beantragen, dass Sie sich wöchentlich bei Ihrem Bewährungshelfer melden müssen. Herr Nannen, für Sie gibt’s keine Auflagen .«
    Mitleidig legte ich meinem türkischen Kompagnon den Arm um die Schulter und drückte Schulz die Hand: »Auf Wiedersehen, oder besser auf Nimmerwiedersehen .«
    »Davon geh ich aus«, mahnte er. Ali gab mir zum Abschied die obligatorischen High Five. »Du bist mein Homie, Alter. Kannst immer auf mich zählen .« Von diesem Angebot würde ich ganz sicher niemals Gebrauch machen.

    Als ich wenig später die Haustür öffnete, fand ich auf dem Fußabtreter einen Umschlag: »Habe eine halbe Stunde auf dich gewartet. Fahr jetzt zur Arbeit. Bin gegen fünf wieder da. Tausend Küsse, Connie.«
    Voller Vorfreude ließ ich ein mariniertes Steak in die Pfanne gleiten und stellte einen Topf mit Erbsen und Möhren daneben. Nach einer guten Stunde waren sowohl mein Magen als auch die Spüle bis an die Kapazitätsgrenzen gefüllt. Da bis zu Connies Eintreffen etwas Zeit blieb, schnappte ich meine Joggingschuhe und warf mich in Sportlerkluft.
    Ich trabte an Feldern, Äckern, Wiesen und wiederum Feldern vorbei. Ab und an begegneten mir Dorfbewohner, die mich westfälisch grüßten: Sie blickten zur Seite. Hatte man nicht den Kopf ins selbe Taufwasser getaucht, blieb man hier für immer ein Fremder.
    Ein laues Lüftchen kühlte meinen erhitzten Körper, so dass mein Puls nicht kollabierte, sondern angenehm vor sich hin tuckerte.
    In Dülmen besuchte ich den CD-Laden und freute mich über die neue Type-O-Negative-Scheibe. Leider musste ich feststellen, dass ich mein Portemonnaie zu Hause gelassen hatte. Was soll’s, dachte ich und machte mich auf den Rückweg. Nach etlichen neuen Kuhbekanntschaften, Pferdeäpfeltretminen und Mückenattacken traf ich im gemütlichen Halbdunkel zu Hause ein. Connies Maschine stand bereits im Hof. Viertel nach fünf, verriet die Uhr, die akademische Viertelstunde.
    In der Diele zündete ich eine Kerze an. Willkommen im Romantik-Hotel Münsterland. Die Holzbalkendecken knarzten, anscheinend wandelten die Würmer auch auf Freiersfüßen. »Bin zu Hause«, rief ich bestens gelaunt in die Tiefen der Wohnung.
    Keine Antwort. »Connie? Wo steckst du ?« Keine Antwort. Eine Kerze später entdeckte ich Handtasche und Motorradschlüssel auf dem Wohnzimmertisch. Im Badezimmer brannte Licht. Vielleicht wollte sie mich in der Badewanne überraschen.
    Auf meine Detektivnase konnte ich mich verlassen. Connie lag tatsächlich in der Wanne, nackt bis auf das Messer in ihrem Hals.

12

    D er Küchentisch war ebenfalls nackt bis auf eine Whiskeyflasche nebst Pinnchen. Ein halbes Dutzend Mal hatte ich schon nachgeschenkt. Ich fühlte mich miserabel, müde, ausgelaugt, kurzum beschissen. Die Tränen waren mittlerweile versiegt, doch mein Herz würde noch einige Zeit weiterweinen. Der zynische Gedanke, dass ich mich nun nicht mehr zwischen Connie und Karin entscheiden musste, unterstrich nur meine Seelenpein.
    Warum hatte Cornelia sterben müssen? Warum in meiner Wanne? Warum war ich nicht pünktlich gewesen? Ich schleuderte die Pulle gegen die Wand und rief die Bullen an.
    Irgendwann später war meine Bude voller Grünbefrackter, Ludger Reichert war auch dabei. Dieses Abziehbild eines Polizisten war im Laufe der Zeit zu meinem Intimfeind avanciert.
    »Wer ist die Tote, und was hatte sie hier zu suchen ?« , zwirbelte Reichert an seinem Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Schnäuzer herum.
    »Eine Freundin, sie heißt Cornelia Lienen und wohnt in Buldern .«
    »Ihre Sexualpraktiken gefallen mir nicht«, grinste er über alle vier Backen.
    »Sie sind ein Schwein«, war ich drauf und dran, ihm eine zu pflastern, ungeachtet der Konsequenzen.
    »Es sind Fingerabdrücke auf der Tatwaffe«, gesellte sich ein Milchbubi mit zartem Flaum über der Lippe zu uns und entschärfte damit die Situation.
    »Jetzt bist du dran, Nannen«, grinste Reichert hämisch. »Nehmen Sie seine Fingerabdrücke ab .«

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