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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Machen Sie auf !«
    Was hatte ich zu verlieren? Also entriegelte ich die Tür und ließ den Kollegen herein, ein kleines Männlein, kaum größer als eine Parkuhr, bewaffnet mit Cordhose, kariertem Hemd, einer hübschen Hornbrille und einem hässlichen Gewehr.
    »Der andere ist in den Wald geflüchtet. Will bestimmt zur Hauptstraße. Schnappen Sie ihn .«
    »Immer langsam mit die alte Oma, ich habe noch einige Fragen. Außerdem verspüre ich keine Lust, unbewaffnet hinter diesem Irren herzulaufen .«
    »Hier«, zog er meine Pistole aus der Westentasche. »Jetzt los. Fragen werden später beantwortet .«
    Da er das Gewehr in meine Richtung schwenkte, lenkte ich notgedrungen ein.
    »Und was machen Sie in der Zwischenzeit ?«
    »Gleich muss der Chef der Bande auftauchen, und ich werde mich um ihn kümmern. Wenn ich jetzt bitten dürfte«, zeigte er mit der Kanone in Richtung Stalltür. Seine entschlossene Miene duldete keinen Widerspruch.
    Ich verabschiedete mich mit einem Nicken und taperte in den Wald. Zu allem Überfluss hatte es zu schneien begonnen. Rund tausend Fußstapfen später blickte ich mich um, das Gehöft war nicht mehr zu sehen. Der Baumstumpf zu meiner Linken sah einladend aus, so dass ich mich dort niederließ und die Situation überdachte. Falls Kasimir geglaubt hatte, ich würde den Dicken suchen, der bewaffnet hinter einem Baum auf der Lauer lag, hatte er sich geschnitten. Zudem verspürte ich nicht die geringste Lust, hinter einem Lakaien herzurennen, während Hollek den Chef der Bande kassierte. Schließlich war das mein Fall.
    Stets auf der Flut machte ich einen großen Bogen, um von hinten an den Bauernhof heranzukommen. Nach einem endlosen Marsch durch immer dichter werdenden Schneefall erblickte ich das Gehöft.
    Nachdem meine Sinnesorgane einige Minuten lang bis an die Leistungsgrenze strapaziert worden waren, schlich ich vorsichtig zur Rückseite des Hauptgebäudes; die Schneeschicht dämpfte meine Schritte. Die schmale Tür war angelehnt. Gerade als ich meinen Mut zusammengenommen hatte und sie öffnen wollte, wurde auf dem Hof ein Wagen angelassen. Schneller als der Schall sprintete ich ums Haus herum zur Vorderseite.
    Im Schneetreiben erkannte ich Rücklichter, die sich langsam fortbewegten. Da mein Auto zu weit entfernt parkte und mittlerweile dermaßen von Flocken bedeckt sein musste, dass ich nach Gehör hätte fahren müssen, gab es nur eine Möglichkeit, den Lieferwagen zu stoppen.
    Wie Wyatt Earp zu seinen besten Zeiten die Waffe gezückt, auf die Reifen des Transporters gezielt und abgedrückt. Nichts. Ich zog mehrere Male den Abzug durch, das Resultat blieb das gleiche. Ein Blick ins Innenleben lüftete das Geheimnis. Selbst der weitbeste Schütze hätte ohne Patronen erhebliche Schwierigkeiten gehabt, den Wagen aufzuhalten.
    Der Flüchtling, nennen wir ihn mal Egon, war entkommen. Stellte sich die Frage, was mit Kasimir passiert war. Entweder war er über oder aber unter alle Berge.
    Wie ursprünglich geplant, schlüpfte ich durch den Hintereingang in eine muffige Abstellkammer, in der sich ein Waschbecken, verrostetes Werkzeug, zwei Regenjacken und ein Paar Gummistiefel befanden. Zwei Türen gingen ab. Hinter der linken vermeinte ich ein leises Röcheln zu vernehmen. Ich spannte die Lauscher auf, und tatsächlich: Jemand stöhnte, und es hörte sich alles andere als lustvoll an. Hatte ich also mal wieder recht gehabt: Egon hatte Hollek überwältigt und war geflohen.
    Vorsichtig schlich ich ins Zimmer und erlebte eine Überraschung.

14

    M ich starrten Egons glasige Augen an. Er hatte eine satte Ladung Blei in den Bauch bekommen und war kurz vor dem Eintritt in die ewigen Jagdgründe. Das Blut sickerte unaufhaltsam zwischen seinen Fingern hindurch.
    »Wer war das? Hollek?«
    Er presste etwas zwischen den Zähnen hervor. Ich beugte mich herunter, um sein Gemurmel verstehen zu können, stets darauf bedacht, die Mistkomposition auf meinen Klamotten nicht noch um Blut zu ergänzen.
    »Die... die... die...ses... Schw...schwein.«
    »Wen meinst du ?« , hob ich seinen Kopf hoch.
    »Schw...schw... schwein... Kin... kin... kin... kin...«
    »Kin was? Los, rede, verdammt !«
    »Ke... ke... ker .«
    »Was sagst du? Kinker?«
    Ein Zittern durchlief seinen Körper, dann hatte sich die Anzahl der Leichen hier verdoppelt.
    Bevor ich mir Egons Gestammel durch den Kopf gehen ließ, musste ich erst mal zwischen zwei Alternativen wählen: entweder die Bullen rufen oder sämtliche Finger- und

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