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Die Scanner

Die Scanner

Titel: Die Scanner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sonntag
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Verlag, was gar nicht so einfach war. Und wenn …«
    Bla, bla, bla, dachte ich. Sie textete endlos. Das schien ein Merkmal aller Büchergilde-Senioren zu sein.
    »… war das Buch gedruckt, waren wir alle glücklich. Der Autor, der Verlag und ich. Die Buchagentin.«
    Zum ersten Mal bei diesem Treffen war ich froh, dass der Raum stockfinster war. Ich wollte nicht gesehen werden, wie ich da im Sessel saß und von nichts einen Schimmer hatte. Die alte Dame lehrte mich also ein wenig Buchgeschichte. Moment. Vielleicht war es Propaganda. Büchergilden-Werbetexte für neue Mitglieder! Genau, so war es vermutlich. Sie wollten mich hier in dieser Kammer bearbeiten. Mein Gehirn waschen. Ich sollte ihnen den Blödsinn von Autoren und Verlagen abnehmen.
    Aber nicht mit mir, nicht mit Rob, dem Buchagenten der Scan AG, dem echten Buchagenten! Und endlich fielen mir die passenden Worte aus einem Nomos-Seminar ein (Titel: Das hohe Lied auf das Buch – und andere Lügen ).
    Ich beugte mich vor. »Schön! Die Leser haben sich also über Bücher gefreut, für die sie viel Geld bezahlt haben. Aber doch ein wenig unfair. Wieso darf nicht jeder diese Bücher lesen? Jederzeit! Kostenlos! Auch der, der kein Geld hat. Dürfen nur Reiche lesen?«
    Ich suchte noch nach einem letzten Satz, der es in sich hatte. »Verlage sind Altwissen! Ultranetz ist Zukunft.«
    Das sollte selbstbewusst klingen, meine Stimme war leider etwas brüchig. Ich textete nicht so viel ansonsten. War kein Monologisierer wie die von der Büchergilde. Hatte keine Übung darin.
    Schweißperlen bildeten sich auf meiner Glatze. Ich wischte sie mit der Hand weg. Nutzte die Dunkelheit, um die nassen Finger an der Armlehne des Sessels trockenzureiben.
    Einer der letzten AMF-Anschläge schoss mir durch den Kopf. Die Ultranetz-Gegner hatten sich auch dem Kampf gegen Nador verschrieben. Einmal hatten sie den Nador macht satt und glücklich -Werbespot verändert. Jojo hatte mir die Version auf meine Mobril geschickt. Die glitzernden Werbebilder blieben die gleichen, der Slogan war neu: Nador tötet Ihren Appetit auf Leben.
    Ich starrte in die Dunkelheit, hielt meine Hand unmittelbar vor die Augen und sah nichts. Keiner im Raum sagte etwas. Sie warteten auf mich. Sie konnten nicht nur hervorragend monologisieren, sondern auch hervorragend schweigen. Doch sie konnten so lange hervorragend schweigen, wie sie wollten. Für mich war das Verhör zu Ende. Ich musste hier raus. Und zwar schnell.
    Ich überlegte, wie ich das Treffen beenden konnte. Da füllte die ältere Dame wieder mit ihrer Stimme den Raum. »Wissen Sie, früher erschufen wir Buchagenten Bücher. Sie und Jojo hingegen vernichten sie.«
    Ich wollte meine Ruhe. Ich wollte nicht diskutieren. Ich wollte die 500000. Und ich wollte nach Hause. Das ständige Vernichten-Gefasel ging mir aber zu weit.
    »Sie brauchen vor der digitalen Revolution keine Angst zu haben! Qualität und Leistung werden honoriert!«, sagte ich in die Richtung, in der ich die alte Frau vermutete.
    Eine andere Stimme meldete sich. Männlich, aber nicht Arne und wohl etwas älter als er. »Und von was soll ich leben?«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte ich.
    »Ich freue mich über Leser, die überall und jederzeit meine Bücher lesen. Aber wovon soll ich leben, wenn das Buch kostenlos ist?«
    Ein Schriftsteller saß also auch noch in diesem Kerker. Noch ein Monologisierer. Ich machte mich auf alles gefasst.
    »Ich musste für meine Bücher immer reisen und forschen«, sagte er.
    »Kann man alles auf Ultranetz finden! Das spart Zeit und Geld«, sagte ich.
    »Weißt du, dass manche meiner Kollegen sich aus Verzweiflung das Leben genommen haben?«
    »Weil ihnen Ultranetz beim Schreiben geholfen hat?«, fragte ich. »Und sowieso stimmt das nicht, was Sie da sagen!«
    »Stimmt nur das, was auf Ultranetz steht?«, fragte der Mann.
    Ich schwor mir, weder Arne Bergmann noch sonst jemanden von der Büchergilde jemals wiederzutreffen. Ich musste den Lichtschalter finden und dieser Gehirnwäsche entkommen.
    Und überhaupt, diese Fragerei. Jojo und ich warfen uns dumme Sprüche zu. Das war’s. Die meisten Fragen ließen sich mit »Nee, Jojo« oder »Klar, Jojo« beantworten. So richtig diskutierten wir nie. Wenige Gespräche, wenige Probleme. In dem dunklen Keller in der C-Zone gegenüber von Baby Q war das andersherum. Viele Gespräche, viele Probleme.
    Der Schreiberling war noch nicht fertig mit mir. »Du hast von den weltweiten Lesern gesprochen. Ich hab mich

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