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Die Sau und der Mörder

Die Sau und der Mörder

Titel: Die Sau und der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Redaktionsbriefkasten gefunden. Er enthielt einen Brief, in dem Sie des Mordes an diesem Kinker beschuldigt wurden, und das Foto. Daraufhin habe ich Herrn Reichert angerufen, der sich aber nicht zu dem Fall äußern wollte. Er hat mir jedoch von dem überfahrenen Pudel und Ihrer toten Freundin berichtet. Natürlich haben wir sofort den Druck der Auflage gestoppt und den Artikel hineingenommen. Da die Faktenlage in der kurzen Zeit nicht hundertprozentig geklärt werden konnte, haben wir bewusst von direkten Anschuldigungen abgesehen. Der Artikel sollte den Leser nur zum Nachdenken anregen. Ich persönlich weiß, dass Sie niemals zu so etwas fähig wären .« Er hob bedauernd die Schultern. »Ein hartes Geschäft verlangt harte Bandagen .«
    »Ich weiß Ihre hohe Meinung von mir zu schätzen. Jetzt her mit dem Wisch.«
    Ohne Widerrede öffnete er eine Schreibtischschublade, entnahm einen gelben DIN-A4-Umschlag und reichte ihn mir. Er enthielt das abgedruckte Foto und einen maschinengeschriebenen Brief.
    »Der Privatdetektiv Dieter Nannen hat heute in berauschtem Zustand Balthasar Kinker, wohnhaft in der Geschwister-Scholl-Straße 15, ermordet. Gäbe das nicht eine gute Titelstory ab ?«
    »He, was machen Sie da ?« , hatte ich alles in die Jackentasche gestopft.
    »Ich suche Kinkers Mörder .«
    »Sie können daraus Schlüsse auf den Täter ziehen ?« , glänzten seine Augen in Erwartung einer weiteren Reißerstory.
    »Natürlich.«
    »Und? Wer war es ?«
    »Hat Ihr Schmierenblatt nicht mich zum Schlachter erkoren ?«
    »Ich muss mich entschuldigen, Herr Nannen. Wir haben einen Fehler gemacht .« Der Vorteil an Leuten wie Tilke war, dass sie leicht auszurechnen waren. Warf man ihnen einen Köder hin, schnappten sie danach.
    »Sie haben meinen guten Namen in den Dreck gezogen und mich beruflich ruiniert. Von der menschlichen Enttäuschung ganz zu schweigen.«
    »Ich habe den Artikel doch nicht selbst geschrieben. Fräulein Menning hat ihn verfasst und einfach meinen Namen darunter gesetzt. Ich habe geglaubt, dass alles seine Richtigkeit hätte. Natürlich hätte man Ihre Darstellung des Sachverhalts hören müssen. Also, wer hat Kinker umgebracht ?«
    »Es ist zu früh, um Namen zu nennen. Ich brauche den letzten Beweis. Ob ich aber meine Erkenntnisse dem Dülmener Kurier zugutekommen lasse, ist mehr als fraglich .«
    »Wovon hängt es ab ?« , rutschte der Fatzke auf dem Stuhl hin und her.
    »Ich will eine Richtigstellung in der nächsten Ausgabe, und zwar auf der Titelseite .«
    »Wird sofort verfasst. Ich hoffe, unserer geschäftlichen Vereinbarung steht damit nichts mehr im Wege .«
    »Ich werde mich mit Ihnen in Verbindung setzen. Vorausgesetzt, der Artikel findet mein Wohlwollen .«
    Voller Zufriedenheit verließ ich die Redaktion. Tilkes Hoffnung auf einen Scoop verschaffte mir die Rehabilitation.
    Draußen war es stockdunkel. Unheilverkündende Wolken hatten sich vor die lustlos vor sich hin scheinende Wintersonne geschoben. Just als ich die Wagentür aufschloss, fielen die ersten Tropfen; für neuen Schnee war es zu warm.
    Jetzt zur Kirche und den Wettergott anbeten. Vier Minuten vor Beginn der Andacht holte ich den Liederzettel in der Sakristei ab, bevor ich pünktlich zum Glockengeläut das Lied zum dritten Advent anstimmte. Der Bulderner Dom war nur spärlich gefüllt, und in Anbetracht des Durchschnittsalters der Gläubigen musste man froh sein, wenn es am Ende nicht noch weniger waren.
    Ich reduzierte die Lautstärke, damit die Gemeinde überhaupt eine Chance hatte, Gott zu lobpreisen, ohne von der Orgelphonzahl erschlagen zu werden. Pfarrer Wilpert hielt die übliche Predigt über Besinnung, Abstinenz und Verdammnis, woraufhin zwei Greise in der hintersten Bank glatt wegknackten. Als ich das Schlusslied anstimmte, kehrten sie jedoch dank einiger eingestreuter Dissonanzen wieder unter die Lebenden zurück.

    Als ich zu Hause die Wagentür abschloss, schüttete es wie aus Kübeln. Ich holte einen Ostfriesennerz aus dem Schuppen und ging mit Trockenfutter und Möhren bewaffnet zu meinen Freunden. Die Mümmelmänner starrten mich hungrig an. Nachdem ich ihnen erklärt hatte, dass Karotten gesünder sind als Menschenfleisch, ließen sie meine Hand in Ruhe und widmeten sich voller Inbrunst der Vegetariermahlzeit. Auch Henry und Pedder waren leicht zufriedenzustellen. Eine Fuhre Heu für den einen und Kartoffeln und Möhren für den anderen, schon war Ruhe im Stall.

20

    W as soll das sein ?« Wir saßen in

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