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Die Scanner

Die Scanner

Titel: Die Scanner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sonntag
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genutzt, um dich anzusprechen. Das war nicht vorgesehen. Sie hat gegen unsere Regeln verstoßen.«
    Er machte eine Pause.
    »Irgendwie scheint sie dich zu mögen.«
    Eine erste salzige Träne bahnte sich einen Weg über meine Wange und kam bei der Oberlippe an. Ich strich sie mit der Zunge weg. Arne tat so, als hätte er sie nicht gesehen, was bei der Distanz unmöglich war.
    »Sie ist also wirklich Pflegerin in der C-Zone?«
    Arne nickte.
    »Zur Büchergilde gehören auch Leser. Die gibt es in allen Zonen.«
    Ich ärgerte mich über mich selbst. Was machte ich hier? Ich konnte das alles nicht glauben. Wollte es nicht glauben. Wollte nur noch raus. Ich drehte mich zur Tür.
    »Zweimal links, zweimal rechts, zweimal links, die Türen sind offen«, sagte Thomas.
    Er überreichte mir die Taschenlampe. Noch so ein Vater, dachte ich.
    Ohne mich umzudrehen, hörte ich Arnes Abschlusstext. »In den nächsten 48 Stunden wird sich alles weiter zuspitzen. Vor dem großen Knall werden wir uns noch einmal sehen. Denke über die Mobril nach und über Ultranetz und über all das, was dein Leben ausmacht.«
    »Wieso gerade ich?«, fragte ich und starrte auf die rostige Tür.
    Arne trat an mich heran. »Du hast bisher weder Nomos noch deinen Eltern noch deinem besten Freund Jojo von uns erzählt. Wieso wohl?«
    Ich blickte frustriert zu Boden. Vermutlich bluffte er nur, er konnte das alles gar nicht wissen.
    »Und ich hab das Wort deiner alten Lehrmeisterin«, sagte Arne.
    Ich knallte die Tür hinter mir zu und rannte den Gang entlang. Zweimal links, zweimal rechts, zweimal links. Alle Türen standen offen. Vor mir drang Licht aus einem Loch am Boden, ich kletterte die Leiter nach unten.
    Die Toilettenkabine hatte rosa Wände. Das war nicht die Toilette von vorhin. Thomas hatte mich reingelegt. Oder hatte ich mich verlaufen? Die Tür der Kabine war von innen abgeschlossen. Jemand zog die Leiter nach oben, und mit einem Grollen schob sich die Decke über mir zu. Gleichzeitig glitt die Tür der Kabine zur Seite.
    Ich rannte an roten Waschbecken und einem Spiegel vorbei, einen Flur entlang. Ich fand mich in einem verwinkelten Restaurant mit viel dunklem Holz und echten Kerzen wieder. Ich stand irgendwo in einem dieser höhlenartigen Räume, tief in der grauen Mauer.
    Vielleicht war ich auf der Rikscha sogar hier vorbeigefahren. Ich suchte den Ausgang. Stolperte weiter. Blieb erst stehen, als eine Stimme, die ich kannte, meinen Namen rief.
    Fanni saß in einer Ecke an einem kleinen, runden Tisch und winkte mir zu. Sie wischte mir die Tränen mit ihrer Hand aus dem Gesicht. Schade, dass es nicht mehr waren. Ihre Hand hatte sich gut angefühlt.
    Sie machte sich lustig über mein Hemd. »Wieder Fischsuppe ohne Fisch?«
    Der Stoff war noch immer feucht. Die Kreide vom Seniorenlager Ost-Hafen hatte am Ärmel graue Flecken hinterlassen.
    Ich wollte mit Fanni über die Büchergilde sprechen. Über Arne. Über ihre Rolle in dieser Organisation. Über einen Weg, sie und die Professorin da rauszuholen. Über uns.
    »Hab dich im Metro-Gleiter angelogen, aber nur einmal«, sagte Fanni.
    Ich hätte ihr an diesem runden Tisch alles verziehen.
    »Eine Notlüge«, sagte sie.
    Nur eines hätte ich nicht verziehen.
    »Du hast einen Freund?«, fragte ich.
    Sie schaute mich verwundert an. Ein ganzes Quartier versank im Chaos. Büchergilde-Terroristen kämpften gegen Ultranetz und Zonenverwaltung. Und ich dachte nur an so etwas.
    Ich wäre gerne wieder in einem dunklen Büchergilde-Keller in einem weichen Sessel versunken. An der väterlichen Hand von Thomas, dem Schriftsteller. Der mir dort erklären würde, wie ich Fanni endlich sagen konnte, wie sehr ich mich in sie verknallt hatte. Trotz allem.
    »Was war die Notlüge?«, fragte ich.
    »Die Sache mit dem Animator.«
    »Welche Sache?«
    »Ich hatte noch nie einen«, sagte sie.
    Ein paar Sekunden vergingen, und ich lachte. Ich hatte mit dem Schlimmsten gerechnet, und nun so etwas. Mein Lachen war ansteckend. Wir lachten zusammen. Irgendwann nahm sie meine Hand und legte sie auf ihre.
    »Dafür hatte ich einmal eine kleine Bibliothek«, sagte sie.
    Sie konnte mir erzählen, was sie wollte. Ich fühlte ihre Hand, Wärme strömte, und ich war der glücklichste Mensch überhaupt.
    »Hab von meinem Großvater immer Nachschub bekommen. Auch als die letzten Buchgeschäfte der Stadt schließen mussten. Und auch als über Ultranetz keiner mehr etwas bestellen wollte …«
    Ich verstand nicht, wieso sie altes

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