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Die Scanner

Die Scanner

Titel: Die Scanner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sonntag
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nickte und lächelte. »Ihr habt auch keine Wahl.«
    Jojo und ich schauten uns beide an. Die anderen tuschelten. Wir ahnten nichts Gutes. Bei den regulären, monatlichen Treffen erhielten die erfolgreichsten Buchagenten eine Prämie als Mitarbeiter des Monats. Bei den Krisensitzungen zeichnete Nomos niemanden aus. Im Gegenteil. Das schlechteste Team erhielt eine Abmahnung. Wer zweimal in Folge am meisten Pech bei der Lesersuche hatte, der flog. Jojo und ich waren überrascht, als uns Nomos an diesem Abend abmahnte.
    Wir ließen uns nichts anmerken. Wir besuchten wie nach jedem Treffen in der Zentrale die Kantine auf dem Dach des Hochhauses. Nomos speiste in der First Class. Ein Raum mit bunten Servietten auf den Tischen. Er saß neben anderen Teamleitern, Managern und Beratern. Dort nahm noch ein Kellner die Bestellungen auf.
    Wir Buchagenten standen in einer Schlange vor zwei Automaten. Aus dem gelben spritzte lauwarmes Zuckerwasser. Der braune spuckte Brotersatz mit Käse-Aroma aus. Mit den Bechern und Tellern aus Plastik stellten wir uns auf die Terrasse.
    Sie war von einer vielleicht vier Meter hohen Scheibe umgeben. Jojo und ich suchten uns einen ruhigen Platz zwischen den Plastikpflanzen.
    »Mensch, wir müssen uns die nächsten Tage echt zusammenreißen. So geht’s nicht weiter«, sagte Jojo.
    Ich nickte.
    Wir blickten auf das hinab, was wir von so weit oben erkannten. Nichts als dunkelgrüne Wolken, die sich von der C-Zone kommend über die B- und zu unserer A-Zone ausbreiteten. Ein altes Problem. Die Zonenverwaltung hatte deswegen gerade erst ein paar Gesetze verabschiedet.
    In der Stadt durften nur E-Fahrzeuge fahren. Viele beachteten aber die Vorschriften nicht. Irgendwann hatte sich das ohne Paragraphen geregelt. Es gab schlichtweg keinen Treibstoff mehr. Doch die giftigen Wolken blieben. In der C-Zone verbrannten die Leute ihren Müll, erhitzten Duschwasser damit oder beheizten Wohnungen.
    Ein paar Buchagenten saßen in einer Ecke auf Tischen. Wir gesellten uns zu ihnen. Bestimmt zogen sie sich Nador durch die Nase. Oder sie mischten es mit Tabakersatz und rauchten es. Manche schluckten Nador auch in klassischer Pillenform. Die aus der First Class schwiegen dazu. Viele nadoisierten sich vermutlich selbst.
    Alle Buchagenten schnieften, schluckten und rauchten in dieser Nador-Ecke. Bis auf eine Ausnahme. Ich. Einer musste Jojo nach so einem Abend in ein Taxi setzen und dem Fahrer die Adresse nennen. Ein Freundschaftsdienst. Und ich hatte sowieso nichts anderes zu tun nach der Arbeit.
    Thema der Nador-Runde war die jüngste Krisensitzung. Nomos hatte zur Einstimmung lustige Filme von besonders auffälligen Lesern in den Raum projiziert. Ein paar Buchagenten spielten die Fragen von Nomos nach.
    »Kennt ihr den Typen?«
    »Habt ihr die Frau schon mal gesehen?«
    Vor allem der Zweiminüter über ein junges, lesendes Paar sorgte für Erheiterung.
    »Wow, ’ne aufregende Beziehung«, kommentierte einer.
    Jojo hatte bereits zwei Pillen geschluckt und lallte ein wenig. »Mensch, die lesen eine Lovestory als Bedienungsanleitung!«
    Alle in unserer Runde grölten. Ich verzog das Gesicht mühsam zu einem Grinsen. Wieso musste gerade Jojo sein Senfaroma dazu abgeben? Mein Kumpel, der total in eine Frau verliebt war. Die er noch nicht einmal in echt gesehen hatte.
    Auf mich hatte der Film des lesenden Paares anders gewirkt. Die beiden saßen sich gegenüber in einem belebten Café. Überall um sie herum blickten Leute in ihre Mobrils. Zuckten mit ihren Schädeln bei Mobril-Spielen. Wichen heranrasenden Gegenständen aus oder lenkten Solar-Gleiter über giftgrüne Wolken.
    Manche im Café kommunizierten über die Brille. Sie gestikulierten mit den Händen in der Luft. Ein dicker Junge saß mit den zwei verliebten Lesern am selben Tisch. Er hatte den Kopf im Nacken und den Mund weit geöffnet. Er schaute sich entweder fasziniert einen Film an oder war schlichtweg eingeschlafen.
    Die zwei Leser störte das alles nicht. Ihre Hände trafen sich in der Tischmitte. Seine Hand auf ihrer Hand. Wärme strömte. Das wusste ich ganz sicher. In meinem Bauch fühlte ich einen abrupt bremsenden Metro-Gleiter. Er beschleunigte wieder. Stoppte wieder. Machte einen Looping. Ich vermisste Fanni.
    Ob sie sich so einen Partner vorstellte? Mit Buch, ohne Mobril? Ich sah mich in allen Leuten im Café. In den Zockern. In den Glotzern. In den Quatschern. Aber nicht in dem lesenden Jungen. Ich war verliebt. Und das hoffnungslos.
    Jojo brachte

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