Die Scanner
mich mit einem Kommentar zu Fannis Büchergilden-Guru Arne Bergmann zurück auf die Terrasse.
»Und der Alte«, lallte Jojo laut.
Man hörte ihn sicher bis zu den zwei Automaten in der Kantine.
»Der hatte Haare wie die Affen in der Parkhalle. Themengebiet Dschungel«, sagte eine Buchagentin.
Nomos hatte die Filme von Arne und mir aus dem Metro-Gleiter gezeigt. Während Arne durch den Korridor auf die Toilette zuging, beobachtete mich Nomos. Gleich schrieb mir Arne dort die Einladung in die C-Zone. Aber das wusste keiner außer mir. Außer Arne und mir. Und Nomos, befürchtete ich.
Man sah Arne, wie er im Abteil mit mir sprach. Aber man hörte nur ein dunkles Brummen. Mehr konnten die Techniker der Scan AG nicht herausfiltern. Wir sahen den Film, den der C-Zonen-Bettler mit seiner kaputten Mobril aufgenommen hatte. Der Animator wechselte auf schwarz-weißes Flackern.
Nomos fragte mich während unserer Krisensitzung vor versammelter Mannschaft aus.
»Was hat dir der Terrorist anvertraut?«
»Er berichtete …«, sagte ich langgezogen, um noch ein paar Sekunden Zeit zu gewinnen.
Ich dachte an Thomas, den Schriftsteller. Stellte mir vor, ich müsste eine gute Geschichte erzählen. Und ich ließ meiner Phantasie freien Lauf.
»… also, er berichtete wie ein Verrückter von seinem Großvater, der ihm immer Bücher geschenkt hat. Der hat auch immer Pfeife ohne Info-Anzeige geraucht. Rauchen und schenken. Das war sein Leben. Und von irgendeinem Buch hat er noch gefaselt. Alles Mögliche eben.«
»Welches Buch?«, fragte Nomos nach.
Ich musste mir schnell etwas einfallen lassen.
»Der alte Mann und das Meer.«
Nach der Krisensitzung, als sich alle auf den Weg zur Kantine machten, rief mich Nomos zu sich.
»Also findest du das nicht komisch?«, fragte er.
»Was meinen Sie?«
»Der alte Mann und das Meer!«
»Was soll daran komisch sein?«
»So hieß doch das letzte Buch, das Jojo und du gescannt habt.«
Ich war sprachlos. Natürlich wusste er das.
»Vor dem Scannen habt ihr im Fischkutter gegessen«, sagte Nomos. »Fischsuppe ohne Fisch. In der Parkhalle. Schon vergessen?«
»Dieser Hemingway muss ziemlich beliebt gewesen sein«, sagte ich.
»Im Gegensatz zu deiner Mobril auf jeden Fall.«
Ich schwitzte wie noch nie.
»Ich erreiche dich kaum noch damit. Du scheinst neuerdings gerne ohne Mobril unterwegs zu sein.«
Ich dachte an die Geschichte, die ich Jojo erzählt hatte. Ich durfte nicht von ihr abweichen. Vielleicht würde Nomos als Nächstes Jojo befragen.
»Hab eine Freundin in der C-Zone, und sie will nicht mit der Mobril …«
»Davon sehe ich gar nichts auf deinem Ultranetz-Profil. Da steht Single.«
»Wir sind ganz frisch …«
»Ohne vorher zu testen? Eine Freundin? Bei dem Finanzstatus? Sehr mutig. Passt gar nicht zu dir.«
»Also, deswegen treffen wir uns auch ohne Mobril. Damit vor dem Test keiner etwas erfährt und …«
Nomos winkte ab. Er wusste offenbar alles. Ich erwartete, dass jeden Augenblick die Sicherheits-Scanner eintrafen. Stattdessen packte er meinen Arm und zog mich zu sich.
»500000 sind viel Geld«, flüsterte er. »Auch wenn man es durch zwei teilt.«
Er zeigte erst auf mich und dann auf sich.
Nador vernebelte die Luft auf der Terrasse. Der Film mit Arne und mir ließ die Kollegen nicht los.
»Mensch, Rob, wie war das mit so einem haarigen Tier im Käfig?«, fragte mich einer.
Die Runde gaffte mich an und erwartete einen markigen Spruch.
»Die einen sehen aus wie Affen. Die anderen reden wie welche«, sagte ich und war selbst über mich überrascht.
Keiner lachte. Der Typ, der mich gefragt hatte, richtete sich auf.
Jojo schwankte ein wenig, stellte sich aber tapfer zwischen uns. Er galt als Autorität. Einfach schon deswegen, weil er für den Rest der Gruppe Nador von unseren Fahrten in die C-Zone mitbrachte.
Jojo schob mich leicht wankend weg von der Gruppe. An einem Tisch am anderen Ende der Terrasse blieben wir stehen.
»Mann, Rob. Was ist los?«
Er klang so, als ob ihm eine Packung Kaugummi zwischen den Zähnen kleben würde.
Waaschischloosch?
Ich zitterte überall, war noch immer aufgeregt. Jojo setzte sich auf den Tisch, kippte leicht nach vorne.
»Das Treffen mit Melli ist ordentlich danebengegangen. Von wegen Versöhnung«, lallte Jojo.
Vonwejenverschönung.
Ich war erleichtert, dass er von seinen Problemen sprach, und versuchte, ihm glaubhaft zu erklären, wie leid mir das tat. Er schüttelte den Kopf. »Schon gut. Sie heult immer.
Weitere Kostenlose Bücher