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Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche

Titel: Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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drei Tagen sehr gut heraus. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und holte das Kinderbettchen zu uns, in das Zimmer, das ich mit Kalganow bewohnte.
    Mir gefiel es, wie Aminat ihre Hände zu winzigen Fäusten ballte und sich damit die Augen rieb, wenn sie müde war.
    Ich schickte Kalganow morgens zur Milchküche, Babynahrungholen, denn einer musste ja dafür sorgen, dass das Kind genug zu essen bekam. Es trank alle Flaschen innerhalb kürzester Zeit leer, viel schneller als andere Kinder. Mein Mann versuchte zu meutern, die Schlangen unrasierter Jungväter vor der Milchküche machten ihn nervös, doch ich schickte ihn jeden Morgen unerbittlich los, schließlich ging es um sein eigenes Fleisch und Blut. Kalganow sagte, er würde seine Enkelin nicht besser und nicht schlechter behandeln als andere Kinder auch, schließlich seien alle Menschen gleich, und ich nannte ihn einen Faschisten.
    Nach einigen Monaten ging Sulfia wieder auf ihre Schwesternschule, und ich meldete die kleine Aminat in einer Kinderkrippe an. Wir mussten ja schließlich alle irgendwie weiterleben. Aminat weinte bitterlich. Ich löste jeden Morgen ihre Finger einzeln von meinem Kleid und ging.
    Meine Enkelin Aminat hatte Glück. Sie hatte nichts vom Phlegma und von der Hässlichkeit ihrer Mutter geerbt. Sie hatte meine mandelförmigen tiefschwarzen Augen, sanft gewellte schwarze Locken, eine zarte Nase und einen sehr klugen Gesichtsausdruck. Man sieht einem Menschen praktisch von Geburt an, ob er klug ist oder nicht. Bei Sulfia hatte ich es ja auch gleich gesehen und mich nicht geirrt. Möglicherweise lag es daran, dass Sulfia von meinem Mann im Bett gezeugt worden ist und Aminat von einem Fremden im Traum.
    Aminat war trotzdem ein problematisches Kind. Sie wollte nicht in der Krippe bleiben. Sie begann zu schreien, sobald ich sie hingebracht und ihr auf die Finger geschlagen hatte, mit denen sie sich an mir festkrallte. Ich konnte ja nicht ständig zu spät zur Arbeit kommen.
    Wenn ich sie am Abend abholte, hörte ich von der Straße aus ihr zorniges Geschrei. Ich schämte mich. Es gefiel mir nicht, dass meine Enkelin den Ablauf im Kindergarten so störte. Ich fühlte mich sogar dazu veranlasst, den Erzieherinnen zu erklären, dass tatarische Kinder normalerweise sehr gut erzogen waren. Meist besser als russische, aber das sagte ich natürlich nicht, ich wollte nicht hochmütig klingen.
    Aminat sperrte sich gegen die Erziehung. Ich ertappte mich schon dabei, dass ich sie gegenüber den Kindergärtnerinnen sogar selbst manchmal Anja nannte, weil ich mich für sie schämte. Sie war so schwierig, dass ich es den Fachkräften nicht auch noch mit einem arabischen Namen zusätzlich schwer machen wollte. So weit ging meine Rücksicht.
    Meine Tochter Sulfia vergaß unterdessen, dass sie eine Tochter geboren hatte. Sie beendete ihre Berufsschule und begann ihre Arbeit an einer chirurgischen Klinik. Allerdings hatte sie ihre Prüfungen nicht geschafft, also durfte sie nicht als Krankenschwester arbeiten, sondern nur als Sanitätspflegerin. Sie machte die Drecksarbeit und nichts von Bedeutung. Ich fand, dass das für alle besser war.
    Ich war zufrieden, dass meine Tochter trotz ihrer ungünstigen Eigenschaften ein sinnvolles Mitglied der Gesellschaft geworden war und sogar eine eigene Tochter geboren hatte, eine überraschend fabelhafte dazu. Sulfia war aus dem Gröbsten raus und ließ mir Zeit für die Erziehung meiner Enkelin, eine wichtige Aufgabe für eine Frau wie mich und, wie bereits angedeutet, nicht ganz einfach bei einem Kind wie Aminat.
    Ganz langsam hörte ich auf, auf Sulfia zu achten. Esfiel mir nicht mehr auf, wann sie nach Hause kam und was sie dann tat. Deswegen traf es mich unvorbereitet, als ich eines Tages mein Zimmer betrat und auf der Fensterbank einen Zettel fand: »Liebe Mama, lieber Papa, ich ziehe aus und nehme Anna mit. Lasst mich einfach in Frieden. Küsse, eure Sonja.« Daneben den Schlüssel von ihrem Zimmer.
    Mein Herz klopfte laut gegen meine Rippen, als ich den Kleiderschrank, den wir gemeinsam nutzten, aufriss und ihn halb leer vorfand. Sulfias ordentlich aufgereihte Kleider und Röcke waren weg, ihre Unterhosen waren weg, ihre Strumpfhosen waren weg, und was viel schlimmer war: Aminats Strampler, Socken und Pullover, Gummitiere und Fläschchen, Stoffwindeln und ihre Lieblingstasse mit dem gelben Hasen waren ebenfalls weg.

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