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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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vier Ferkeln und eifersüchtig gemustert von der Muttersau. Nach der Menge des Mistes zu schließen, erfreute sich die Viehwirtschaft auf diesem Hof nur untergeordnetem Interesse.
    Die Armbanduhr zeigte Viertel nach neun; folglich war ich mehrere Stunden bewusstlos gewesen.
    Was nun? Durch die Hanfseile besaßen meine Gliedmaßen die Bewegungsfreiheit von Siamesischen Zwillingen. Der Versuch, die Arme auseinanderzudrücken, scheiterte kläglich; die Stricke gaben keinen Millimeter nach. Weitere Gedanken über unnützen Kräfteverschleiß brauchte ich mir nicht zu machen, denn die Tür öffnete sich.
    »Schon mit Gerda angefreundet? Gleich und gleich gesellt sich gern«, stolzierte Claude auf mich zu.
    »Ich glaube, du passt besser hierher. Fraglich ist nur, ob sie den Gestank aushält .«
    »Für einen Toten riskierst du eine verdammt dicke Lippe .«
    Er schloss die Tür und legte den Balken davor. Dann zog er mich aus der Schweinebox und durchtrennte die Fesseln mit seinem Messer. Ein mächtiger Faustschlag ließ mich wieder in der Horizontalen landen. Während ich die Wirkung des Schlags verdaute, schleuderte Claude das Messer vor meine Füße.
    »Deine letzte Chance«, trat er drei Schritte zurück und zückte ein Springmesser. Ziemlich pubertär. Ein Profi hätte mich ohne großes Geschwätz um die Ecke gebracht und anschließend seine Kids in die Sonntagsschule gefahren. Aber sollte mich das jucken?
    Ich richtete mich umständlich auf, um Zeit zu gewinnen, und schätzte die Situation ein. Es war klar, dass ich gegen den tätowierten Glatzkopf nicht den Hauch einer Chance hatte. Während ich ein Messer höchstens zum Brotschneiden benutzte, hielt er die Waffe dermaßen geschickt in der Hand, als wäre er damit auf die Welt gekommen.
    Also Flucht; leichter gesagt als getan. Die Tür war verrammelt. Die einzige Möglichkeit war ein kleines Fenster, durch das ich mit einem gewagten Sprung ins Freie gelangen konnte. Das Einzige, was mich davon abhielt, wog zwei Zentner und stand mit mordlüsterner Miene zwischen mir und der Freiheit versprechenden Öffnung.
    »Ist Egon mit der Exekutierung einverstanden ?« , versuchte ich mich in Ablenkung.
    »Was interessiert mich der Dicke«, ließ er den rechten Arm kreisen. »Der sitzt in der Küche und haut sich den Wanst mit Erbsensuppe voll .«
    Ich nahm alle Kraft zusammen und hechtete los; allerdings nicht in Richtung Fenster, sondern zurück in den Schweinekoben. Volltreffer! Das Ferkel quiekte herzzerreißend und verkroch sich hinter seiner Mutter.
    »Komm raus, du Arsch. Hab keine Lust, mich dreckig zu machen .«
    »Leck mich .«
    Glatze legte die Lederjacke ab und stürzte in den Schweinestall. Im Weg stehende Ferkel wurden einfach zur Seite getreten. Die folgende Minute bestand aus einem Minimum an Bewegung und einem Maximum an Belauerung. Er musste meine Absicht erraten haben, durchs Fenster zu fliehen.
    Urplötzlich griff er an. Ich katapultierte mich vom Rücken der Muttersau über das Gatter und landete unsanft in der Stallgasse. Jetzt standen wir uns wieder wie vor dem Ausflug in den Schweinemist gegenüber. Der einzige Effekt der Aktion war gewesen, dass Claude nun auch mit Dreck besudelt war, und ich eine Minute länger gelebt hatte.
    Jetzt war mir alles egal. Wenn der tätowierte Kerl einen Kampf wollte, sollte er ihn bekommen. Als Claude sich langsam auf mich zubewegte, hielt ich die Klinge in Brusthöhe und zauberte einen blutrünstigen Ausdruck aufs Gesicht. Mit einer Geschwindigkeit, die ich dem Kahlschädel nicht zugetraut hatte, riss er sein Bein nach oben, und mein Messer fiel klirrend zu Boden.
    Ich ließ mein Bein hochschnellen, doch seine Behändigkeit verblüffte mich erneut. Er machte einen Satz nach hinten und starrte mich wütend an, während ich vom Schwung des Trittes umgerissen wurde.
    »Connie, ich komme«, dachte ich, als sich der Glatzkopf breitbeinig über mich stellte und das Messer in Richtung meiner Kehle führte.
    Dann fiel ein Schuss.
    »Connie, du musst noch ein bisschen warten«, bekreuzigte ich mich innerlich. Der Killer riss die Augen auf, dann knickten seine Beine weg, und er begrub mich unter sich. Als ich den leblosen Körper herunterwuchtete, entdeckte ich das Loch im Hinterkopf. Sofort glitt mein Blick zum Fenster; die vormals intakte Glasscheibe war zersplittert.
    Mehr Zeit zur Einschätzung der Situation blieb mir nicht, denn jemand polterte heftig gegen das Holz: »Mein Name ist Kasimir Hollek, ich bin Privatdetektiv.

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